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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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neben dem Wasser sitzend, benetzte sie ihre Finger darin und schaute auf. Eine Weile war dies alles, was sie wahrnahm, das Geräusch und das Gefühl. Dann klarte ihr Sehvermögen auf, und sie stellte fest, dass sie zu Acton aufschaute. Nicht sie natürlich. Baluch. Dieses Mal erkannte sie ihn sofort wieder, sein Wesen war ihr inzwischen vertraut, die leise Flötenmusik unter seinen Gedanken, die im Einklang mit dem Geräusch des Wassers war. Sogar das Gefühl seines Körpers war ihr vertraut.
    Acton stand auf einer kleinen Klippe, wo eine Quelle zwischen den Felsen hervorquoll und an Baluch vorbeirann. Der Kontrast zu dem letzten Mal, als sie auf dem Berghang gewesen waren, war immens. Nun war es Sommer, warm und wohl riechend, der Himmel blau, und die morgendliche Sonne stand hoch. Das Gras, auf dem Baluch saß, war federweich und hellgrün. Fast zu grün. Bramble roch Blumen - Maiglöckchen, dachte sie, konnte jedoch keine sehen, weil Baluch Acton anstarrte.
    »Kannst du es uns jetzt sagen?«, fragte er. In seiner Stimme lagen gleichermaßen Belustigung und Verärgerung. Er warf einen Blick nach links, wo der stämmige Junge - Sebbi, erinnerte sich Bramble - saß. Sie wechselten verärgerte Blicke.
    Acton grinste die beiden an. Er war ein wenig gewachsen, war nun vielleicht ein halbes Jahr älter, vierzehn oder fünfzehn, aber bereits so groß wie viele der Männer. Sie erkannte auch, dass er seine volle Größe noch nicht erreicht hatte.
    »Also gut. Wir gehen …« - er legte eine Pause ein, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, wirkte zugleich jedoch auch ein wenig zögerlich - »… zum Eiskönig.«
    » Was ? Bist du wahnsinnig?« Baluch sprang auf. Sebbi tat es ihm nach.
    Acton grinste nun noch breiter. Dann wurde er ernst. »Erinnert
ihr euch an den Mann, der gestorben ist? Er sagte, der Eiskönig habe sie geschickt.«
    »Natürlich erinnere ich mich, aber …«, sagte Sebbi.
    »Wir wissen nicht genug! Wir wissen nicht, ob sie aus freien Stücken kommen, was er will, warum er uns angreift - wir müssen einfach mehr herausfinden.«
    Baluch betrachtete Acton. Bramble merkte, dass er ihn einschätzte, seine Worte abwog.
    »Das hier hat also nichts damit zu tun, dass Harald es abgelehnt hat, dich auf die Handelsreise mitzunehmen?«
    Acton machte ein grimmiges Gesicht. Dieses eine Mal wirkte er wie ein typischer Junge. »Ich bin schon größer als die meisten Männer!«, beklagte er sich.
    »Ja, ja, das wissen wir alle«, sagte Sebbi mit spöttischer Stimme. »Du bist größer und stärker und auch ein besserer Kämpfer.«
    »Nun, bin ich das etwa nicht?«, forderte ihn Acton heraus.
    Sebbi machte eine Pause, und Baluch hielt den Atem an. Bramble erkannte, dass zwischen Acton und Sebbi Spannungen bestanden, die es Baluch unbehaglich werden ließen. Doch die beiden waren nicht angespannt, sondern lediglich konzentriert. »Im Übungshof, ja«, sagte Sebbi. »Du bist gut. Aber in einer Schlacht bedarf es mehr als nur Talent. Du hast noch nie getötet.«
    »Habe ich wohl. Ich habe meine Speere geworfen. Sie haben getroffen.«
    Sebbi zuckte mit den Schultern und erwiderte: »Die Pferde hast du getroffen. Die Männer … ein paar wurden beim Sturz getötet, gerieten unter die Hufe ihrer Reittiere. Ein paar erwischte die zweite Welle Speere. Aber wer wen getötet hat …« Sein Ton war herausfordernd.
    Acton lächelte. Er nahm die Herausforderung nicht an. »Das wissen nur die Götter.«

    Sebbi lachte bitter. »Du bist nicht der Einzige, der zu kurz kommt. Mich haben sie nicht mitgenommen, weil es dir gegenüber nicht gerecht gewesen wäre. Obwohl ich ein Jahr älter bin. Obwohl mein Speer ganz offensichtlich einen von ihnen getötet hat.«
    »Das stimmt. Das war ein guter Wurf«, sagte Baluch leise.
    Acton nickte, und nun verschwand die Anspannung aus Sebbis Gesicht. Baluch setzte sich wieder hin und zupfte am Gras. Dabei mied er Actons Blick. Acton setzte sich neben ihn, wobei ihm die Hände zwischen den erhobenen Knien herabhingen.
    »Wir sind bereit, Bal. Das weißt du.«
    »Du bist Haralds einziger Nachfolger. Er will dich nicht aufs Spiel setzen, wenn alles so unklar ist.«
    »Ich will zur See fahren!«, sagte Acton mit blankem Verlangen in der Stimme. »Das wollte ich immer schon.«
    »Vielleicht findet gar keine Schlacht statt. Es ist ja bloß eine Handelsreise.«
    Acton lachte. »O ja, bloß Handel. Wie oft sind sie vom Handel zurückgekehrt, ohne gekämpft zu haben? Einmal vielleicht zu unseren Lebzeiten?

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