Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hueterin der Krone

Die Hueterin der Krone

Titel: Die Hueterin der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
Vom Netzwerk:
Asche und Knochen, in der keine moralischen Werte mehr gelten.«
    »Lass gut sein, habe ich gesagt!«, donnerte Will. »Ich habe genug Wunden davongetragen, da muss ich mir nicht auch noch deine verletzenden Worte anhören!«
    »Wie du willst.« Sie nahm ihren Umhang von dem Wandhaken und warf ihn über. »Ich lasse dir deinen Frieden!« Sie spie das letzte Wort förmlich aus, als sie hinausstürmte. Sowie sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, barg sie den Kopf in den Händen und ließ ihren Tränen freien Lauf. Es stiegen Schuldgefühle in ihr auf, weil Tränen Wilton nicht halfen.
    Es kam ihr so vor, als wäre ein harter Splitter in ihr Herz gedrungen. Empfand Matilda so? War das der Anfang, ehe sich alles allmählich verhärtete, während sich der Splitter tiefer und tiefer hineinbohrte, bis ihr nicht mehr genug Energie und Lebensfreude blieb, um sich auch nur ein Lächeln abzuringen?
    Adeliza machte sich auf den Weg zur Kapelle, um an einem heiligen Ort niederzuknien, der nicht von Krieg entweiht worden war, und für das Kloster zu beten. Die warmen Farben und das sanfte Licht trösteten sie ein wenig. Sie ließ ihren Rosenkranz zwischen den Fingern hindurchgleiten und bat Gott um Kraft und Hilfe.
    Sie kniete immer noch vor dem Altar, als sie leise Schritte hörte. Im nächsten Moment sank Will neben ihr nieder und bekreuzigte sich. Der Kräuterduft seines Badewassers drang in ihre Nase, und sein Haar war ein Gewirr feuchter Locken. Es herrschte eine angespannte Stimmung zwischen ihnen, als sie beide stumm beteten.
    Endlich hob Will den Kopf und griff nach dem Holzpferd, das Wilkin auf der Altarstufe zurückgelassen hatte. Es war das Abbild von Forcilez, das er vor einigen Jahren auf einem Feldzug mit Stephen geschnitzt hatte.
    »Was ist das denn – eine Opfergabe?«
    »Ich nehme es an«, erwiderte sie. »Ich habe unseren Sohn gelehrt, alle Geschöpfe Gottes zu ehren, alle Menschen, unabhängig davon, welchen Status sie im Leben bekleiden.«
    Will drehte die Figur in seinen großen Händen.
    »Er hat heute Morgen für deine Rückkehr gebetet.«
    Will erhob sich langsam mit schmerzhaft verzogenem Gesicht. »Nun, sein Wunsch ist in Erfüllung gegangen.« Er nahm ihre Hand. »Ich habe immer versucht, mein Bestes zu geben und mich wie ein Ehrenmann zu verhalten. Ich gebe offen zu, dass ich Fehler mache, aber ich habe nie in böser Absicht gehandelt.«
    Sie sah ihn an. Die Schnittwunde auf seiner Wange leuchtete tiefrot, und sein Atem ging flach. Sein Blick flehte um Milde. »Ich zweifle weder an deiner Ehre noch an deinen guten Absichten«, gab sie zurück. »Aber wenn ich daran denke, was Männer beider Seiten, die alle ihre Ehre hochhalten, in Wilton angerichtet haben, dann überkommt mich nackte Verzweiflung.«
    Er verzog das Gesicht. »Ich kann weder Wilton wieder zu dem machen, was es einst war, noch ändern, was geschehen ist, aber ich schwöre dir und Gott, dass diejenigen, die darum ersuchen, in Arundel, Rising oder Buckenham Zuflucht finden. Ich werde sofort veranlassen, dass kleine Häuser für sie gebaut werden, wenn du bereit bist, dich der Leute anzunehmen.« Wieder bekreuzigte er sich. »Wenigstens kann ich ihnen neue Heime dort anbieten, wo sie Angriffe kaum zu fürchten haben.« Die Holzfigur von Forcilez noch immer umklammernd, legte er einen Arm um sie. »Wende dich nicht gegen mich«, murmelte er. Ihr entging nicht, wie gepresst seine Stimme klang. »Streit in meinem eigenen Haus könnte ich nicht ertragen. Du bist doch mein einziger Zufluchtsort.«
    Sie legte den Kopf in den Nacken, um zu ihm aufzublicken, und so wie sie am Morgen den Mann in ihrem ältesten Sohn gesehen hatte, sah sie jetzt das Kind in seinem Vater, das Trost und Sicherheit suchte, und sie spürte, wie sich der Splitter in ihrem Herzen auflöste, auch wenn er eine Narbe hinterließ. »Komm«, sagte sie. »Es ist spät und dunkel, und unser einziger Zufluchtsort außer der Kirche sollte unser Bett sein. Alles andere kann bis morgen warten.«

49
    Devizes, Weihnachten 1143
    Im tiefen Winter spielte man am heimischen Kamin Schach. Matilda saß mit Henry in ihrer Kammer in Devizes und beobachtete, wie sein Blick über die Figuren huschte, bevor er nach dem klobigen elfenbeinernen Läufer griff und mit ihm zwei Felder vorrückte. Dann lächelte er sie breit an. Er war noch keine elf Jahre alt, verstand aber schon die Komplexität des Spiels und war beleidigt, wenn jemand ihm eine Partie der einfacheren beliebten Version

Weitere Kostenlose Bücher