Die Hueterin der Krone
sie mit Miles FitzWalter, weil auch er ihre Macht bedroht. Am Ende werden sie alle ruinieren.«
Adeliza wartete, bis das Essen und der Wein Wirkung zeigten; seine schlechte Laune hielt nie lange an. Dann setzte sie sich auf sein Knie, spielte mit seinem Haar und streichelte sein Gesicht.
»Nach allem, was du mir erzählt hast, wage ich es kaum, das Thema zur Sprache zu bringen, aber es gibt da etwas, worüber wir reden müssen.«
»So schlimm wird es schon nicht sein«, erwiderte er mit nachsichtiger Belustigung, als er sie bequemer auf seinem Schoß zurechtsetzte.
Adeliza holte tief Atem. »Matilda hat geschrieben und uns zur Geburt unseres Sohnes gratuliert. Sie möchte uns besuchen und bittet uns, sie in Arundel aufzunehmen.«
Sein Körper hatte sich locker und entspannt angefühlt, aber jetzt spürte sie, wie er erstarrte. »Hast du ihr schon geantwortet?«
Adeliza wickelte sich eine seiner Locken um den Zeigefinger. »Nein, ich wollte nichts entscheiden, ohne dich vorher zu fragen.«
»Ich bezweifle, dass sie uns nur aus verwandtschaftlicher Zuneigung einen Besuch abstatten will«, knurrte er. »Alle Häfen der Südküste sind wegen eines möglichen Angriffs von der Normandie aus in Alarmbereitschaft.«
»Aber sie wird schwerlich in einem Kettenhemd hier eintreffen.«
Will schnaubte. »Bist du sicher?«
Sie legte ihm einen Arm um den Hals. »Sie konnte nie am Grab ihres Vaters trauern. Man sollte ihr zumindest gestatten, Reading zu besuchen. Das gebietet uns die Christenpflicht.«
»Aber das ist nicht der Grund für ihre Reise nach England, und du weißt das. Halte mich doch nicht für dümmer, als ich bin.«
»Das tue ich doch gar nicht«, widersprach sie vehement. »Was schadet es denn, wenn sie nach Arundel kommt? Du bist Stephens Gefolgsmann und wirst es auch bleiben. Eine bessere Sicherheit gibt es nicht.«
Er schüttelte den Kopf. »Es wäre töricht und gefährlich, ihrer Bitte zu entsprechen. Am sichersten ist es, wenn sie auf der anderen Seite des Kanals bleibt.«
»Aber sie stünde doch unter unserer Aufsicht, und Stephen kann selbst ein Auge auf sie haben.« Adeliza warf ihm einen flehenden Blick zu. »Ich habe jetzt einen Mann und einen kleinen Sohn, und ich möchte ihr zeigen, dass das Leben immer noch schöne Seiten haben kann. Außerdem habe ich ihr gegenüber Pflichten, die ich bei meiner Hochzeit mit Henry übernommen habe und die nicht mit seinem Tod endeten. Ich erwarte nicht, dass du mich verstehst, aber hier geht es um weibliche Bande. Matilda ist wie ein Juwel in meiner Krone – ein Teil von dem, was mich zu einer Königin gemacht hat und immer noch macht. Willst du mir das verwehren?«
»Soll ich wegen einer Frauenfreundschaft ein solches Risiko eingehen?« Wills Stimme schwoll an. »Hast du den Verstand verloren? Was, glaubst du, wird Stephen dazu sagen, wo er doch sein Bestes tut, sie und Robert of Gloucester von seinem Reich fernzuhalten?«
Sie hob das Kinn. »Was, glaubst du, würde mein erster Mann König Henry sagen, wenn er wüsste, dass ich seiner Tochter den Zutritt zu der Burg verweigere, die er mir schenkte, als ich seine Königin und Matildas Stiefmutter wurde? Dieses Band ist heilig.« Sie dämpfte ihre Stimme. »Ich will weder Krieg noch Rebellion Vorschub leisten, aber ich möchte Matilda sehen, mit ihr sprechen und sie vielleicht zur Vernunft bringen. Wir können als Vermittler fungieren. Stephen vertraut mir, und Matilda ist meine Tochter und Freundin.« Sie küsste ihn erst auf die Furche zwischen seinen Brauen und dann auf den Mund.
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, erwiderte Will tonlos. Er nahm an, dass Adeliza entweder naiv war und von ihrem Herzen geleitet wurde oder in diesem politischen Spiel ihre eigenen Ziele verfolgte, und keine der beiden Möglichkeiten behagte ihm. Er konnte ihr ihre Bitte abschlagen, aber in dem, was sie gesagt hatte, lag auch ein Körnchen Wahrheit. Wie so oft in den letzten Jahren dachte er auch jetzt, Henry müsse sich im Grab umdrehen. Was Henry von seiner Hochzeit mit Adeliza gehalten hätte, darüber mochte er lieber nicht eingehender nachdenken.
»Wenn wir sie abweisen, wird sie einen anderen Weg finden, um nach England zu kommen«, gab Adeliza zu bedenken. »Aus Liebe zu mir tu mir bitte den Gefallen … ich habe dich bislang um sehr wenig gebeten.«
»Es ist mehr als nur ein Gefallen«, brummte er. »Ich möchte dir gern eine Freude machen, und ich liebe dich sehr, aber ich muss an die Konsequenzen denken.
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