Die Hueterin der Krone
müssen.«
Adeliza starrte ihn ungläubig an. Seine Worte schienen ihr die Luft abzuschnüren. Sie öffnete den Mund, um Fragen zu stellen, zu widersprechen, brachte aber keinen Ton heraus. Der Rand ihres Blickfelds verdunkelte sich, und sie begann zu schwanken.
»Madam!« Sie hörte seinen Ausruf und spürte die Kraft seiner Arme, als er sie auffing. Er rief nach Hilfe, dann führte er sie zu der Bank am Feuer, während Juliana hastig zu ihr eilte. Adeliza wusste, dass sie wieder atmete, denn der Ekel erregende Gestank verbrannter Federn stieg ihr in die Nase. Sie versuchte, an einem Becher mit heißem, mit Honig gesüßtem Wein zu nippen, den ihr jemand in die Hand gedrückt hatte, aber ihre Zähne klapperten zu stark. Es war nicht wahr, redete sie sich ein. Es konnte einfach nicht wahr sein.
»Ich habe nach Eurem Kaplan geschickt, Madam«, sagte Will.
Sie nickte. Ihr war übel. »Wiederholt es noch mal. Ich kann es nicht glauben. Er wurde krank, sagt Ihr?«
»Ja, Madam. Spätabends nach einem Jagdtag. Er hatte gut gespeist … das hatten wir alle, aber mein Herr vor allem. Es gab Neunaugen, sein Leibgericht. Er muss einen schlechten Fisch gegessen haben, weil er des Nachts Durchfall und Fieber bekam. Sein Arzt sagte, Neunaugen wären ihm noch nie gut bekommen.«
»Er muss danach aufstoßen«, bestätigte Adeliza mit tonloser Stimme. »Aber normalerweise hat er nur einen verdorbenen Magen.«
»Sein Zustand verschlechterte sich, und dann wurde klar, dass sein Leben in Gottes Hand lag, und er hat ihn zu sich gerufen. Man konnte nichts mehr für ihn tun.«
Adeliza stieg der Mageninhalt in die Kehle. Sie schlug eine Hand vor den Mund, entschuldigte sich und übergab sich heftig in die in die dicke Mauer eingelassene Latrinerinne.
»Ist alles in Ordnung, Madam?« Sie spürte, wie sich Julianas Arm um ihre Taille schlang.
Adeliza nickte. »Keine Federn mehr.« Sie schluckte hart. Henry war tot, und sie kam sich vor, als wäre ein Stück aus ihr herausgerissen worden. »Ich war nicht da, um ihm beizustehen. Er ist gestorben, und ich war nicht da.«
»Madam …«
Sie wandte sich zu Juliana und schüttelte den Kopf, und nachdem sie ihr Kleid glatt gestrichen und sich den Mund mit Wein ausgespült hatte, kehrte sie in die Halle zurück. William D’Albini saß mit dem Rücken zu ihr auf der Kaminbank und fuhr sich geistesabwesend durch seine wirrren Locken. Sie musste noch mehr in Erfahrung bringen, aber nicht hier.
»Führe ihn in meine Kammer«, wies sie Juliana an. »Ich will unter vier Augen mit ihm sprechen.«
Adeliza nahm in der Fensternische Platz, wo das Tageslicht noch klar war, und faltete unter dem dicken Pelz ihres Umhangs die Hände im Schoß. Will D’Albini wurde in den Raum geleitet und blieb zögernd an der Tür stehen. Dann räusperte er sich, straffte die Schultern und kniete vor ihr nieder. Seine Miene zeugte von grimmiger Entschlossenheit.
Sie bat ihn, sich zu erheben und auf der anderen Seite der Nische Platz zu nehmen.
»Es tut mir leid, dass Ihr Euch so quält, Madam.«
»Ich hätte bei ihm sein sollen«, flüsterte sie.
»Ihr hättet nichts tun können, er hatte die bestmögliche Pflege. Er äußerte den Wunsch, in Reading begraben zu werden, und die anwesenden Earls schworen, seinen Leichnam dorthin zu begleiten und beisammenzubleiben, bis sie ihre Pflicht ihm gegenüber erfüllt hätten. Aber erst bringen sie ihn nach Rouen.«
»Ist ein Bote zu der Gräfin von Anjou gesandt worden?«
»Soweit ich weiß, ja, Madam.« Er blickte nervös zum Fenster und wandte sich wieder zu ihr. »Madam … der König hat seine Tochter nicht als seine Nachfolgerin benannt.«
Adeliza starrte ihn verblüfft und bestürzt an. »Wen denn dann?«
»Ich weiß es nicht. Hugh Bigod sagte nur, er hätte gehört, dass der König seine Lords von dem Eid entbunden hat, den sie der Gräfin und ihrem Sohn geleistet haben.«
»Hugh Bigod?« Adelizas Stimme zitterte. »Warum sollte der König so etwas zu ihm sagen? Er ist nur ein Höfling, kein enger Vertrauter. Wenn mein Mann eine so außergewöhnliche Entscheidung getroffen hätte, hätte er sie durch einen Priester verkünden und von Männern wie dem Earl of Gloucester bestätigen lassen.«
Wills Röte vertiefte sich. »Mehrere Leute haben abwechselnd bei ihm gewacht. Und der König hat öffentlich in einer Ratsversammlung verkündet, dass der Graf und die Gräfin von Anjou ihm große Scherereien bereitet haben und er seine Pläne für die Zukunft
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