Die Hueterin der Krone
verbünden können. Der König der Schotten war zu weit weg, um sofort zu Hilfe zu kommen, und Matilda befand sich im fernen Anjou. Was für einen Sinn hatte es, eine Rebellion zu wagen, wenn man keinen Anführer hatte, der eine Richtung vorgab? Er konnte auch nicht mit Robert of Gloucester sprechen, weil Robert sich noch in der Normandie aufhielt. Er lehnte sich nicht offen gegen Stephen auf, war aber auch noch nicht zum Hof gekommen, um das Knie vor seinem Thron zu beugen.
Sowie der frühere König in sein Grab vor dem Altar hinabgelassen worden war, strömte die Trauergemeinde langsam in den kalten Januartag hinaus.
Waleran de Meulan blieb neben Brian stehen und warf ihm einen berechnenden Blick zu.
»Nun«, sagte er ruhig. Sein Atem bildete kleine Wölkchen in der Luft. »Die Angelegenheit ist erledigt, und wir können unseren Weg unter einem neuen Herrscher fortsetzen. Ich für meinen Teil bin froh, hier wegzukommen. Den Einbalsamierern ist es nicht besonders gut gelungen, die Vergänglichkeit alles Irdischen zu kaschieren.«
»Er hätte Besseres verdient«, sagte Brian.
De Meulan zuckte die Achseln. »Darauf kommt es jetzt wohl kaum noch an.«
»Doch, Mylord. Wir schulden jedem Mann Respekt, ob er nun lebt oder tot ist.« Brian ärgerte sich über de Meulan. Seit de Meulans Hausarrest in Wallingford gab es Spannungen zwischen ihnen, und in den darauffolgenden Jahren war ihre Antipathie ständig gewachsen. Waleran und sein Zwillingsbruder wollten unbedingt die alleinige Gunst des Königs erringen, und wer nicht zu ihren Anhängern gehörte, wurde an den Rand gedrängt und ausgegrenzt.
Waleran schlang die Hände um seinen Gürtel und schob gebieterisch ein Bein vor.
»Für Euch muss sich die Lage jetzt schwierig gestalten«, stichelte er. »Ihr habt keine Verwandten, auf die Ihr Euch verlassen könnt, nur die Eurer Frau, von denen keiner irgendwie zählt.« Ein boshafter Blick traf Brian. »Ihr habt keine Erben, und das Land, das König Henry Euch zugestanden hat, fiel Euch nur durch Eure Heirat zu. Es war ein Geschenk des Königs, und Geschenke können zurückgefordert werden, wenn es ein Vasall seinem Lehnsherrn gegenüber an Loyalität fehlen lässt.«
»Soll heißen?«, fragte Brian eisig. »Lasst uns mit offenen Karten spielen, Mylord.«
Waleran zuckte die Achseln. »Was ich meine, liegt doch auf der Hand, FitzCount. Ihr mögt ein Spross des Hauses Brittany sein, aber Ihr seid wie Lord Gloucester ein Bastard, und Eure Macht hängt noch stärker als seine von der Großzügigkeit des Königs ab. Er hat Euch aus der Gosse geholt, und in der Gosse könnt Ihr auch wieder landen.«
Brian musterte ihn angewidert. »Das kann jedem passieren.«
»Einigen eher als anderen.« Mit einem Kopfnicken gesellte sich Waleran zu seinem Zwillingsbruder Robert de Beaumont und Hugh Bigod, der sich wie ein plumper Hahn aufplusterte. Brian blieb einen Moment lang allein zurück, was Walerans Bemerkung noch unterstrich. Doch einen Augenblick später trat Miles FitzWalter zu ihm, der Kastellan von Hereford, ein zäher, pragmatischer Kriegsherr, der die Grenzen sicherte.
»De Meulan sollte aufpassen«, sagte er freundlich. »Wer den Kopf zu hoch trägt, sieht die Scheiße am Boden meist erst, wenn er hineingetreten ist.«
Brian grunzte mit widerwilliger Belustigung. »Es ist Euch also auch aufgefallen, Mylord?«
»Vor den verschiedenen Parteien am Hof muss man immer auf der Hut sein«, erwiderte Miles. »Ich an Eurer Stelle würde mich nur sehen lassen, wenn es unbedingt notwendig ist, und so viel Zeit wie möglich auf meinem Besitz verbringen.«
Brian nickte. »Ich denke schon länger, dass ich mich mehr um Wallingford kümmern müsste. Die Gebäude müssen inspiziert und teilweise repariert werden, und meine Frau beklagt sich, dass sie mich nie zu Gesicht bekommt.« Bei den letzten Worten musste er sich eine Grimasse verkneifen. »Wie steht es denn mit Euren eigenen Angelegenheiten, Mylord?«
Miles fuhr sich durch sein schütteres sandfarbenes Haar und lächelte angespannt. »Als Soldat lege ich Wert darauf, dass alles seine Ordnung hat. Manchmal muss man rasch zuschlagen, wie unser König es auf so bewundernswerte Weise demonstriert hat, und manchmal empfiehlt es sich, vorsichtig vorzugehen. Genau wie Lord Gloucester im Moment.« Er blickte in Stephens Richtung, der von den Beaumont-Brüdern, Bigod und den Bischöfen von Salisbury und Winchester flankiert wurde. »Aber er wird sich irgendwann entscheiden müssen.
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