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Die Hueterin der Krone

Die Hueterin der Krone

Titel: Die Hueterin der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
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wollte ihn nicht enttäuschen und wollte gerne lernen, ich war immer begierig auf neue Erfahrungen. Ich liebte meine Unterrichtsstunden, ich liebte Euren Bruder, und damals mochte ich sogar Stephen. Wir saßen an langen Sommerabenden zusammen, tranken Wein, schmiedeten Zukunftspläne und malten uns aus, was aus uns werden würde.« Er schielte über seine Schulter hinweg zu ihr hinüber. »Ich glaube, keiner von uns hat geahnt, dass es so weit kommen würde, noch nicht einmal Stephen.«
    »Brian …«
    »Ist es das alles wert? Ist dieser Kampf den Preis wert?«
    »Wenn man das Richtige tun will, muss man Opfer bringen.« Sie unterdrückte die Tränen und hatte einen Kloß im Hals.
    »Aber was ist denn das Richtige?«, hielt er ihr entgegen. »Einem Mann das Schwert in den Leib zu rammen, weil er sich Euch widersetzt? Ein Dorf niederzubrennen, weil es Euch im Weg ist und die Bewohner einem anderen Herrn verpflichtet sind? Die Schreie der Frauen und Kinder zu überhören, während Ihr ihre Häuser in Brand steckt und ihre Männer niedermetzelt? Händlerkarawanen zu überfallen, weil sie den Reichtum Eurer Gegner vermehren könnten?« Er hob beide Hände und ließ sie wieder sinken. »Bringt das irgendjemandem etwas? Lässt es Gott wohlwollend auf Euch hinablächeln? Ich habe all das getan und noch mehr, und meine Seele ist davon krank geworden.« Er drehte den rechten Unterarm zu sich und betrachtete die hervortretenden Adern. »Ich habe geschworen, Euch bis zu meinem letzten Atemzug zu dienen, und ich weiß, was Ihr von Männern haltet, die eidbrüchig werden.«
    Er zögerte so lange, dass leise Furcht in ihr aufstieg. »Und jetzt wollt Ihr Euren Eid brechen? Seid Ihr hier, um mir das zu sagen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, Herrin. Ich werde Euch so lange dienen, wie Ihr es wünscht.«
    Da Matilda den verzweifelten, gequälten Ausdruck in seinen Augen nicht ertragen konnte, wandte sie sich ab und rieb sich die Arme. Sie fror so entsetzlich. »Dann muss ich Euch auch etwas sagen. Der Bischof von Salisbury bedrängt mich immer noch, Devizes dem Bistum zurückzugeben. Ich habe ihm Wiedergutmachung versprochen und ihm mitgeteilt, dass ich ihm die Burg überlassen werde, sobald ich mich dazu in der Lage sehe.«
    »Ihr wollt ihm doch wohl nicht wirklich die Burg übergeben …« Plötzlich hörte sie wieder den alten Brian aus seiner Stimme heraus.
    »Nicht in naher Zukunft, natürlich nicht, aber ich muss zeigen, dass ich willens bin, mich zu versöhnen. Ich kann Stephen nicht vom Thron stürzen, dazu verfüge ich nicht mehr über genug Männer und fähige Befehlshaber. Wenn mir das schon mit Roberts Hilfe nicht gelungen ist, wie soll ich es dann ohne ihn schaffen? Es ist schon schwierig genug, eine Pattsituation aufrechtzuerhalten. Ich muss durchhalten, bis Henry alt genug ist, und das bedeutet, gute Beziehungen zur Kirche zu pflegen – zu anderen Würdenträgern als dieser Schlange Henry of Winchester.« Bei der Erwähnung des Bischofs kräuselte sich ihre Lippe verächtlich. »Theobald of Canterbury ist nicht gewillt, Stephens Sohn zum zukünftigen König zu krönen, und ich muss ihn in dieser Haltung bestärken. Jeder muss Henry als rechtmäßigen Erben Englands betrachten. Auch auf Stephens Lords muss ich Druck ausüben. Ich kann zwar keine Armee zusammenziehen, aber ich kann seine Macht untergraben. Ich führe jetzt eine andere Art von Krieg.«
    Sie hielt inne, um tief Atem zu holen. Hinter ihr knackten die Holzscheite im Kamin, und Brian schwieg; sie konnte seine Gegenwart lediglich spüren. »Meine Fehler kosten mich meine Krone«, sagte sie. »Aber selbst wenn ich den Thron bestiegen hätte, hätte ich mich nicht halten können. Eine Frau kann vielleicht Macht im Schatten ihres Mann ausüben, aber es ist ihr nicht gestattet, selbst zu herrschen.« Sie drehte sich um und sah ihn an. In seinem dunklen Reiseumhang mit der zurückgeschlagenen Kapuze ähnelte er einem Mönch, nur die Tonsur fehlte. »Sowie ich die nötigen Vorkehrungen getroffen und mit allen gesprochen habe, reise ich in die Normandie, um mir Unterstützung zu suchen. Ich gebe den Kampf nicht auf, aber um die militärischen Angelegenheiten muss sich jemand anders kümmern. Henry ist fast bereit, meinen Platz einzunehmen. Ich kann hier nichts mehr tun. Ich denke schon lange darüber nach, und nun, wo Robert tot ist, halte ich die Zeit für gekommen, das Seil loszulassen und anderswo wieder danach zu greifen.« Bei dem Wort »Seil« musste sie

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