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Die Hueterin der Krone

Die Hueterin der Krone

Titel: Die Hueterin der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
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uns mit offenen Karten spielen. Was willst du?«
    Er verzog gequält das Gesicht. »Du bist meine Base, auch wenn wir auf verschiedenen Seiten stehen, und aufgrund meines Priesteramtes bist du zugleich meine Tochter. Ich mache mir Sorgen um dich.«
    Matilda hob die Brauen. Was sie betraf, so konnten sie die Familienbande getrost außer Acht lassen. »Aber das ist nicht alles. Ich glaube nicht, dass Lord Meulan erfreut wäre, wenn er von unserem Gespräch wüsste.«
    Henry winkte geringschätzig ab. »Er wird morgen ohnehin davon erfahren, seine Spione sind überall.«
    »Und Stephen wird gleichfalls Wind davon bekommen.«
    Sein Blick besagte, dass ihn dieser Umstand nicht sonderlich beunruhigte. »Er erwartet von mir, dass ich alles an ihn weiterleite, was ich herausfinde.«
    »Wohl eher alles, was du ihm zu verraten bereit bist, weil Waleran trotz seiner Spione nicht in Erfahrung bringen wird, was genau wir miteinander besprochen haben.«
    Als Matilda sah, wie seine Lippen sich belustigt kräuselten, begriff sie, wie sehr er diese Intrige genoss.
    »Was bist du für mich zu tun bereit, und was verlangst du dafür?«, fragte sie geradeheraus. »Lass uns die Dinge auf den Punkt bringen. Was wäre der Preis für die Krone?« Sie nahm genüsslich einen Schluck von dem Wein und schluckte ihn langsam hinunter. »Die Möglichkeit, im Hintergrund die politischen Geschicke des Landes zu lenken? Oder vielleicht der Kopf Waleran de Meulans auf einem Silbertablett?«
    Er erwiderte nichts darauf, doch seine Augen wurden schmal.
    »Ich bin hier, um um die Krone zu kämpfen. Einige Männer haben sich mir bereits angeschlossen, andere warten ihre Zeit ab. Dein Bruder mag ja noch zahlreiche Anhänger haben, aber wie viele werden ihm die Treue halten, wenn er das gesamte Geld aus den Schatztruhen verprasst hat, ein Teil davon gehörte der Kirche. Ich habe einen Sohn, er wächst rasch heran, und er wird einmal König. Er hat alle nötigen Fähigkeiten, und das sage ich nicht nur aus mütterlichem Stolz. Du hast mehr als nur einen Grund, dich mit der Zukunft zu befassen.«
    Henry schürzte die Lippen. »Wir müssen beide einige Dinge überdenken, da stimme ich dir zu, aber wir wollen nichts übereilen, was wir später bereuen. Mein Bruder ist auf dem Gebiet der Politik nicht sehr bewandert, aber er ist immer noch der gesalbte König, und daran kann nichts etwas ändern.«
    »Ich habe oft gedacht, man könne etwas nicht ändern, und bin genauso oft überrascht worden«, versetzte Matilda ruhig.
    Sie traute ihrem Vetter nicht; ja, sie war sogar sicher, dass Stephen ohne ihn nicht zum König gekrönt worden wäre. Aber Henry konnte sich als nützlich erweisen, solange er sich Vorteile versprach. Wahrscheinlich dachte er dasselbe von ihr. Es war nun an ihr, seinen Eigendünkel und seine Machtgier für ihre Zwecke zu nutzen. Stephen stand sich selbst am meisten im Weg, und die Beaumont-Zwillinge waren eifrig dabei, ihm eine tiefe Grube zu graben, während er untätig danebenstand. Früher oder später fiel er hinein – entweder durch Zufall oder durch einen gezielten Stoß –, und wenn das geschah, wollte sie nicht, dass jemand eine Leiter hinabließ.
    Als sie am nächsten Morgen aufbrachen, hingen Nebelschwaden über dem Land; es war, als sei die gesamte Gegend in ein graues Leichentuch gehüllt. Der Bischof wechselte einen beredten Blick mit Matilda, als sie in ihre Kutsche stieg, sagte aber nichts. Waleran de Meulan blieb für sich und litt der Furche zwischen seinen Brauen und der grünlichen Gesichtsfarbe nach zu urteilen an heftigen Kopfschmerzen. Von seiner nächtlichen Gefährtin war nichts zu sehen. Matilda vermutete, dass man mit Waleran, der ausgedehnte Ländereien in der Normandie besaß, am besten fertig wurde, indem man seine Landsitze einnahm und Waleran als Geisel festhielt. Aber für den Moment sollte er ruhig noch an Stephens Hof Zwietracht säen.
    Kurz nach Mittag erreichten sie das Grenzmal, an dem Robert vereinbarungsgemäß auf die Gruppe treffen und Matilda nach Bristol eskortieren sollte. Matilda stieg aus der Kutsche und trat auf das feuchte strohfarbene Gras. Das Grenzmal war ein Stein in Form eines gebeugten alten Mannes mit Schwielen aus gelben Flechten auf dem langen Rücken, und sie erschauerte, als würden uralte Finger über ihre Wirbelsäule streichen.
    Einen Moment später hörte sie das Klirren von Zaumzeug und leisen Hufschlag. Reiter tauchten aus dem Nebel auf; diffuse Gespenster, die allmählich

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