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Die Hueterin der Krone

Die Hueterin der Krone

Titel: Die Hueterin der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
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manchmal auch vor Freude weinen«, sagte sie mit einem schiefen Lächeln.
    »Aber nicht jetzt«, wandte Will ein. »Erst will ich dir etwas zeigen.«
    Adeliza schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, ob ich noch weitere Überraschungen ertrage. Es ist so schon fast zu viel für mich.«
    »Diese verkraftest du, das verspreche ich dir.« Mit einem breiten Grinsen nahm er sie bei der Hand und führte sie durch die Halle in eine komfortabel eingerichtete Kammer mit zwei nach Süden gehenden Fensternischen, zwischen denen ein großer Kamin eingelassen war. Im hinteren Teil stand ein breites Bett mit einer weichen Matratze, Vorhänge und Decken fehlten noch.
    Adeliza blickte sich um.
    »Sehr schön«, sagte sie erleichtert. Aber sie war auf der Hut, denn Will grinste von einem Ohr zum anderen.
    »Und jetzt zeige ich dir etwas noch viel Schöneres.« Er deutete auf zwei schmale Türen in der westlichen Mauer. Neugie rig öffnete Adeliza die erste Tür. Ein leicht abschüssiger Gang führte zu einer weiteren Tür, hinter der sich eine Latrine mit einem kleinen Fenster befand, das Licht und Luft hereinließ. Sie hatte einen hölzernen Sitz. In einer Nische war Platz für eine Kerze. »Du bezeichnest eine Latrine als etwas Besonderes?« Sie musterte ihn mit leisem Argwohn.
    Er zuckte die Achseln. »Jetzt öffne die andere Tür.«
    Verwirrt tat sie, wie ihr geheißen. Dahinter war ein fast identischer Abort, nur dass bei diesem ein dreieckiges Urinal in die Wand eingelassen war.
    »Du beschwerst dich doch immer, dass ich den Sitz bespritze«, sagte Will. »Dieses Problem ist jetzt aus der Welt geschafft, denn nun haben wir jeder unsere eigene Latrine.«
    Adeliza starrte ihn an. Ihre Schultern begannen erneut zu beben, und Tränen traten ihr in die Augen. »Oh, Will!« Sie lachte so heftig, dass sie kaum noch Luft bekam, und jetzt war er es, der sie verwirrt anstarrte. Die Hände auf ihren schmerzenden Bauch gepresst, stolperte sie zum Bett und ließ sich auf die Matratze fallen. »Du hast mir eine Stadt und ein Hospital gezeigt.« Sie wischte sich über die Augen. »Damit habe ich gerechnet. Du hast mir eine Kirche und eine prachtvolle Burg gezeigt, und ich fand, dass du dich selbst übertroffen hast. Du hast mir eine wunderschöne Kapelle gezeigt, was mich sehr gerührt hat.« Sie legte eine Hand auf ihr Herz. »Und als absoluten Höhepunkt zeigst du mir zwei Latrinen!«
    »Freust du dich denn nicht?«, fragte er betrübt.
    Adeliza kämpfte gegen ihre ausgelassene Heiterkeit an, weil ihr Bauch wehtat und sie ihn nicht verletzen wollte. »Natürlich freue ich mich. Es ist eine wundervolle Überraschung, und ich bin wirklich dankbar dafür. Nicht viele Ehemänner sind so aufmerksam.«
    Seine Röte vertiefte sich.
    Er schenkte ihr selten Tand wie Seide oder Juwelen. Dies besorgte ihr der Haushofmeister. Will bemerkte auch selten, welche Farbe ihr Kleid hatte, und ihm fiel es nicht auf, wenn sie sich für ihn besonders sorgfältig hergerichtet hatte. Komplimente musste sie ihm regelrecht entlocken. Doch dann überraschte er sie plötzlich mit einer Äsop-Ausgabe oder einem kunstvoll gebundenen Gebetbuch. Er baute ihr eine Kapelle, die so schön war, dass es sie zu Tränen rührte … und ihre eigene Privatlatrine. Letztendlich bewies er ihr dadurch, dass er auf sie und ihre Bedürfnisse einging. Es war eine seltene, kostbare Eigenschaft, die Henry gänzlich abgegangen war, obwohl er sie zur Königin gemacht hatte.
    Will setzte sich neben sie.
    »Ich habe versucht, an alles zu denken, was dir gefallen könnte – und angemessen erscheinen würde.« Er küsste sie, erst sanft, dann mit wachsendem Verlangen.
    »Ich bin mir nicht sicher, ob sich das schickt«, tadelte sie ihn, aber mit einem Lächeln in der Stimme und etwas außer Atem. »Wir sollten zumindest Vorhänge am Bett haben. Was, wenn jemand hereinkommt und uns so sieht?«
    Er erhob sich, ging zur Tür und schob den Riegel vor. »Das habe ich gerade verhindert.«
    Das Blut rauschte schneller durch ihre Adern. Im hellen Tageslicht beieinanderzuliegen mochte ja sündhaft sein, aber andererseits war es ihre Pflicht, ihren Mann zu lieben und ihm Kinder zu schenken, und so betrachtet konnte sie nichts Unschickliches mehr daran finden.

52
    Der Ärmelkanal, März 1147
    Henry packte ein Fall und beugte sich vor, sodass der Wind sein kupfergoldenes Haar zerzauste. Langsam löste sich die englische Küste aus dem Seedunst und nahm feste Konturen an, und er wusste, dass dies ein

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