Die Hueterin der Krone
gehorchen?«
Will erschrak, gab sich aber nach außen hin unbeteiligt. »Wenn ich das täte, würde ich ein heiliges Band zerreißen, Sire.«
»Und wenn nicht, würdet Ihr es mir gegenüber an Loyalität fehlen lassen«, knurrte Stephen.
Henry of Winchester trat vor. »Du kannst es dir nicht leis ten, Arundel zu belagern«, sagte er zu seinem Bruder. »Es würde zu lange dauern, und während wir hier festsitzen, baut sich Gloucester ein eigenes Reich mit Bristol als Mittelpunkt auf. Er ist derjenige, den du verfolgen solltest. Wenn du Arundel belagerst, wirst du Respekt und Männer einbüßen. Die Königinwitwe war bei Hof sehr beliebt, und jeder weiß, dass sie nicht handelt, um dir zu trotzen, sondern weil sie ein weiches Herz hat – und sich im Recht befindet. Lord D’Albinis einziges Vergehen besteht darin, ein zu nachgiebiger Ehemann zu sein.«
Stephen funkelte Winchester finster an. »Was soll ich denn dann tun? Matilda kann nicht hierbleiben, Verwandtschaftsbesuche und Ehre hin oder her. Ich kann diese Bedrohung nicht ignorieren und einfach davonreiten.«
Will fragte sich, warum der Bischof von Winchester zum Frieden riet, wo er doch sonst derartige Gelegenheiten skrupellos für seine Zwecke zu nutzen pflegte.
»Gib ihr sicheres Geleit bis Bristol, wo sie sich dem Earl of Gloucester anschließen kann«, fuhr der Bischof fort. »Übergib sie dort seiner Obhut. Solange sie hier ist, handelt sie aus eigener Willenskraft. Schickst du sie nach Bristol, sehen die Männer, dass ihr Bruder das Sagen hat, dass er die Macht hinter ihr darstellt und so gut wie über England herrscht. Wie viele werden sich ihm unterwerfen? Ich bin gerne bereit, sie als Eskorte zu begleiten. So hast du Zeit, dich mit den anderen Aufständen zu befassen. Sitzen die Gräfin von Anjou und Robert of Gloucester beide an ein und demselben Ort fest, kannst du dich auf andere Ziele konzentrieren – und die Männer werden deine Ritterlichkeit loben.« Er deutete auf Will. »Und Lord D’Albini wäre von der Last seiner Verpflichtungen befreit.«
Stephens Lippen zuckten. »Die Männer könnten mich genauso gut für einen ungeheuren Narren halten.«
Winchester hob die Schultern. »Da die Alternative eine langwierige Belagerung wäre, in deren Verlauf du deinerseits von Gloucester umzingelt werden könntest, bleibt dir kaum eine Wahl.«
»Es wäre ein Ausweg, Sire.« Will hätte sich nie träumen lassen, dem Bischof von Winchester einmal dankbar zu sein. »Sonst landen wir in einer Sackgasse.«
»Nun gut«, sagte Stephen mürrisch. »Aber Ihr und Eure Frau werdet mir vor meinem Aufbruch erneut den Treueeid leisten, Mylord D’Albini.«
»Mit Freuden, Sire.« Voller Erleichterung sank Will vor Stephen auf die Knie. Er kam sich so vor, als hätte er nach einem harten Kampf zahlreiche Blessuren davongetragen und stünde immer noch auf dem Schlachtfeld.
Matilda starrte Will mit ungläubiger Verachtung an.
»Ihr liefert mich ihm aus?« In diesem Moment hätte sie Adelizas emporgekommenen Tölpel von Mann am liebsten umgebracht. Wie konnte er es wagen, ihr seelenruhig von seiner Abmachung mit Stephen zu berichten?
Er lief rot an. »Ich tue nichts dergleichen, Herrin. Ihr werdet sicher nach Bristol geleitet, wo Ihr beschützt werdet, ohne Eurer Stiefmutter und denen, die ihr nahestehen, zu schaden. Ich bitte Euch, das einzusehen und auf die Bedingungen des Königs einzugehen.«
»Und wenn ich mich weigere?«
»Dann vernichtet Ihr uns alle und lasst mir keinen Spielraum für taktische Manöver.« Er hob beschwörend eine Hand. »Bitte fügt Euch und geht nach Bristol. Der Bischof von Winchester und Waleran de Meulan werden Euch begleiten.«
»Mir bleibt wohl nichts anderes übrig«, erwiderte Matilda bitter. Sie hasste es, machtlos zu sein. Sie fixierte Will mit einem stolzen, zornigen Blick, aber innerlich war sie verzweifelt vor hilfloser Wut.
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe auch keine andere Wahl, und das tut mir sehr leid.« Er verbeugte sich, wechselte einen unglücklichen Blick mit Adeliza und ging hinaus.
33
Arundel, September 1139
Am nächsten Morgen kleidete sich Matilda für die Reise in ein Gewand aus roter, mit Goldfäden bestickter und vor Juwelen funkelnder Wolle. Auf ihrer Brust lag ein mit Rubinen besetztes Goldkreuz, und an ihren Fingern glitzerten Ringe mit Saphiren, Rubinen und Perlen.
»Ich werde diesen Ort nicht als Frau verlassen, die auf der Flucht ist, sondern als Königin und Kaiserin«, sagte sie zu
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