Die Hueterin der Krone
Herz gegen ihre Rippen hämmerte.
»Dein erster Mann war alt«, sagte er nach einer Weile. »Und ich nicht, und mein Samen ist zeugungsfähig, auch wenn du verhindert hast, dass er Früchte trägt. Wenn es Gottes Wille ist, dass du im Kindbett stirbst, dann soll Sein Wille geschehen, aber du wirst mir Söhne schenken. Dieses Recht wirst du mir nicht verwehren!«
Er schob ihre Röcke zur Seite und drang mit einem kräftigen Stoß in sie ein.
»O ja, du wirst meinen Sohn tragen«, keuchte er.
Als er fertig war, lag Matilda auf dem Bett und starrte den Baldachin an, während er neben ihr nach Atem rang. Sie empfand keine Schmerzen, denn sie war für ihn bereit gewesen, aber der Akt hatte ihr kein Vergnügen bereitet. Hatte sie diesmal Glück gehabt? Würde aus dieser Vereinigung kein Kind entstehen? Jetzt, wo er ihr Geheimnis kannte, war sie verwundbar. Diesen Kampf hatte sie verloren, sie musste sich auf den nächsten vorbereiten. Wenn sie schwanger wurde, konnte sie bei der Geburt sterben, aber es wäre zumindest ein ehrenvoller Tod, und während der Schwangerschaft würde Geoffrey es nicht wagen, sie anzurühren. Wenigstens das war ein Vorteil.
Er rollte sich zur Seite und setzte sich auf.
»Zieh dich aus.« Seine Augen funkelten wie die eines Raubvogels.
»Bitte?« Sie sah ihn bestürzt und zugleich überrascht an.
Er deutete zu den offenen Fensterläden.
»Es regnet in Strömen«, sagte er. »Womit könnten wir uns einen verregneten Nachmittag besser vertreiben, als Politik für die Zukunft zu machen?«
Vor dem Leprahospital von Fugglestone, das sich an das Nonnenkloster Wilton anschloss, legte Adeliza dem letzten Kranken einen Laib Brot in die bandagierte Hand. Der Mann verbeugte sich und dankte ihr mit einem schiefen Lächeln. Um seine Schultern lag ein Umhang aus festem braunem Tuch, zusammengehalten von einer hübschen Bronzebrosche. Auch seine Tunika, die Hose und die Schuhe verdankte er der Mildtätigkeit der Königin, und nun hatte er noch Brot zu essen, und auf einem langen Tisch vor der Tür wartete ein Humpen Ale auf ihn.
Adeliza war die Patronin des Leprakrankenhauses, und sie hatte ihre Einkünfte aus den Pachteinnahmen von Shrewsbury dazu benutzt, um weitere Betten, Arzneien und Kleider für die an der schrecklichen Krankheit leidenden Patienten anzuschaffen. Ihre Vorgängerin, König Henrys erste Frau, hatte die Füße der Leprösen gewaschen, ihre Schwären geküsst und sie mit ihrem eigenen Haar getrocknet, aber ein solches Ausmaß an Frömmigkeit besaß Adeliza nicht. Sie hielt es für sinnvoller, diese armen Seelen mit praktischen Dingen wie Kleidern, Nahrung und einem Dach über dem Kopf zu versehen und für ihre Genesung zu beten.
Nachdem sie ihren Pflichten nachgekommen war, speiste sie mit der Äbtissin von Wilton und zog sich dann in das Gästehaus zurück. Das Kloster war ein friedlicher, spiritueller Zufluchtsort vor den Kümmernissen der Welt. Henry hatte eine leidenschaftliche Affäre mit der üppigen, flachshaarigen Schwester von Waleran de Meulan und seinem Bruder Robert begonnen, und Adeliza hatte beschlossen, die Augen davor zu verschließen und Fugglestone zu besuchen, solange die Affäre andauerte. Henry würde das Mädchen in sein Bett nehmen, sich bald mit ihr langweilen und sich eine neue Mätresse suchen. So war es jedes Mal.
Sie nahm auf dem gepolsterten Sitz am Fenster Platz und blickte über die Abteigebäude. Manchmal träumte sie davon, den Schleier und das Nonnengewand anzulegen, ein Kruzifix zu tragen und ein aufgeschlagenes Gebetbuch in der Hand zu halten, und dann fühlte sie sich unendlich traurig, aber auch von einem tiefen Frieden erfüllt.
Wie immer hatte William D’Albini auf der Reise nach Fugglestone ihre Eskorte befehligt. Sie hatte ihn draußen mit den Soldaten sprechen hören, und nun betrat er, gefolgt von seinem kleinen schwarzweißen Terrier, die Gästehalle. Er blickte in ihre Richtung und verbeugte sich, gesellte sich aber nicht zu ihr. Dafür war sie ihm dankbar, weil sie einen Moment lang allein sein und einen Brief lesen wollte.
Während Adeliza das Leprakrankenhaus besucht hatte, war ein Bote mit einer Nachricht von Matilda eingetroffen. Adeliza hatte das Schreiben beiseitegelegt. Zuerst wollte sie ihre Pflichten erfüllen, denn Briefe von Matilda waren immer ein Grund zur Freude. Den Moment auskostend, erbrach sie das Siegel, faltete das Pergament auseinander und begann zu lesen. Kurz darauf rang sie nach Luft, richtete sich auf und
Weitere Kostenlose Bücher