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Die Hueterin der Krone

Die Hueterin der Krone

Titel: Die Hueterin der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
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ein Kind, auch wenn er wie ein Mann sprach, und sie war stolz auf ihn.
    »Ich meine es ernst«, beharrte er nachdrücklich.
    Matilda musterte ihn verstohlen und schürzte die Lippen, denn sie wusste, was in ihm vorging, weil sie dasselbe empfand. Es war, als wäre ein Funke übergesprungen.
    Als jemand sie am Arm berührte, fuhr sie herum und stand ihrem Bruder Robert gegenüber. Ihre Freude verblasste angesichts seiner ernsten Miene.
    »Ist etwas geschehen?«
    Roberts Blick wanderte zu Henry und wieder zu ihr. »Mach dich auf schlechte Nachrichten gefasst.«
    »Wie schlecht?« Ihr Arm lag noch immer um Henrys Schultern, und sie drückte ihn fester an sich. »Hat Stephen …«
    Robert schüttelte den Kopf. »Es hat nichts mit Stephen zu tun. Miles FitzWalter ist tot, Gott sei seiner Seele gnädig.«
    Matilda starrte ihren Bruder voller Entsetzen an. »Wie …« Miles war ein erfahrener Befehlshaber und guter Freund. Er hatte ihr die Tore von Gloucester geöffnet, als sie nach England gekommen war. Er war ein fester Bestandteil ihres Lebens, er konnte nicht tot sein.
    »Bei der Hirschjagd«, erwiderte Robert. »Einer seiner Ritter hat blindlings um sich geschossen und statt des Hirsches seinen Herrn getroffen. Er muss sofort tot gewesen sein.«
    »Ich hätte darauf bestehen sollen, dass er am Hof bleibt.« Übelkeit stieg in ihr auf. »Dann wäre er jetzt noch am Leben.«
    Robert schüttelte den Kopf. »Du hättest es nicht verhindern können. Hättest du einen Zaun um ihn gezogen, hätte er ihn durchbrochen. Er hat sein Leben gelebt, als wäre es eine einzige Jagd.«
    »Aber es ist eine so sinnlose Verschwendung eines Menschenlebens … möge er in Frieden ruhen.« Sie bekreuzigte sich. Ihre Stimme zitterte. »Er war ein tapferer Mann und ein treuer Vasall.« Und durch wen soll ich ihn ersetzen?
    Robert sah Henry an, der sich gleichfalls bekreuzigt hatte. »Erinnerst du dich an Miles FitzWalter, mein Junge?«
    »Er hat mir Schwertkampfunterricht gegeben«, entgegnete Henry mit großen Augen. »Und mir versprochen, mich einmal auf die Jagd mitzunehmen.«
    »Dem Himmel sei Dank, dass es nicht dazu gekommen ist!«, entfuhr es Matilda. Sie widerstand dem Drang, ihn in die Arme zu nehmen. Wie verwundbar sie doch alle waren! Niemand ahnte, wann der Tod zuschlagen und alle ihre Pläne zunichtemachen würde.

50
    Bristol, März 1144
    Matilda klopfte ihrer Stute auf den Hals und sog die feuchte Luft des späten Winters ein, während sie mit Brian einen Waldweg entlangritt. Vor ihnen galoppierte Henry auf seinem grauen Pony. Eine Hundemeute lief neben ihm her, während er Kleinwild zwischen den Eichen, Eschen und Ulmen hindurchscheuchte, deren kahle Äste sich schwarz vom Himmel abhoben. Einige Höflinge ritten vor und hinter ihnen, und es herrschte, was selten vorkam, eine ungezwungene Atmosphäre.
    Matilda war nach Bristol gekommen, um dort das Osterfest zu feiern und über Henrys weitere Ausbildung zu diskutieren. Mit seinen bisherigen Fortschritten war sie sehr zufrieden. Obwohl die Zeiten schwer waren, hatte seine Anwesenheit ihrer Sache neuen Auftrieb gegeben. Sein Charme, seine sprühende Energie und seine augenfällige Intelligenz hatten ihre Anhänger tief beeindruckt und davon überzeugt, dass sie tatsächlich den neuen König Englands vor sich hatten. Lächelnd beobachtete sie, wie er sein Pferd durch laute Zurufe zu einem schnelleren Galopp antrieb. Seine Furchtlosigkeit und Vitalität erfüllten sie mit Stolz, und sie bemühte sich, nicht daran zu denken, dass er auch einmal stürzen könnte.
    »Er reitet besser als ich in seinem Alter«, bemerkte Brian.
    Sie musterte ihn verstohlen. Er wirkte erschöpft; tiefe Fur chen durchzogen seine Wangen und säumten seine Augen winkel. Das fahle Licht unterstrich seine durch den Winter ergraute Haut. Sie machte sich Sorgen um ihn. Er hatte erst kürzlich unter einer schweren Erkältung gelitten. Die lange Kriegszeit hatte sie alle ausgelaugt, und die Jahreszeit mit den endlosen dunklen Tagen und der kargen Ernährung zehrte zusätzlich an ihren Kräften. Die Abende wurden zwar allmählich länger, aber noch hellte nicht das frische frühlingshafte Grün das eintönige Grau auf. Matilda hatte diesen Ausritt bewusst unternommen, um ihre Lebensgeister zu wecken und einen klaren Kopf zu bekommen. »Ihr wart sicherlich auch so ein Prachtjunge«, sagte sie zu Brian.
    Er hob die Brauen. »Wie meint Ihr das, Herrin?«
    »Ich könnte mir vorstellen, dass Ihr ein genauso

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