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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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tausend Jahre? Nichts. Immer hat er sich wieder erholt, und er wird sich auch hiervon erholen. Denn wir Jäger wissen, dass wir, wenn es nötig wäre, uns das Waldgebiet von den Neuankömmlingen zurückholen könnten. Ich allein habe diese ersten hellhaarigen Menschen zur Strecke
gebracht, und die anderen könnten wir auch töten. Wir haben Übung darin.
    Es hat uns zwar sehr angestrengt, ihre Angst und ihren Schmerz mitzuerleben, doch waren wir dazu in der Lage, wenn wir mussten. Wenn wir dazu aufgefordert wurden. Wenn der Wald erwachte.

Leof
    Nun, da Thistle sich unter ihm ruhig bewegte und scheinbar keinen Schaden davongetragen hatte, fühlte sich Leof sicherer. Dazu trug auch bei, dass seine Kleidung mittlerweile fast wieder trocken war. Er folgte der Richtung, die ihm der berittene Suchtrupp angegeben hatte, und stieß nach nur zehnminütigem Ritt auf die Straße nach Baluchston. Energiegeladen gesellte er sich zu den Überlebenden von Thegans Armee, die verschmutzt und verdreckt dasaßen und zum Teil einen benommenen Eindruck machten.
    Wo immer er beim Vorbeireiten Unteroffiziere entdeckte, befahl er ihnen, die Männer in Gruppen einzuteilen, sodass er bei Sonnenuntergang, als sie die Randbezirke der Stadt erreichten und den See wieder zu ihrer Linken sehen konnten, an der Spitze einer einigermaßen gut geordneten Streitmacht stand. Allerdings marschierten seine Männer langsam. Sie zeigten verräterische Anzeichen von Erschöpfung, schlurften mit den Füßen und ließen die Köpfe hängen.
    »Im Lager gibt es Feuer und Essen«, ermutigte er sie und war genauso froh wie sie, als er ihr Ziel, die Zelte und Lagerfeuer, vor sich sah.
    Er trieb Thistle zu einem leichten Galopp an und ritt voraus, um die Waffenmeister zu mobilisieren, die dafür verantwortlich sein würden, den Männern Quartiere zuzuweisen. Als er in das Lager kam, grüßten ihn mehrere Männer überschwänglich.
Es waren Kameraden aus Sendat und Cliffhold. Er erwiderte ihren Gruß mit großer Erleichterung. Nicht alle waren verschwunden. Nicht alle waren tot.
    Als er sich umschaute, stellte er sogar fest, dass der See sich erstaunlich gnädig erwiesen hatte. Hier hatten sich viel mehr Männer versammelt, als er erwartet hatte. Er selbst war fast am anderen Ende des Sees stationiert gewesen, und seine Männer trafen als bunt zusammengewürfelter Haufen und als Letzte ein. Leof ging davon aus, dass sich mindestens die Hälfte der Überlebenden noch auf der anderen Seite des Sees befand, der zur Cliff Domain gehörenden Seite. Wenn das, was er nun um sich herum sah, nur eine Hälfte verkörperte, dann waren sie doch nicht so dezimiert worden, wie Hodge befürchtet hatte. Vielleicht hatten seine Männer ja wirklich das Schlimmste abbekommen.
    Er stieg vom Pferd und reichte Thistles Zügel einem jungen Stallknecht, dem er zum Dank zunickte.
    »Wo ist mein Lord?«
    »In seinem Zelt«, sagte der Junge. Leof musste einen Moment an Broc denken, verdrängte den Gedanken jedoch wieder. Eine Schlacht forderte immer Opfer.
    Er hatte keine Mühe, Thegans Zelt zu finden. Es befand sich in der Mitte des Lagers. Es sah aus, wie es immer während eines Feldzugs aussah. Es war aus braunem Segeltuch mit goldenen Schnürbändern an den Ecken, die handwerkliches Können zur Schau stellten und Eindruck machten. Wie mein Lord Thegan, dachte Leof. An der Türöffnung zögerte er kurz, dann ging er hinein.
    Thegan saß an seinem Kartentisch, drei seiner Offiziere waren um ihn. Leof erkannte sie und war erleichtert, sie zu sehen. Sie waren älter als er und bedächtig. Bestimmt würden sie die Torheit erkennen, die darin lag, die Stadt dem Erdboden gleichmachen zu wollen.

    Als er eintrat, schaute Thegan hoch und sprang auf.
    »Leof!« Mit großen Schritten ging er um den Tisch herum und packte Leofs Oberarme. »Gesegnet seien die Götter!« Er lächelte voll aufrechter Freude, und Leof erwiderte das Lächeln, seinerseits voller Freude und Dankbarkeit. Das war der Thegan, der sich seine Treue verdient hatte.
    Seit jenem verhängnisvollen Abend, als er Horst davon abgehalten hatte, Bramble in den Rücken zu schießen, war Thegan ihm gegenüber distanziert gewesen, vor allem als er mit leeren Händen von der Suche nach ihr zurückkehrte. Er verdrängte das Schuldgefühl. Er hatte sie zwar gefunden, dann jedoch laufen gelassen. Das war eine Treulosigkeit gegenüber seinem Herrn gewesen, das ließ sich nicht verleugnen. Voller Unbehagen hatte er sich noch Wochen danach

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