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Die Hueterin der Krone

Die Hueterin der Krone

Titel: Die Hueterin der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
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Mücke zu befreien und zugleich huldvolle Gnade walten zu lassen, hat er die Situation völlig falsch eingeschätzt.«
    »Dann wollen wir hoffen, dass dir nicht der gleiche Fehler unterlaufen ist.« Robert seufzte. »Henrys Gegenwart hat unsere Männer mit neuer Zuversicht erfüllt, aber er ist noch nicht so weit, dass er den Oberbefehl übernehmen kann.« Er sah sie erschöpft an. »Du glaubst vielleicht, ich stünde ihm feindselig gegenüber, aber das stimmt nicht. Ich bin dankbar, wenn er mir eines Tages diese Last von den Schultern nimmt.«
    »Ich weiß, dass du nicht sein Feind bist.« Matilda trat zu ihm und umarmte ihn, besorgt, weil er so grau aussah. »Ich werde auch dankbar sein. Wenn ich die Kaiserkrone in der Hand halte, sehe ich Henry mit der Krone auf dem Haupt vor mir. Aber ich bin immer noch die Hüterin, und diese Pflicht gebietet es mir weiterzukämpfen. Es ist so, als fände man noch einen letzten Rest auf dem Boden eines Fasses, das man für leer gehalten hat.«
    »Ja«, sagte Robert müde. »Einen letzten Rest.«

54
    Devizes, November 1147
    Brian ritt mit brennendem Magen und fest zusammengepressten Lippen in Devizes ein. Zwei Mal hatte er seine Reise von Wallingford hierher unterbrechen müssen, um abzusteigen und sich am Straßenrand zu übergeben. Er kam sich vor, als verliere er immer mehr an Substanz und werde zu seinem eigenen Schatten. Matildas Leute beobachteten, wie er vorbeiritt. In ihren Gesichtern spiegelte sich beklommene Furcht, bevor sie den Blick abwandten und zu Boden starrten. In ein paar Augen glomm Erleichterung auf, woraufhin er beschämt den Kopf senkte, weil er gekommen war, um ihnen eine zusätzliche Last aufzubürden.
    Im Burghof begrüßten ihn murmelnd die Stallburschen. Nur wenige Menschen eilten über den Hof, um rasch Schutz vor den Regenschauern zu suchen. Brian stieg ab, und der alte Sable wurde zu einem mit Stroh ausgelegtem Stall geführt. Man sah ihm seine Jahre an, sein Maul wurde grau, und sein einst breites Hinterteil ähnelte mehr und mehr dem knochigen Hintern einer Kuh. Ihnen stand noch ein langer Ritt bevor, dann war ihre Reise zu Ende.
    William Giffard, Matildas Kanzler, arbeitete in der Halle an einem Schreibpult. Daneben stand ein Kohlebecken, dessen Glut seine Hände wärmte. Als er Brian sah, starrte er ihn einen Moment lang verwirrt an, dann dämmerte ihm, wer da vor ihm stand.
    »Sire, ich habe Euch gar nicht erkannt.« Hastig senkte er seinen tonsurierten Kopf.
    »Das wundert mich nicht, weil ich mich seit einiger Zeit selbst nicht mehr erkenne.« Brian seufzte schwer. »Ich bin gekommen, um mit der Kaiserin zu sprechen.«
    Giffard sah ihn gequält an. »Seit wir vom Tod des Earls of Gloucester erfahren haben, hat sie ihre Kammer nur verlassen, um in die Kirche zu gehen. Sein Verlust hat sie tief getroffen.«
    »Wir trauern alle um ihn.« Brian bekreuzigte sich, aber die Geste kam ihm hohl vor, weil er sich selbst innerlich hohl fühlte. »Werdet Ihr ihr wenigstens ausrichten, dass ich hier bin?«
    Giffard schob seine Feder rasch in das Tintenfass zurück. »Natürlich, Sire«, erwiderte er. »Ich werde Euch zu ihr bringen. Vielleicht spricht sie mit Euch. Andere weist sie ab.«
    Er führte Brian eine Treppe empor, dann eine Galerie entlang und schlug mit seinem Amtsstab gegen eine geschlossene Eichenholztür. »Herrin«, rief er. »Lord FitzCount ist hier!«
    Stille trat ein. Giffard sah Brian an und schüttelte den Kopf. Brian nahm ihm den Stab aus der Hand und hämmerte mit dem Messingknauf erneut an die Tür. »Herrin, ich muss mit Euch sprechen und würde es vorziehen, mein Anliegen nicht durch vier Zoll Eichenholz vorbringen zu müssen.«
    Giffard hob die Brauen, sagte aber nichts. Wieder herrschte Stille. Brian lehnte den Kopf gegen die Tür und schloss die Augen. »Ich werde notfalls tagelang ausharren.«
    »Sire, Ihr könnt nicht hierbleiben«, begann Giffard zögernd.
    Brian fuhr zu ihm herum. »Dann holt Soldaten und lasst mich mit Gewalt hier wegschaffen, denn freiwillig gehe ich nicht. Glaubt Ihr, dass ich der Kaiserin nach allem, was ich für sie getan habe, jetzt plötzlich etwas zuleide tun will?«
    »Nein, Sire, aber …«
    Die Tür wurde geöffnet, Uli erschien und winkte ihn stumm in die Kammer. Brian drückte Giffard den Stab in die Hand und trat über die Schwelle.
    Matilda stand wie ein einsamer Baum in der Mitte des Raumes. Sie trug eines ihrer deutschen Hofgewänder. Ihre Züge waren so starr und ihr Gesicht so grau, dass

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