Die Hueterin der Krone
überrannt – reitet um Euer Leben! Die Straßen nach Süden und Norden sind versperrt!« Er lenkte sein Pferd um Forcilez herum und jagte weiter.
Ehe Will sich umdrehen konnte, um die entsprechenden Befehle zu erteilen, tauchte eine weitere Soldatengruppe auf und nahm die Verfolgung auf. Er konnte seinen Schild gerade noch rechtzeitig hochreißen, um nicht von dem schweren Hammer getroffen zu werden, den ein Ritter auf einem Rotschimmelhengst schwang. Will tastete nach seinem Schwert, riss es aus der Scheide und zerrte an den Zügeln. Forcilez stieg und schlug mit den Vorderhufen nach dem Pferd seines Gegners. Der andere Hengst scheute, und Will gelang es, seinem Widersacher einen Hieb auf das ungeschützte Bein zu versetzen. Blut spritzte, der Mann stieß einen gellenden Schrei aus und ergriff die Flucht. Will riss Forcilez herum, um sich einem weiteren Gegner zu stellen. Diesmal durchtrennte er die Zügel und traf das Schlachtross am Hals. Der Ritter ging zum Gegenangriff über, seine Klinge ritzte Wills Wange auf.
»Blas zum Rückzug!«, brüllte Will Adelard zu, wohl wissend, dass jeden Moment Verstärkung aus Wilton eintreffen konnte. Ein Morgenstern traf seine Rippen. Durch die Wucht des Hiebes bekam er keine Luft mehr. Forcilez wirbelte herum, keilte aus und vollführte erneut eine Wendung. Will dankte Gott stumm für den Mut, die gute Ausbildung und den Kampfgeist des Hengstes. Nachdem er zu Atem gekommen war, holte er erneut mit seinem Schwert aus, doch da hörte er die Hornfanfare. Einmal, zweimal, dreimal. Sein Ritter Milo Bassett kam ihm zu Hilfe. Gemeinsam bahnten sie sich einen Weg und gaben ihren Schlachtrössern die Sporen. Die angevinischen Ritter, die darauf erpicht waren, einen Earl in die Hände zu bekommen, nahmen die Verfolgung auf. Forcilez zeichnete sich nicht durch große Schnelligkeit aus, machte diesen Mangel aber durch einen sicheren Tritt und seine Kraft wett, was sich auszahlte, als einer der Feinde sie einholte. Als der Mann Anstalten machte, Will zu packen, stolperte sein Pferd. Ein Ekel erregendes Knacken ertönte, als das Schlachtross sich das Vorderbein brach. Der Ritter wurde aus dem Sattel geschleudert und schlug hart auf dem Boden auf. Zwei seiner Kameraden waren zu dicht hinter ihm, konnten nicht mehr ausweichen und stürzten gleichfalls, woraufhin die anderen, die sich jetzt in der Unterzahl befanden, die Verfolgung aufgaben.
Will und seine Männer jagten weiter; nutzten das letzte Tageslicht, um die Gegner so schnell wie möglich hinter sich zu lassen. Als Will über seine Schulter spähte, sah er über Wilton einen glutroten Feuerschein. Dorf und Abtei brannten lichterloh. Es war offensichtlich, dass die Angeviner auf der ganzen Linie gesiegt hatten. Er betastete behutsam seine Wange und zog eine rot verschmierte Hand zurück. Die meisten seiner Männer hatten Schrammen und Kratzer davongetragen, einige jedoch auch tiefere Wunden, die genäht und verbunden werden mussten, und einer seiner Sergeanten war gefallen. Einen Teil ihres Gepäcks hatten sie retten können, aber alle Zelte und ihr gesamter Proviant waren verloren.
Als auf dem Pfad links von ihm Hufschläge erklangen, fuhr er herum und zog mit wild klopfendem Herzen sein Schwert. Im nächsten Moment tauchte ein weißes Maultier in einer Lücke in der Hecke auf, auf dessen Rücken Serlo saß. Will sackte vor Erleichterung in sich zusammen.
»Du Schwachkopf! Ich hätte dich umbringen können!«, raunzte er den Schreiber an.
Serlo deutete gekränkt auf die Tragekörbe, mit denen das Maultier beladen war. »Ich habe saubere Tücher, Salben und Nadeln dabei, falls irgendwelche Verletzungen behandelt wer den müssen. Ich dachte, Ihr würdet Euch freuen, mich zu sehen.«
Will stieß vernehmlich den Atem aus. »Das tue ich auch. Wenigstens du bist heute Nacht ein Gottesgeschenk.«
Serlo blickte sich zu dem brennenden Wilton um. »Das wird meiner Herrin, der Königin, gar nicht gefallen.«
Will verzog das Gesicht. Die Schnittwunde auf seiner Wange spannte sich schmerzhaft. »Nein«, stimmte er zu, und sein Herz wurde noch schwerer. »Das wird ihr ganz und gar nicht gefallen.«
Adeliza schlich auf Zehenspitzen in die Kammer, um einen Blick auf die schlafenden Kinder zu werfen. Der warme Laternenschein in der Nähe der offenen Bettvorhänge fiel auf Wilkin, der mit ausgestreckten Armen und Beinen auf dem Rücken lag. Seine Brust hob und senkte sich leicht, sein Gesicht war vom Schlaf gerötet. Die zweijährige Adelis
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