Die Hueterin der Krone
Schauer über den Rücken.
»So war er schon immer. Meine Stiefmutter rät uns, noch eine Weile Geduld zu haben. Sie wird für uns tun, was sie kann.« Sie verschwieg ihm, dass Adeliza ihr mitgeteilt hatte, ihr Vater weigere sich, ihr überhaupt eine Burg zu überlassen, solange Geoffrey und sie noch keine Erben hatten.
»Er wird nicht auf sie hören«, sagte Geoffrey sie knapp. »Sie hat in solchen Dingen keinerlei Macht über ihn. Dein Vater braucht andere Menschen nur, wenn sie nach seiner Pfeife tanzen – und nur wenige kennen die Melodie, weil er sie nach Lust und Laune ändert und niemandem die Noten verrät. Er hat seine Barone schwören lassen, dir eines Tages als Königin zu huldigen, aber du kannst sicher sein, dass er seine anderen Pläne nicht aufgegeben hat.«
Matilda sagte nichts darauf, weil Geoffrey Recht hatte. Sie traute ihrem Vater nicht – jetzt noch weniger als zuvor. Aber an wen konnte sie sich sonst wenden? An Geoffrey? Sie verfolgten oft die gleichen Ziele, aber ihm traute sie auch nicht. Ihr Bruder Robert könnte sich für sie einsetzen, er kannte ihren Vater besser. Oder Brian, wenn er ihr Anliegen für rechtmäßig hielt, obwohl er ihrem Vater treu ergeben war. Aber Robert und Brian waren weit fort, und als einzige Maßnahme konnte sie Briefe schreiben, was ungefähr so viel nutzte, als spucke man in den Ozean.
Sie machte Anstalten, sich in ihre Kammer zurückzuziehen, doch Geoffrey fasste sie um die Taille.
»Vielleicht würde er sich überzeugen lassen, wenn wir ihm einen Erben präsentierten?«
Matilda versuchte sich von ihm loszumachen.
»Nicht jetzt«, wehrte sie ungeduldig ab. »Ich habe zu tun.«
»Aber doch sicher nichts Wichtigeres, als für einen Erben zu sorgen. Wenn ich von dir verlange, deinen ehelichen Pflichten nachzukommen, hast du zu gehorchen.«
Matilda erstarrte einen Moment in seinem Griff, doch als er sie zu küssen begann, schluckte sie ihren Ärger hinunter und gab nach. Geoffrey wusste, wie er sie erregen konnte, und das Vergnügen steigerte sich oft noch, wenn sie gereizt oder wütend war – als würde sie an einem juckenden Insektenstich kratzen. Er zog sie zum Bett. Sie spürte seine Hand an der Innenseite ihrer Schenkel und dann zwischen ihren Beinen, er streichelte, massierte, erforschte sie. Dann zischte er durch die Zähne, aber nicht vor Lust.
»Was ist das?«, wollte er erbost wissen, zog sich zurück und hielt das Stück Moos in die Höhe, das sie gewohnheitsmäßig während ihrer Morgentoilette eingeführt hatte.
Sie starrte ihn an; erschrocken, entsetzt und zornig, weil sie ertappt worden war, aber zugleich war sie seltsam erleichtert. »Nichts«, antwortete sie. »Eine Frauensache.«
»Eine Frauensache«, wiederholte er. »Was das ist, will ich wissen!«
»Ein Schutz, wenn der Schoß empfindlich ist.«
»Lüg mich nicht an«, fuhr Geoffrey sie an. »Ich weiß, was das ist. Ein Hurentrick, um eine Empfängnis zu verhindern, nicht wahr? Ich habe von derartigen Dingen gehört, aber ich hätte nicht gedacht, dass du zu so hinterhältigen Mitteln greifen würdest.« Er schleuderte das Moosstück in hohem Bogen durch das Zimmer.
Matilda schluckte und wartete stumm darauf, dass er sie schlug. Er würde sie prügeln, vielleicht sogar töten, was ihr mit einem Mal gar nicht so schlimm erschien. Oder vielleicht ersuchte er diesmal um eine Annullierung der Ehe.
»Warum?«, knurrte er, schloss eine Hand um ihren Hals und rollte sich auf sie. »Warum tust du das? Aus Bosheit? Hasst du mich wirklich so sehr, dass du mir einen Erben vorenthalten willst? Glaubst du, dass Gott dir diese Sünde verzeiht? Wer hat dich diese Dinge gelehrt? Deine Stiefmutter? Ist sie deswegen unfruchtbar? Ist sie auch so eine verlogene Hexe?«
»Nein!«, keuchte Matilda. Seine Hand schnürte ihr den Atem ab. »Adeliza weiß nichts davon. Es war allein meine Idee!« Und ja, sie hatte es teils aus Bosheit getan, teils in der Hoffnung, dadurch eine Annullierung zu erwirken, aber das behielt sie für sich, solange er die Hand um ihren Hals krallte und sein Körper über dem ihren von rasender Wut geschüttelt wurde. Aber es gab noch einen anderen Grund, der ihr die Tränen in die Augen trieb. »Ich …mein erster Sohn … er war …« Sie schluckte. »Er war missgebildet, und ich bin bei der Geburt fast gestorben … ich kann das nicht noch ein Mal ertragen …«
Er zog die Hand weg und barg den Kopf an ihrem Hals. Sie spürte, wie sich seine Brust hob und senkte und sein
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