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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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Auf der Drachenstraße gibt es genauso Räuber wie an Land. Außerdem ist es das Meer selbst, das mich anzieht, nicht bloß das Kämpfen.«
    »Die Drachenstraße allein ist schon so gefährlich wie eine Schlacht«, bemerkte Sebbi.
    »Genau!«, sagte Acton mit leuchtenden Augen.
    »Wenn also Harald nicht will, dass du dort dein Leben riskierst, dann tust du es hier?« Baluch klang ernüchtert.
    Acton schaute ihn von der Seite an und lächelte. Sein Blick war verschlagen. »Wir müssen wirklich mehr erfahren, Bal. Ich habe nicht vor zu kämpfen. Ich will bloß ein bisschen auskundschaften. Sehen, was wir über dieses Land und Volk des Eiskönigs herausfinden können. Wir haben mit ihnen
seit Generationen gehandelt, und jetzt plötzlich haben sie keine Waren mehr, mit denen sie Handel treiben können, und greifen uns an. Dieser Eiskönig treibt sie dazu, aber warum, wissen wir nicht. Wenn wir mehr wüssten, könnten wir vielleicht eine Waffenruhe aushandeln. Doch im Moment sind wir schneeblind.«
    »Warum jetzt, da die Männer weg sind? Warum nicht hierbleiben und helfen, das Gehöft zu verteidigen?«
    »Das ist wichtiger.« Actons Miene war störrisch, doch verbarg sich darunter noch etwas anderes. »Die Stammesführer werden auf der Herbstversammlung zusammentreffen.«
    »Das also hast du vor! Du willst vor allen aufstehen und prahlen …«, warf Sebbi ihm vor.
    »Nicht prahlen!«, protestierte Acton. »Bericht erstatten. Allen gegenüber, nicht bloß Harald. Uns allen.« Er mied Baluchs Blick. »Entscheidungen müssen von allen Stammesführern getroffen werden, nicht nur von meinem Großvater.«
    »Was hält denn deine Mutter davon?«
    »Nun, sie meinte, sie würde unsere Rucksäcke hinter diesen Felsen legen …«, sagte Acton, stand auf und zog, während er weiterredete, drei Rucksäcke hervor. Er hob sie hoch, die Augen leuchtend vor Verschlagenheit und Erregung. »Also hält sie es vermutlich für eine gute Idee!«
    »Hmm«, brummte Baluch und nahm seinen Rucksack in Empfang.
    »Sebbis Mutter hat mitgeholfen. Und wenn deine Mutter etwas dagegen hätte«, klärte Acton Baluch auf, »dann hätte sie es den Göttern gesagt, und die hätten es dir gesagt. Aber das haben sie nicht, oder?« In seiner Stimme schwang ein Anflug echter Besorgnis mit.
    Baluch schüttelte den Kopf.
    »Nein. Sie haben mir überhaupt nichts gesagt«, sagte er widerstrebend.
Bramble spürte, dass die Götter zuhörten und zuschauten, doch sie übten weder auf sie noch auf Baluch Druck aus. Für einen kurzen Moment war es so, als finge sie einen von Baluchs Gedanken auf, eine Erinnerung an seine Mutter, tot im Kindbett mit ihm. Langer Kummer hatte die Erinnerung wachgehalten. Bramble entzog sich ihr, da sie seine Seele nicht noch mehr kennen lernen wollte, als sie es ohnehin schon tat.
    Acton juchzte überschwänglich auf und hörte sich dabei wesentlich jünger an, als er war. »Also brechen wir auf!«
    Die anderen Jungen lächelten unwillkürlich vor Aufregung. »Was wir machen, ist kein Abenteuer«, mahnte Baluch. »Wenn wir erwischt werden …«
    »Nein«, stimmte ihm Acton sofort zu. »Wir dürfen uns nicht erwischen lassen.« Sein Gesicht wurde entschlossen und wirkte nun viel älter. »Die Stammesführer müssen mehr erfahren.«
    »Welchen Weg nehmen wir?«, fragte Sebbi und schulterte seinen Rucksack.
    Acton warf Baluch einen verschlagenen Blick zu. »Ich hatte gehofft, die Götter würden uns leiten.«
    »Deshalb also hast du mich mitgenommen!«
    Acton schlug ihm auf die Schulter. »Ohne dich würde ich nicht losziehen, das weißt du!« Sie lächelten einander an. »Aber es wäre schon hilfreich, wenn die Götter …«
    Baluch schüttelte den Kopf. Bramble spürte weder in seinem noch in ihrem Kopf einen Druck seitens der Götter. »Wir werden uns selbst einen Weg suchen müssen.« Beinahe entschuldigend fügte er hinzu: »Oft reden sie nämlich nicht.«
    »Hmm. Nun, ich habe eine Karte mitgenommen, nur für den Fall, dass du nichts zu hören bekommst.«
    Baluch warf einen kleinen Kieselstein nach ihm, und sie
lachten beide. Aus dem tröpfelnden Wasser wurde eine Flut, die Bramble von den Beinen riss und durch die Dunkelheit treiben ließ.

    Sie sang. Es war eine Art Gesang, fast eine Art Rufen, das Rufen nach jemandem. Rhythmisch verengte sich ihre Kehle und entspannte sich dann immer wieder, und Töne kamen heraus, keine Worte, sondern Laute, klar wie Glocken, und darunter lag ein klickendes Geräusch, gleichfalls rhythmisch, aber

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