Die Hueterin der Krone
auf ihn zukam. Sein Magen krampfte sich zusammen. Sie hatte ihm den ganzen Morgen lang in regelmäßigen Abständen Bericht erstattet, und die Meldungen klangen nicht gerade ermutigend. Das Baby war groß, und die Geburt zog sich in die Länge. Julianas Gesicht war blass und ernst. Er hatte Angst vor dem, was sie zu sagen hatte.
»Sire, Eure Frau hat einen gesunden Sohn zur Welt gebracht«, verkündete sie.
Er trat zur Seite und lehnte sich gegen die Wand, weil er heftig zu zittern begonnen hatte. »Stimmt das? Adeliza … ist sie …?«
»Sie ist schwach, Sire, und sehr erschöpft, aber so Gott will, wird sie sich erholen. Das Kind ist munter und kräftig.«
»Dem Himmel sei Dank.« Er wischte sich Tränen der Erleichterung aus den Augenwinkeln.
Juliana knickste und kehrte zu ihren Pflichten zurück. Will nahm sich zusammen, betupfte ein letztes Mal seine Augen und rief seine Kinder zu sich, um ihnen zu erzählen, dass ihre Mama ihnen einen kleinen Bruder geschenkt hatte. Zusammen mit den Kinderfrauen brachte er sie in die Kirche, damit sie zum Dank für Adelizas Leben und das ihres neuen Geschwisterchens Kerzen entzündeten.
Später stieg Will alleine die Treppe zur Wochenbettkammer empor, zögerte vor der Tür, holte tief Atem und trat ein. Adeliza saß, von Kissen gestützt, im Bett. Ihr mit grauen Strähnen durchzogenes Haar war zu einem Zopf geflochten, der von einem violetten Band zusammengehalten wurde und auf ihrer Brust lag. Sie war wach, wirkte aber blass und erschöpft. Das Baby lag frisch gewickelt und schlafend neben ihr in einer Wiege. Will beugte sich vorsichtig über sie, um sie zu küssen. »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht«, sagte er mit rauer Stimme.
»Gott und die heilige Margaret haben ihre schützenden Hände über mich gehalten«, erwiderte Adeliza mit einem schwachen Lächeln.
»Möglich, aber wir sollten jetzt keine Kinder mehr haben.«
»Als ich dich geheiratet habe, dachte ich, ich würde nie welche bekommen«, flüsterte sie.
Er nahm ihre Hand, um den Ehering zu küssen, den er ihr einst angesteckt hatte. »Ich habe nie am Gegenteil gezweifelt.«
»Ich hätte keinem von ihnen das Leben verwehrt. Sie sind Gottesgeschenke.« Sie lenkte seine Aufmerksamkeit auf die Wiege. »Ich möchte, dass er auf den Namen Henry getauft wird.«
Er hob eine Braue. »Henry«, wiederholte er tonlos.
»Zu Ehren meines ersten Mannes, und damit er eine sichere Zukunft hat«, erklärte sie. »Stephen kann keine Einwände erheben, denn es ist der Name seines Onkels und seines Bruders und daher durchaus angemessen, und ich … ich will es so.« Sie sank kraftlos in die Kissen zurück.
Wills Gesichtsausdruck wurde weich. »Wie du möchtest.« Er beugte sich über die Wiege und berührte die Wange des Babys. »Ich werde mich morgen um die Taufe kümmern. Ich …« Er blickte zur Tür, wo Juliana leise auf Adelizas Bruder einsprach.
»Joscelin?« Adeliza setzte sich mühsam wieder auf. »Was gibt es denn?«
Juliana trat zur Seite, und er kam mit ernster Miene herein. »Ich möchte dich nicht beunruhigen«, sagte er. »Es ist besser, wenn ich draußen mit dem Lord spreche.«
Will machte Anstalten, sich zu erheben.
»Nein.« Adeliza hob eine Hand. »Wenn die Angelegenheit so wichtig ist, dass du meine Wochenbettkammer aufsuchst, will ich es auch hören. Wenn irgendetwas nicht stimmt und du es mir nicht sagst, mache ich mir nur noch mehr Sorgen.«
Joscelin verzog das Gesicht. »Henry FitzEmpress ist mit einer großen Invasionsarmee in Wareham eingetroffen.«
Adeliza rang nach Atem.
»Was sagst du da?« Will starrte ihn an. »Von wem weißt du das?«
»Von einem Pferdehändler. Er sagt, er hat es von einem Kunden gehört, der gesehen hat, wie sie an Land gegangen sind. Einer der Männer hat betont, sie wären in voller Truppenzahl hier und würden gute Pferde brauchen.«
»Wer befehligt sie?«, fragte Will. »Doch sicher nicht der Graf von Anjou?«
Joscelin schüttelte den Kopf. »Nein, Henry FitzEmpress, wie ich schon sagte.«
»Aber er ist gerade vierzehn Jahre alt!«
»Das ist alles, was ich in Erfahrung bringen konnte. Wenn es stimmt, wird der König die Unterstützung seiner Edelleute einfordern.« Joscelin drehte sich zum Bett und hob die Hände. »Es tut mir leid.«
»Wie gut, dass unser Sohn Henry heißen wird«, murmelte Adeliza.
Will grunzte. »Es ist unerheblich, ob er mit einer Invasionsarmee gekommen ist oder nicht. Niemand wird sich dem Befehl eines Jungen unterstellen. Ich
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