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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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war es schwer, ihnen zu trauen, wo doch die Wellen bestrebt zu sein schienen, sie zu ertränken, sie in die Finsternis zu reißen.

    Als sie eine Gänsehaut bekam, wachte sie auf. Ihr war kalt. Obwohl sie dick angezogen war, wie sie merkte, war ihr dennoch kalt. Sie wollte zittern, aber ihr Körper war nicht dazu in der Lage. Nur langsam stellte sich ihr Sehvermögen ein. Sie befand sich in einer großen Halle, in deren Mitte, in einer kreisförmigen Feuerstelle, ein Feuer brannte. Einen Kamin gab es nicht. Der Rauch des Feuers stieg hinauf zu einem Loch im Dach. Die verschlossenen Fenster ließen keinen Lichtstrahl hindurch. Entweder waren sie wegen der Kälte geschlossen worden oder es war Nacht.
    Bramble hatte Mühe, dies alles zu registrieren, als sehe der Mensch, dessen Körper sie nun wahrnahm, nur verschwommen. Der Körper fühlte sich irgendwie unwohl und träge an. Wenigstens war es der einer Frau. Sie saß an einem Tisch auf einer Bank ohne Lehne oder einem Schemel.
    Das Feuer war so klein, dass es nicht mehr als einen winzigen Bereich dicht um sich herum erwärmte. Doch die Menschen in der Halle schienen dies nicht zu beachten. Etwa zwanzig Männer saßen an langen Tischen und aßen aus Schüsseln. Sie trugen Vollbärte und hatten lange Haare; ihr blondes Haar war zu beiden Seiten in Zöpfen zusammengebunden oder fiel ihnen lose über den Rücken. Sie trugen Kleidung aus Leder und aus grobfädigem, mit farbigen Noppen und Knötchen durchsetztem Stoff sowie Stiefel, deren Innenseiten mit Schaffell gefüttert waren. Einige Frauen saßen bei ihnen, die meisten bedienten jedoch. Sie trugen lange, bis zum Boden reichende Gewänder. Die schränken doch bestimmt die Bewegungsfreiheit ein, dachte Bramble. Sie selbst trug wie gewohnt ihre Kniehose, während die meisten Frauen in den Domänen weite Hosen unter einem knielangen oder bis zu den Waden reichenden Hemd trugen. Das war eine gute Mischung aus Sittsamkeit und Praktikabilität. Allerdings scherte sie sich selbst kaum um Sittsamkeit.
Diese langen Kleider hier waren eine Einladung zum Hinfallen.
    Die Frauen brachten Schüsseln, Löffel und Brot auf Holztabletts aus einem anderen Raum herein. Aus der Küche, vermutete Bramble. Überall sprangen Kinder aller Altersstufen herum; die älteren saßen schon am Tisch, die jüngeren verfolgten einander wild schreiend. Bramble hatte den Eindruck, als schimmere über ihr Metall, aber die Frau, deren Körper sie bewohnte, war mit diesem Raum zu vertraut, als dass sie nach oben geschaut hätte.
    Dann trat eine Frau mit goldenem Haar, das sie zu zwei dicken Zöpfen gebunden hatte, in den Saal. Sie trug eine Schüssel, die sie vor der Frau abstellte. Es war Suppe, und sie roch gut, nach Lamm und Gerste.
    »Hier bitte, Ragni«, sagte sie.
    »Danke, Mädchen«, erwiderte Ragni. Aus den Augenwinkeln heraus konnte Bramble einen flüchtigen Blick auf die Frau mit dem goldenen Haar erhaschen. Ja, es war Asa. Sie sah nun wesentlich glücklicher aus. Ein kleines Kind mit dem gleichen golden leuchtenden Haar kam auf sie zugerannt und umklammerte ihre Beine. Ragni schaute den Kleinen an, und ein Lächeln zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab.
    »Mögen die Götter ihn segnen, er wird immer größer!«, sagte sie. Ihre Stimme bebte, und als sie die Hand ausstreckte, um die Wange des Kindes zu berühren, war diese faltig und vom Alter gefleckt. Erneut wurde sich Bramble bewusst, wie schwach sie sich fühlte. Ich sollte mir merken, wie sich das anfühlt, dachte sie. Ich hätte geduldiger mit Swith und seinen Kumpanen sein sollen, als diese über das Älterwerden klagten.
    »Er wird immer frecher!«, sagte Asa, lächelte dabei jedoch und nahm den kleinen Jungen in ihre Arme.
    »Essen!«, forderte er. »Mehr!«

    »Du hast dein Abendessen gehabt, Acton, und mehr gibt es erst, wenn die Männer ihr Mahl beendet haben«, sagte Asa bestimmt.
    »Acton Mann!«
    Ragni, Asa und ein paar der Männer, die in der Nähe saßen, lachten.
    »Jawohl«, sagte einer von ihnen, »du bist jetzt schon ein kleiner Mann, nicht wahr? Hier, nimm dir etwas von unseren Tellern.«
    Acton lächelte den Mann an, den einzigen Rothaarigen im Raum. Er hielt ein anderes Kleinkind auf den Knien - es war blasser als Acton - und fütterte es mit Suppe aus seiner Schüssel.
    Asa stellte Acton auf die Bank, und der kleine Junge auf dem Schoß des Mannes rutschte glückselig herunter, um sich neben ihn zu setzen. Acton schnappte sich das Stück Brot, das der junge Mann in seiner

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