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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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sie es beim Schilfbett versucht hatten. Der See mag kein Feuer, dachte er. Er würde nicht erfreut sein über das, was sie hier taten. Am helllichten Tag würden die Pfeile nicht einmal besonders eindrucksvoll wirken.
Diese Vorstellung brachte ihn auf ein Argument, das er im Gespräch mit Thegan vorbringen konnte.
    »Es ist eigentlich eine Schande, diese Brandpfeile bei Tageslicht abzufeuern, mein Lord«, sagte Leof. »Nachts sind sie wesentlich furchteinflößender. Manchmal benötigt man lediglich einen oder zwei, bis der Gegner sich ergibt.«
    »Also werden sie kämpfen?« Thegan trat mit einem seiner braunen Stiefel auf ein Ölfass und schaute Leof scharf an. Die Frühlingssonne akzentuierte die Falten auf seinem Gesicht, doch es schmeichelte ihm; er sah trotzdem hitzig aus, hitzig und bereit zu handeln, bereit für die Schlacht.
    »Die Sprecherin ist fort, um sich ›mit dem See zu beraten‹«, sagte Leof missbilligend, als sei »Beratung mit dem See« eine beschönigende Umschreibung für etwas anderes, Politischeres. »Sie sagt, es werde bis Sonnenuntergang dauern. Ich glaube nicht, dass sie - ich meine die Sprecherin - ihre Leute dem Tod überantworten wird. Eher wird sie sich ergeben.«
    »Also wird sie sich ergeben, sobald wir uns der Stadt nähern.«
    »Hmm. Wenn sie dann dort ist. Sie sagt, die Beratungen müssten in tiefem Wasser stattfinden. Sie - und vielleicht auch andere noch, mein Lord? - wären den ganzen Tag draußen auf dem Wasser. Falls wir angreifen, wenn sie nicht in der Stadt ist …«
    »Dann wird ihr der Anblick erspart bleiben, wie ihre Stadt den Flammen übergeben wird«, sagte Thegan brüsk. »Befiehl den Männern, sich für Mittag bereitzuhalten. Befiehl ihnen, früh zu essen und zu trinken und nur Leichtes zu sich zu nehmen. Wir wollen nicht, dass sie mit vollem Magen und müde in den Kampf ziehen.«
    Leof verbeugte sich. »Mein Lord.«
    Er kannte Thegan gut genug, um zu akzeptieren, dass jeder
Versuch, ihn umzustimmen, sinnlos war. Das Einzige, was die Plünderung der Stadt jetzt noch verhindern konnte, war Thegans Tod. Vielleicht würde der See diesen herbeiführen. Ein Teil von ihm war über diese Vorstellung entsetzt, während ein anderer Teil in ihm - jener Teil, der von Thegan gut ausgebildet worden war - wusste, dass es schlichtweg so war. Obwohl ihn die Vorstellung zusammenzucken ließ, wie Thegans Männer über die Stadtbewohner herfielen, aus Wut darüber, dass so viele ihrer Kameraden durch den See umgekommen waren, und im Glauben, Thegans Behauptungen in Bezug auf den Zauberer von Baluchston entsprächen der Wahrheit, war er doch Thegans Mann und würde dessen Befehlen Folge leisten. Was hätte er auch sonst tun sollen? Sich dem Willen des Kriegsherrn widersetzen, eine Art Widerspruchsrecht einfordern, ein Recht, auf dem noch nie jemand bestanden hatte? Auch wenn er einfach desertierte und seine Position aufgab, würde das nichts ändern. Die Stadt würde dennoch fallen. Vielleicht konnte er es schaffen, die Männer, die unter seinem Befehl standen, einigermaßen unter Kontrolle zu behalten. Wenn die Stadt erst einmal in Flammen stand, konnte er dafür sorgen, dass die Vergewaltigungen und Plünderungen sich auf ein Minimum beschränkten. Ob Acton je in einer solchen Situation wie dieser gewesen war? Aber Acton hatte ja gelacht, während er tötete, ein Umstand, den Leof nie hatte nachvollziehen können.
    Er rief die Sergeants zusammen und teilte ihnen Thegans Befehle mit. Wohl wissend, dass Thegan ihn schon den ganzen Tag scharf beobachtete und weiter auf die Probe stellen würde, rief er dann Hodge noch einmal zu sich.

    »Halte die Listen mit den Namen der Toten für mich bereit. Mein Lord benötigt sie noch vor Mittag.«

    »Jawohl, mein Lord«, sagte Hodge. Er zögerte. »Die alte Dame … das war die Sprecherin?«
    Leof nickte. »Sie ist gegangen, um sich mit dem See zu beraten. Aber mein Lord Thegan will, dass sich die Stadt bis Mittag ergeben hat, und wenn sie das nicht tun …« Leof zuckte die Achseln.
    Hodge zupfte nachdenklich an seiner Lippe. »Jemand hätte ihr wohl sagen sollen, dass mein Lord es nicht mag, wenn man ihn warten lässt.«
    Leof kicherte humorlos. »Vielleicht hat das ja jemand getan, Sergeant. Und vielleicht hat sie es ignoriert.«
    Hodge spuckte in den Staub. »Umso närrischer von ihr«, sagte er geringschätzig und machte sich daran, Leofs Anweisungen auszuführen.
    Die Sonne stieg höher. Hodge brachte die Liste der Toten; sie war sehr

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