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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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nicht im Einklang mit ihren Rufen. Es war musikalisch und zugleich ausgesprochen irritierend. Das Wasser sank, und ihr Sehvermögen klarte auf, und nun sah sie, nach wem sie rief. Ziegen. Ziegen, denen kleine Holzklötze um den Hals gebunden worden waren, die bei jeder Bewegung der Tiere aneinanderklickten. In Wooding, das Bramble nun mehr als tausend Jahre entfernt zu sein schien, hatten sie den Ziegen Glocken an Bändern um den Hals gebunden, zumindest dem Leithammel und ein paar anderen. Sie hätte nicht gedacht, dass die Holzklötzchen so laute Geräusche erzeugten, dass man die Herde aufspüren konnte, falls sie sich im Wald verirrte.
    Dann sah sie, dass sich die Tiere auf einem steilen, baumlosen Hang befanden, wo nur niedriges Gestrüpp und kleine Blümchen wuchsen. Das Mädchen beendete ihren Rufgesang, während die Ziegen sich um sie scharten, ihr an den Händen und den Seiten schnupperten und eine von ihnen Anstalten machte, ihre Schürze anzuknabbern. Sie lachte und schob das Tier beiseite. Bramble merkte, dass sie entspannt war. Das hier war immerhin vertrautes Terrain. Tiere, Weiblichkeit, der Geruch nach Ziegen und wildem Thymian, das helle Blau von Storchschnabel, das aus den Felsspalten hervorlugte, das alles war ihr vertraut. Ihre Mutter verwendete Storchschnabel, um einen blauen Farbstoff zu gewinnen.
Bramble fragte sich allerdings, wieso die Götter sie hierher gebracht hatten.
    Das Mädchen meckerte in Richtung der Ziegen und setzte sich auf die Wiese, während die Tiere in ihrer Nähe umherzogen, um zu grasen. Sie holte einen Apfel und Käse aus ihrer Schürzentasche und begann zu essen, während sie mit den Fingern über die blauen Storchschnabelblüten strich. Nach ihrer Hand und ihrem nackten Arm zu urteilen, war sie noch recht jung, und sie war rothaarig, denn sie hatte Sommersprossen. Bramble musste daran denken, wie Safred sich immer ihren alten Hut auf den Kopf gesetzt hatte. Dieses Mädchen nahm ihre Sommersprossen offenbar in Kauf.
    Die schwarze Zicke, die versucht hatte, ihre Schürze anzuknabbern, kam nun zu ihr, um zu sehen, ob sie etwas von dem Essen des Mädchens abzweigen konnte, doch das Mädchen lachte und schob den Kopf des vorwitzigen Tiers beiseite.
    »Es reicht nicht für mich, geschweige denn auch noch für dich, Snowdrop«, sagte sie. »Du kannst wenigstens Gras fressen.«
    Darüber wunderte sich Bramble. Es herrschte Hochsommer; es hätte zu dieser Zeit ausreichend Korn geben müssen.
    Das Mädchen pflückte eine Blume und steckte sie sich hinter das Ohr.
    »Weißt du, Snowdrop, es heißt, wenn man in der Nacht der Sommersonnenwende nackt schläft und Storchschnabel im Haar trägt, dass der Weise einem dann einen Traum mit dem zukünftigen Ehemann schickt. Meinst du, der Versuch lohnt sich?« Lachend legte sich das Mädchen zurück ins Gras und schloss die Augen. Ihre Unaufmerksamkeit ausnutzend, kam die Ziege näher und reckte den Hals, um nach dem
Käse in ihrem Tuch zu schnappen. Noch immer lachend, setzte sich das Mädchen auf.
    »Ich kann dir keine Sekunde trauen, du elendes Ding!« Sie schob Snowdrop energisch beiseite, wobei sich das Fleisch warm und tröstlich unter ihren Händen anfühlte.
    Die Sprache, die das Mädchen benutzte, klang anders als die von Baluch. Bramble konnte sie zwar verstehen, doch der Unterschied veranlasste sie, darüber nachdenken, wo sie hier eigentlich war. In diesem Augenblick sah sie über Snowdrops Rücken hinweg drei Gestalten um eine Biegung des Berges in Sicht kommen. Drei junge Männer. Acton und zwei andere. Einer von ihnen war Sebbi.
    Bramble hatte Sebbi durch Baluchs Augen gesehen; nun sah sie Baluch durch die des Mädchens. Er war sogar noch hübscher als Acton, ein flachsblonder, helläugiger Junge, der neben Acton zwar ein wenig schmächtig wirkte, aber dem eine feingliedrige Stärke ganz eigener Art innewohnte.
    Sie beobachtete sein Gesicht, während er das Mädchen ansah, und erkannte erst Zögern und dann das Vergnügen und Verlangen in seinen Augen. Aber das Mädchen sah hauptsächlich Acton an. Das registrierte auch Sebbi, und sein Mund wurde schmal. Das Mädchen merkte es nicht. Sie lächelte Acton an.
    O nein, dachte Bramble. Nicht das. Sie spürte, wie eine Hitzewelle sie durchlief, die schnelle Hitze der jungen Menschen, die alles schnell haben wollen, hier und jetzt . Das Mädchen war augenblicklich von Acton hingerissen. Er gab auch einen schönen Anblick ab, dachte Bramble widerwillig, wenn man diesen

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