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Die Hueterin der Krone

Die Hueterin der Krone

Titel: Die Hueterin der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
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kaum zu ertragen. Er ließ sich dann nicht beruhigen; man musste ihm erlauben, sich auszutoben, und danach schlief er erschöpft ein. Die Ärzte meinten, es könnte an seinem feuerroten Haar liegen, das ihrer Meinung nach ein Zeichen für ein Ungleichgewicht der Körpersäfte war, aber daran ließ sich nichts ändern. Er war, wie er war. Zwischen seinen Wutanfällen zeigte er ein sonniges, umgängliches Wesen und einen Verstand, der Wissen aufsog wie ein Schwamm. Er war kräftig und robust und hatte den stämmigen Körperbau und die Vitalität seines Großvaters geerbt, ebenso wie dessen unerschöpfliche Energie. Matilda sah jetzt schon voraus, dass es der Rute bedurfte, damit er während der Unterrichtsstunden sitzen blieb. Sein kleiner Bruder hatte ein ruhigeres Naturell, musste aber ständig beaufsichtigt werden, seit er laufen lernte. Ihre Monatsblutung war überfällig, aber es war zu früh, um ganz sicher sein zu können. Sie hoffte inständig, aber wohl vergeblich, dass ihr eine dritte Schwangerschaft erspart blieb. Ihre Brüste schmerzten, und der Geschmack von Met verursachte ihr Übelkeit.
    An der Kammertür kam es plötzlich zu einem kleinen Tumult, dann stürmte ihr jüngerer Halbbruder Reynald herein.
    Matilda fuhr so erschrocken auf, dass sie die Parfümwasserschale von den Knien der Zofe fegte und der duftende Inhalt sich auf dem Boden verteilte.
    Reynalds Kleider waren von der Reise über die winterlichen Straßen schlammverschmiert, und der scharfe Wind hatte seine Wangen gerötet. Sie erhob sich, um ihn zu begrüßen. Ihr Haar fiel ihr offen über den Rücken, und als ihr bewusst wurde, dass sie nur ein Hemd trug, griff sie rasch nach einem Umhang, um sich zu bedecken.
    »Was ist passiert?«, fragte sie drängend. Das letzte Mal hatte sie ihn in Rouen gesehen, wo er ein behagliches Leben als Ritter im Gefolge ihres Bruders Robert führte, und dass er jetzt hier war, konnte nur bedeuten, dass etwas Furchtbares geschehen war.
    Unter der von Wind und Kälte herrührenden Röte wirkte Reynalds Gesicht grau vor Erschöpfung, als er vor ihr nie derkniete. »Schwester, ich bedauere es, schlechte Nachrichten überbringen zu müssen, aber unser Vater starb in seiner Jagdhütte an einer plötzlichen Krankheit.« Er zog einen Ring vom Mittelfinger seiner linken Hand und hielt ihn ihr hin.
    Matilda starrte den großen blauen Saphir an, einen der Lieblingssteine ihres Vaters. Sie spürte, wie ihr Atem für einen Moment aussetzte. Ihre Beine drohten unter ihr nachzugeben, und ihre Frauen streckten schon die Arme nach ihr aus, aber sie zwang sich, aufrecht stehen zu bleiben, lehnte Wein ab und weigerte sich, sich hinzusetzen.
    »Erzähl mir alles«, bat sie.
    Reynald berichtete ihr, was er wusste. Viel war es nicht, denn er war zwar Henrys Sohn, aber nicht unmittelbar in das Geschehen involviert. Doch es reichte zu wissen, dass ihr Vater tot war und Verräter behaupteten, er habe sie kurz vor seinem Hinscheiden von dem Eid entbunden, den sie ihr und ihrem Sohn geleistet hatten. Noch niederschmetternder war, dass Reynald ihr die Nachricht überbrachte und keine Abordnung, die ihr die Krone von England und das Herzogtum Normandie darbot. Das mochte zwar noch geschehen, aber die Vorzeichen verhießen nichts Gutes. Alles, was sie in der Hand hatte, war der Ring ihres Vaters – bloßer Tand.
    »Warum hat niemand nach mir geschickt, als er krank wurde?«, wollte sie wissen.
    Reynald schüttelte den Kopf. »Erst dachten wir, er würde wieder gesund, und dann … ich weiß es nicht.« Er senkte den Kopf und machte ein betretenes Gesicht.
    »Ich schon«, versetzte sie mit zorniger Verachtung. Männern, die alle um höhere Posten kämpften, mussten die Rechte einer Frau in Anjou und eines Kinderprinzen fern und unbedeutend erscheinen – ein Geschenk des Himmels, wenn andere Ziele verfolgt wurden. Sie wandte sich von Reynald ab, schritt durch das Zimmer und versuchte nachzudenken, aber ihr Verstand glich einem Labyrinth voller Sackgassen.
    »Das ist noch nicht alles«, fuhr Reynald unglücklich fort. »Kaum eine Stunde nach dem Tod unseres Vaters verließ William Martel auf einem schnellen Pferd den Hof.«
    Matilda blieb stehen. Einen Moment lang herrschte in ihrem Kopf absolute Leere, als sich auch das Labyrinth in Nichts auflöste. Sie spürte den harten Druck des Rings in ihrer Handfläche.
    »Schwester?« Reynald räusperte sich.
    Das Bewusstsein kehrte so blitzartig zurück, wie die Sonne hinter einer Wolke

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