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Die Hueterin der Krone

Die Hueterin der Krone

Titel: Die Hueterin der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
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er anlässlich des Festes angelegt hatte. Es herrschte ein einziges Durcheinander. Auf seinem Bett lagen ein Zaumzeug, ein Falknerhandschuh, ein Spielbrett, zwei Bücher, einige mit Diagrammen und in unordentlicher Handschrift bekritzelte Pergamentstücke … und Rumpus, der Terrier, den ihm Maude of Wallingford geschenkt hatte. Rumpus hatte auf der bestickten Steppdecke schlammige Pfotenabdrücke hinterlassen. Als er Matilda sah, klopfte er mit der Rute auf das Bett, als schlage er eine Trommel, und sie wandte sich hastig ab, um nicht in den feuchten Genuss seiner Zuneigungsbekundungen zu kommen. Um das Chaos zu vervollständigen, stand Henrys Kleidertruhe offen, und seine Kleider quollen heraus oder lagen auf dem Boden verstreut.
    »Wo ist dein Kammerherr?«, fragte sie streng. Henry war zu groß, um von einer Kinderfrau beaufsichtigt zu werden, aber er hatte Diener, die ihm aufwarteten.
    »Ich habe gesagt, ich käme allein zurecht.« Er warf ihr einen störrischen Blick zu. »Ich bin alt genug.«
    »Ach wirklich?« Matilda sah sich viel sagend um. »Hier sieht es aus wie in einem Schweinestall.«
    »Ich wollte ja aufräumen, aber ich musste erst mit Rumpus noch einmal nach draußen.«
    Das erklärte die schmutzigen Pfotenabdrücke, und deshalb trug er noch immer seine Tunika. »Treibst du dich oft nachts in der Burg herum?«
    Er zuckte die Achseln. »Wenn ich nicht schlafen kann, unterhalte ich mich mit den Soldaten oder laufe durch die Gänge und denke nach. Manchmal lese ich auch oder schreibe etwas auf oder spiele mit mir selbst Schach.«
    In Anbetracht seiner erstaunlichen Energie dürfte er kaum viel Zeit mit Schlafen verbringen, dachte sie und fragte sich, wie gut sie dieses Kind, ihr Kind, eigentlich kannte. Über den Willen und die Intelligenz, die ein König brauchte, verfügte er zweifellos, über die Bildung und Neugier auch. Sie wusste nicht, woher er seine Neigung hatte, wie ein Wirbelwind durch das Leben zu fegen. Vielleicht war dieser Charakterzug auch ihrem Vater als Kind zu eigen gewesen und hatte sich mit der Zeit und durch die Last der Königswürde abgeschliffen.
    »Dein Vater wünscht, dass du in die Normandie zurückkehrst«, sagte sie. »Du hast genug Zeit in England verbracht und die Männer kennen gelernt, die dir mit Rat und Tat zur Seite stehen werden, wenn du König bist. Jetzt braucht er dich an seinem Hof, denn du wirst einst nicht nur über England herrschen, sondern auch über die Normandie, und daran müssen die Barone erinnert werden.«
    Nachdenklich wog er ihre Worte ab, wobei er wie ein kühl berechnender Mann wirkte und nicht wie ein elfjähriger Junge. Als sie in seinem Gesicht forschte, erkannte sie, dass es ungeachtet seines Alters nicht mehr lange dauerte, bis er imstande war, ein Land zu regieren. »Wann muss ich abreisen?« In seiner Stimme schwang keinerlei Bedauern mit, aber Matilda hatte auch nicht den Eindruck, als freue er sich, England zu verlassen.
    »Sowie der Wind günstig steht und deine Sachen gepackt sind.« Sie ließ ihren tadelnden Blick über das Chaos schweifen.
    Er schob das Kinn vor. »Und wenn ich nach England zurückkomme, dann, um meinen Thron zu besteigen, nicht wahr?«
    Matilda schluckte. Sie selbst mochte ja niemals Königin von England werden, aber sie würde die Mutter des bedeutendsten Königs sein, den das Christentum je gesehen hatte, auch wenn er im Moment nicht einmal im Stimmbruch war und ihr nur bis zur Schulter reichte.
    »Ja«, bestätigte sie. »Das ist deine Bestimmung.«

51
    Rising Castle, Norfolk, Spätsommer 1144
    »Ich kann die Burg sehen, Mama, ich kann die Burg sehen! Ich war der Erste!« Wilkin sprang auf dem Deck des Schiffes auf und ab und deutete auf etwas Weißes in der Ferne. Seine Stimme klang schrill vor Aufregung. Will hatte ihn vor einiger Zeit aufgefordert, nach der Burg Ausschau zu halten, und er hatte am Bug Posten bezogen, weil er sie unbedingt als Erster sichten wollte.
    »Ja, du warst der Erste«, sagte Adeliza und nahm den zweijährigen Godfrey auf den Arm, um ihm das Bauwerk ebenfalls zu zeigen. »Da, siehst du die Burg?«
    »Burr«, krähte Godfrey.
    »Wir sind gleich da«, sagte Will zu seiner dreijährigen Tochter, die auf seinen Schultern saß. Die steife Meeresbrise zerzauste ihre hellen goldenen Locken.
    Die neue Burg Rising ragte von dem flachen sandigen Heideland auf wie ein schimmernder weißer Zahn. Die sie umgebende Mauer war niedrig und bot wenig Schutz vor Angriffen, aber das hatte auch nicht in

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