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Die Hueterin der Krone

Die Hueterin der Krone

Titel: Die Hueterin der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
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unwillkürlich an die Flucht aus Oxford in jener eisigen Schneenacht denken. Ein aus einer Katastrophe heraus geborener Triumph, und nun hing sie wieder im Dunkeln an einem Seil, verängstigt, aber zugleich trotzig und entschlossen. Brians Miene war unergründlich – oder vielleicht war er benommen. »Habt Ihr nichts dazu zu sagen?«
    »Ich habe befürchtet, Ihr könntet mich bitten, das militärische Kommando zu übernehmen«, gestand er, sah sie an und wandte dann den Blick ab. »Ich hätte das Joch auf mich genommen, weil ich Euch ein Versprechen gegeben habe, aber ich fürchte, ich hätte Euch enttäuscht.«
    »Ihr habt mich nie enttäuscht.« Sie wagte nicht, diesen Gedanken weiterzuspinnen, denn dann hätte sie sich ihrer eigenen Angst stellen müssen, nicht nur ihm, sondern auch England und ihrem Sohn gegenüber schmählich versagt zu haben.
    »Ihr werdet mir erlauben, in diesem Punkt anderer Ansicht zu sein.«
    »Eure Ansicht ist Eure Sache, aber ich erlaube gar nichts.«
    Er schluckte. »Dann bitte ich Euch, mich aus Euren Diensten zu entlassen, wenn Ihr abreist.«
    Sie starrte ihn an.
    »Ich möchte meinen Frieden mit Gott machen und mich von der Welt zurückziehen.« Er senkte den Kopf. »So, wie es momentan um mich steht, kann ich am Jüngsten Tag nicht vor meinen Schöpfer treten und auf Seine Gnade hoffen. Ich habe keine Erben. Meine Frau beabsichtigt, in das Kloster von Bec einzutreten. William Boterel wird Wallingford verwalten. Dort wird sich nichts ändern.«
    »Wohin wollt Ihr gehen?« Sie fühlte sich wie betäubt.
    »Euer Onkel David hat der Abtei Reading als Gegenleistung für Gebete und die Aufnahme der Pilger, die dort am Schrein des heiligen Adrian beten wollen, die Isle of May zugesagt. Dort werde ich die Zeit, die mir noch bleibt, im Dienste Gottes verbringen.«
    »Werdet Ihr auch die Gelübde ablegen?«
    »Wenn ich für würdig befunden werde … und wenn Ihr mich gehen lasst.«
    »Von welchem Nutzen wärt Ihr denn für mich, wenn ich Euch die Erlaubnis verweigern würde?«
    »Ein lahmes Pferd kann man nicht reiten«, stimmte er zu.
    Sie trat zu ihm, nahm seine Hände und drehte die Handflächen nach außen. »Dann geht zur gegebenen Zeit mit meinem Segen, schließt mich in Eure Gebete ein und bittet Gott um die Gnade, dass mein Sohn König wird …« Einen Moment lang vermochte sie nicht weiterzusprechen. »Und schreibt mir. Wenn ich an Euch denke, möchte ich Euch mit tintenverschmierten Fingern vor mir sehen.«
    »Aber nicht beim Aufbauen eines Zeltes.«
    Er hatte die Stimmung auflockern und sie zum Lächeln bringen wollen, doch stattdessen füllten sich ihre Augen mit Tränen. »Ihr irrt Euch«, sagte sie leise. »Das werde ich für den Rest meines Lebens mit Euch in Verbindung bringen.«

55
    Arundel, Februar 1148
    Adeliza wurde von leisen Stimmen in ihrer Kammer geweckt. Hinter den Bettvorhängen fiel fahles winterliches Licht durch die offenen Fensterläden. Von einem Kohlebecken stieg duftender Rauch zur Decke auf.
    Sie musste lange geschlafen haben, denn sie war im Zwielicht erschöpft in ihr Bett gekrochen, und nun war es eindeutig Morgen. Sie fühlte sich noch immer völlig erschöpft, als hätte sie überhaupt nicht geschlafen. Ihr Mund war trocken, und ihr Körper schmerzte vom langen Liegen. Sie hatte schon früher unter Phasen der Schwäche gelitten, aber sie waren schnell vorübergegangen. Jetzt schien sie kein Ende zu nehmen. Seit zwei Monaten fühlte sie sich matt, und es wurde immer schlimmer.
    »Könnt Ihr denn gar nichts tun?«, fragte Will mit einem flehenden Unterton in der Stimme.
    Die Antwort kam in höherer Stimmlage von Magister Vital. Er war Arzt und behandelte Adeliza, seit die Lethargie eingesetzt hatte. »Sire, Eure Frau leidet an Auszehrung. Manchmal brennt das Feuer im Körper so schwach, dass es die notwendige Lebensenergie nicht mehr liefern kann, und dagegen bin ich machtlos. Ich habe versucht, die Flamme mit Umschlägen und Aderlass anzufachen, aber ohne Erfolg.«
    »Ich weigere mich zu glauben, dass es keine Heilung gibt!«, zischte Will. »Ich werde das nicht zulassen!«
    »Es ist Gottes Wille, Mylord. Zu Ihm solltet Ihr beten und um ein Wunder bitten. Ansonsten braucht sie Ruhe und heiße, gut gewürzte Mahlzeiten, um den Fluss der Körpersäfte an zuregen. Holt die Meinung anderer Ärzte ein, wenn Ihr das wünscht, aber sie werden Euch dieselbe Antwort geben.«
    »Hinaus!«, fuhr Will ihn an. »Was nützt Ihr mir, wenn Ihr nicht imstande seid, sie

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