Die Hueterin der Krone
Pflicht gegenüber ihren Verwandten bei mir aufgenommen und weil ich hoffe, dass Verhandlungen über einen lang anhaltenden Frieden eingeleitet werden können. Im Gegensatz zu einigen anderen Angehörigen des Hofes bin ich nicht Euer Feind, aber meine Loyalität gehört Stephen. Aufgrund der Verwandtschaftsbande habt Ihr unter meinem Dach nichts zu befürchten, aber ich muss dem König mitteilen, dass Ihr mein Gast seid. Offen gestanden ist keiner von uns völlig sicher, solange Ihr hier seid.«
Robert nickte knapp. »Das ist mir klar. Trotzdem gewährt Ihr uns Gastfreundschaft, weswegen wir tief in Eurer Schuld stehen. Ich werde sie nicht ausnutzen oder über Gebühr strapazieren, das versichere ich Euch. Lasst mich und meine Männer hier nur ein wenig ausruhen, und dann brechen wir so schnell wie möglich nach Bristol auf.«
Tiefe Erleichterung durchströmte Will. »Und die Kaiserin?«
»Gönnt ihr ein paar Tage mit Eurer Frau. Sie steht unter Eurem Schutz, und da sie ihre Stiefmutter besucht, hat der König keinen legalen Grund, Einwände zu erheben, und Euch entsteht kein Schaden. Ich weiß, wie sehr Matilda Adeliza vermisst hat.«
Will verkniff sich eine bissige Bemerkung. Er hätte es gern gesehen, wenn auch die Kaiserin so bald wie möglich abgereist wäre, und was den Schaden anging, den ihre Anwesenheit anrichten konnte, war er weniger optimistisch als Robert. »So sei es«, willigte er widerstrebend ein.
Nachdem er Robert seine Unterkunft gezeigt hatte, damit er sich nach der Reise frisch machen konnte, ging Will in den Hof zurück. Er kam sich vor wie ein Getreidekorn, das zwischen zwei Mühlsteinen zermahlen wurde. Er war Stephens Vasall, beherbergte aber Stephens Feinde, darunter den Befehlshaber von Matildas Truppen, unter seinem Dach. Ihm war bewusst, dass er seine Gastgeberpflichten Robert gegenüber vernachlässigte und Adeliza sich darüber ärgern würde, aber er konnte ihm nicht mit gutem Gewissen einen herzlichen Empfang bereiten. Also befahl er dem Stallknecht, sein Pferd zu satteln, und ritt aus, um die Felder, den Fluss und die Straßen zu inspizieren und sich alles genau einzuprägen, weil er ahnte, dass sich bald alles ändern und er Unschätzbares verlieren würde.
Zwei Tage später verließ Robert bei Tagesanbruch Arundel. Ein feuchter Seedunst zog über dem Meer auf und hüllte das Land ein. Matilda beobachtete, wie die niedrigen grauen Schwaden ihn verschluckten, als er aus dem Burghof hinausritt. Es sah fast aus, als verschwinde er in einer anderen Welt.
Sie hatte ihn nicht begleiten wollen. Stephen würde es nicht wagen, ihr etwas zuleide zu tun, solange sie sich bei Adeliza aufhielt, und sie war entschlossen, ihr Recht, Verwandte zu besuchen, ausgiebig in Anspruch zu nehmen. Allerdings hatte sie mit einem wärmeren Empfang seitens ihrer Stiefmutter und ihres Ehemannes gerechnet. Sie hatte gedacht, sie würden ihr militärische Hilfe oder wenigstens moralische Unterstützung anbieten, aber William D’Albini hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass sie lediglich als Hausgast willkommen war.
»Ich kann Will nicht dazu bringen, seine Meinung zu ändern«, sagte Adeliza, als sie nach Roberts Abreise vor dem Kohlenbecken in Matildas Kammer saßen. »Er hat sich Stephen verschrieben, und als seine Frau bin ich ihm zu Gehorsam verpflichtet. Ich werde für dich tun, was ich kann, aber Will hat nur einen begrenzten Handlungsspielraum, den er nicht überstrapazieren will, noch nicht einmal mir zuliebe. Denk bitte nicht, ich würde Stephen große Liebe entgegenbringen. Er hat sich so vieles angeeignet, was ihm nicht rechtmäßig zusteht, und er hat meiner Heirat mit Will nur zugestimmt, weil er einen seiner Männer in Arundel haben wollte. Er, oder vielleicht eher seine Frau, möchte mich jeglicher Macht berauben.«
Bei der Erwähnung von Stephens kleiner rundlicher Frau verzog Matilda das Gesicht. Es würde viel Anstrengung kosten, diese beiden Thronräuber zu entmachten.
Auf der Brustwehr erschollen warnende Hornklänge, und die Frauen wechselten einen erschrockenen Blick. Einen Moment später kam Joscelin an die Kammertür und verkündete, dass König Stephen vor den Mauern Arundels seine Zelte aufschlagen ließ. »Der Lord geht hinaus, um mit ihm zu sprechen«, sagte er, bevor er wieder davoneilte.
»Stephen wagt es nicht, uns zu belagern.« Adelizas Augen weiteten sich vor Furcht. »Ich führe immer noch den Titel einer Königin, und ich bin durch meine erste Ehe seine Tante. Er
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