Die Hueterin der Geheimnisse
Bramble sei sicher, und darauf müssen wir vertrauen. Die Götter lenken sie, daran besteht kein Zweifel.«
Wie es so häufig bei Safred der Fall war, hatte Martine das Gefühl, dass hinter dem, was sie sagte, mehr steckte und dass sie ihr deutlich machen wollte, sie, Martine, habe Anleitung nötig. Sie rief sich Brambles Einstellung zu Safred in Erinnerung, nämlich trotzig zu sein und herausfordernd, und lächelte. Vielleicht benötigte sie mehr von Brambles Trotz,
um sich zu schützen. Vielleicht sollte sie ihrer eigenen Verärgerung vertrauen und sich von dieser leiten lassen.
»Es ist der Wald, der Cael Schmerzen zufügt«, sagte sie barsch.
Safred wurde blass. »Heute Morgen ging es ihm besser.«
»Wenn er aus dem Wald zurückkommt, wird es ihm schlechter gehen«, prophezeite Martine. »Du solltest ihn von den Bäumen fernhalten.«
Sie hatte Recht. Als Cael und Zel zurückkehrten, stützte er sich auf ihren Arm, schwankend und blass. Safred bot ihm an, ihn zu heilen, er winkte jedoch ab.
»Ich werde schon durchhalten, bis wir hier weg sind«, sagte er. »Dann kannst du es noch einmal versuchen.«
»Bleib aus dem Wald heraus«, sagte Martine. »Er bringt dir nichts Gutes.«
Er nickte düster und lächelte dann, als könne er sich dies nicht verkneifen. »Gefangen zwischen Hammer und Amboss«, sagte er und wies erst auf die Bäume und dann auf den See. »Wenn der eine mich nicht kriegt, bekommt mich der andere. Aber wir haben ein Stück zurück einen Wasserlauf gefunden, an dem wir die Pferde tränken und unsere Schläuche füllen können.«
»Trau ihm nicht«, sagte Martine. »Vergewissert euch jedes Mal, dass es nicht so riecht wie das Wasser in dem anderen Wasserlauf.«
Zel nickte. »Eher schmilzt die Hölle, bevor ich hier irgendeinem Wasser traue«, sagte sie. Sie schaute zu Bramble hinüber. »Wie geht es ihr?«
»Sie kämpft gegen irgendwas«, sagte Martine. Das tat Bramble wirklich, denn sie sah aus, als trüge sie eine Art inneren Kampf aus; ihr Gesicht war angespannt, und ihre Arme zuckten wie bei einem Schlafenden, der einen Albtraum hat.
»Dann beschütze sie, wenn du das Gefühl hast, du müsstest das tun. Vielleicht ist sie froh darüber«, sagte Safred.
Martine setzte sich neben Bramble auf den Boden. Sie bezweifelte, dass die Bedrohung für Bramble von außen kommen würde. Dennoch löste sie das Messer in ihrem Gürtel und auch das in ihrem Stiefel, setzte sich mit dem Rücken zu Bramble und dem See und ließ ihren Blick über den Waldrand schweifen. Obwohl sie sich bemühte, ihre ganze Aufmerksamkeit auf das zu richten, was sie sah, registrierte sie, dass Bramble hinter ihr leicht zuckte; ihre ganze Muskulatur war angespannt, so als wolle sie davonlaufen, weit weg von hier. Auch Martine wäre gern davongelaufen. Ihr Körper war von dem Ritual nach wie vor angespannt, und sie fühlte sich unsicher und nervös.
Außerdem wollte sie nicht darüber nachdenken, welche Art Schicksal es war, das von ihr forderte, in der Last Domain zu bleiben, statt mit Ash auf Wanderschaft zu sein. Sie hatte viele Menschen gesehen, die ihrem Schicksal begegneten, und zumeist war dies äußerst unangenehm, oft tödlich ausgegangen. Nun, wenn es so sein würde, dann könnte sie es nicht ändern. Elva war in Sicherheit, und das war alles, was zählte. Elva und das Baby.
Leof
Er hatte seinem Ärger während der Unterhaltung mit der Sprecherin freien Lauf gelassen. Nun war die Stadt dem Untergang geweiht. Er hätte die Beleidigung hinunterschlucken und die Frau ausreden lassen sollen. Er hätte sie dazu überreden sollen, sich erst zu ergeben und dann den See zu befragen, um Zeit zu schinden.
Leof ritt schlecht gelaunt zum Lager zurück, wütend auf sich selbst und auf Vi, auf Thegan und sogar auf den See. Er ignorierte die Blicke, die Hodge und die Männer hinter seinem Rücken wechselten. Was sollte dieser Angriff bezwecken? Gegen die Männer des Eiskönigs zu kämpfen, als diese die Domänen angegriffen hatten, das war notwendig gewesen. Was sie hier machten, war bloß Politik.
Thegan beaufsichtigte die Herstellung von Brandpfeilen und vergewisserte sich, dass die Männer nicht allzu viel Leinen um die Pfeilspitzen banden, weil die Pfeile sonst nach dem Abschuss von ihrem Ziel abkommen konnten. Leof kannte die Vorgehensweise. Die Pfeile wurden in Öl getränkt und dann, kurz bevor sie in die Luft geschossen wurden, entzündet, um als vernichtender Feuerregen auf Baluchston niederzugehen, genauso, wie
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