Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
Vom Netzwerk:
ich. »Wäre ich gesund gewesen, hätten wir auf Wanderschaft gehen können.«
    »So ist es.«
    Wenn Zel sich einmal zu etwas entschlossen hat, kann nichts auf der Welt sie umstimmen. Vor langer, langer Zeit hat sie beschlossen, dass sie sich um mich kümmern, mich beschützen muss. Das hier war nichts anderes gewesen.
    Aber ich bin nicht mehr ihr kleiner Bruder, der ich einmal war. Ich bin jetzt schon größer als sie.
    Während ich die Straße entlangging, konnte ich nur noch daran denken, dass sich früher oder später mein und Zels Wege trennen würden.
    Und was dann?

Bramble
    Bramble nahm ein Licht wahr. Es war eine Kerze, die in einem kleinen Becken auf dem Wasser herangetrieben kam. Um sie herum herrschte Finsternis, und sie sah alles verschwommen. Sie versuchte, mit ihrem Blick die Kerze zu fokussieren, doch ihre Augen gehorchten ihr nicht. Stattdessen schaute sie auf zu dem Pferd, das ruhig vor ihr stand. Durch ihre Ausbildung bei Gorham taxierte sie es automatisch, registrierte seine Merkmale: eine kurze, kräftige Braune, ein Pony eher, aber mit schweren Knochen und einem dichten Fell, gezüchtet auf Ausdauer in einem kalten Klima. Wie von selbst glitten Brambles Hände hinauf, um den Riemen der vorn am Sattel befestigten Tasche festzuziehen, doch ihr Blick blieb dabei weiter auf den Sattel geheftet. Sie konnte diese Aufgabe bewerkstelligen, ohne darüber nachzudenken.
    Es war ein seltsamer Sattel mit einem hohen Knauf, der vorne in zwei Hörnern endete. Hinten befand sich ein dazu passendes Paar Hörner. Die Naht war groß, und er hatte einen Bauchgurt sowie ein Brustband und einen Steißriemen, der um die Hinterbacken führte. Dieser Sattel war eindeutig darauf angelegt, ein Herunterfallen des Reiters möglichst zu vermeiden. Er war gut gearbeitet und solide und übte sicher eine beruhigende Wirkung auf den Reiter aus. Doch Bramble wusste, dass es einen solchen Sattel nirgendwo in den Domänen gab.

    Nachdem sie die Satteltasche festgezurrt hatte, fiel ihr Blick auf ihre Hände. Es waren die Hände eines Mannes. Urplötzlich wurde sie sich ihrer Geschlechtsteile bewusst. Oh, bei den Göttern, das fühlte sich so … falsch an.
    Nie hatte sie es sich erlaubt, Angst zu empfinden, nun jedoch hatte sie Angst, auch wenn sie wusste, dass das, was sie sah und fühlte, das Ergebnis des Zaubers war. Sie war in jemandem - vielleicht in einem ihrer Vorfahren? Sie sah, was er sah. Als das Pony sich bewegte, klirrte das Zaumzeug ein wenig. Ich höre, was er hört, dachte sie. Auch riechen konnte sie, nahm den vertrauten Geruch eines Stalls wahr und darunter noch einen anderen Geruch. Eine Talgkerze vielleicht, hergestellt aus einem ihr unbekannten Tier.
    Es waren nicht nur Sehvermögen, Geruchssinn und Gehör, sondern auch alles andere. Bramble spürte, dass »ihr« Herz schnell schlug. Der Mann war erregt oder besorgt oder glücklich. Was es war, wusste sie nicht, konnte es auch nicht erraten. Konnte, den Göttern sei Dank, seine Gedanken nicht hören. Sie konnte einzig und allein beobachten.
    Sie bemühte sich mit aller Macht, ihn dazu zu bewegen, seinen Blick auf den Boden zu richten. Doch sosehr sie sich auch anstrengte, ihr Wille hatte keine Auswirkung.
    Sie spürte die Gegenwart der Götter wie eine Umarmung, die plötzlich zu eng geworden war. Warnten sie sie davor, eine Veränderung vorzunehmen? Mahnten sie sie dazu, alles so zu belassen, wie es war? Sie gab den Versuch auf, den Mann zu kontrollieren, und sofort nahm der Druck ab.
    Stattdessen spürte sie, wie sich die Aufmerksamkeit der Götter auf die Tür richtete, die nun aufging und durch die eine Frau hereintrat. Diese war verhüllt und trug ein Baby in einem Tuch an ihrer Brust. Bramble konnte ihr Gesicht nicht sehen, weil es von der Kapuze, die sie aus dem Umschlagtuch geformt hatte, verdeckt wurde.

    Die Frau trat in den kleinen Lichtkreis, ging um das Pferd herum und legte ihm dabei beiläufig eine Hand auf die Kruppe. Das Pferd stellte daraufhin die Ohren auf und schnaubte freundlich. Die Frau ging zu dem Mann.
    »Gris«, sagte sie und schob ihr Tuch zurück. Sie war blutjung und auf jene korngoldene Art von Actons Leuten wunderschön, hatte Augen wie ein Sommerhimmel und Wangen so blass wie Milch. Solche Mädchen hatten Bramble immer missfallen - allzu häufig waren sie dumm und flatterhaft, zu sehr eingenommen von ihrem guten Aussehen, als dass sie jemand anderen wahrnehmen konnten. Dieses Mädchen aber starrte den Mann äußerst konzentriert

Weitere Kostenlose Bücher