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Die Hueterin der Krone

Die Hueterin der Krone

Titel: Die Hueterin der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
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damit das einzig Richtige zu tun. Sie schrieb, wie sehr sie um Henry trauerte und wie sehr sie es bedauerte, ihm während ihrer gemeinsamen Zeit keine bessere Frau gewesen zu sein. Und sie schrieb, dass sie sich um Henrys und ihres eigenen Seelenheils willen nach Wilton zurückziehen und vielleicht irgendwann den Schleier nehmen würde.
    »Er hat dich nicht verdient.« Matilda wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Warum nur erkennst du deinen eigenen Wert nicht?« Sie ärgerte sich über Adeliza, weil diese den Weg des Rückzugs wählte – diese Möglichkeit käme für sie nicht in Frage, selbst wenn sie den Wunsch verspürt hätte, und sie war wütend auf ihren Vater. Und traurig, weil sie ihm jetzt nicht mehr sagen konnte, was sie dachte, und keine Möglichkeit hatte, ihm zu beweisen, dass sie eine weit bessere Herrscherin abgab als einer seiner Söhne.
    Sie griff wieder nach dem Brief und betrachtete die zerlaufene Schrift, die vor wenigen Momenten noch so zierlich und klar gewesen war. Adeliza würde es missfallen, ihren sorgsam verfassten Brief in diesem Zustand zu sehen. Matilda faltete das Pergament zusammen und legte es auf die Truhe neben ihrem Bett. Ihre Stiefmutter mochte in einem Kloster Zuflucht suchen, aber sie war immer noch eine Königinwitwe, sie war noch jung, und Trauer war nicht alles im Leben. Trauer war lediglich der Moment, bevor man den Faden verknotete und einen neuen einfädelte. Und dann entschied man, was man als Nächstes nähen wollte.

22
    Abtei Reading, Berkshire, Januar 1136
    Brian stand, in einen pelzgefütterten Umhang gehüllt, aufrecht da und atmete flach durch den Mund. Weder das kalte Wetter noch der schwere Weihrauchduft konnten den Verwesungsgeruch überdecken, der von dem in violette Seide eingeschlagenen Sarg vor dem Altar der Abtei Reading ausging. Die Bleisiegel der letzten Ruhestätte des sich auflösenden Leichnams des alten Königs waren undicht, und an einer Stelle sickerte eine faulige schwarze Flüssigkeit heraus. Man hatte eine Schale daruntergestellt, in die ab und an ein Tropfen fiel. Henry war seit über einem Monat tot. In Rouen hatte man ihm die Eingeweide entnommen und in der Kathedrale bestattet. Sein Körper war mit Salz gefüllt, in eine Stierhaut eingewickelt, dann in den Sarg gelegt und nach England gebracht worden, als der Wind endlich günstig für die Überfahrt war. Während dieser langen Zeit hatte das Salz dem Körper die Flüssigkeit entzogen, und nun tropfte die widerliche Lake in eine Schüssel auf dem Boden der Abtei, während der Erzbischof von Canterbury die Totenmesse zelebrierte.
    Stephen trug die Krone, die ihm vor zwei Wochen in Westminster auf das Haupt gesetzt worden war, und nahm eine königlich-würdevolle Haltung ein. Er hatte geholfen, die Bahre mit dem Sarg in die Kirche zu tragen. Henry, Bischof von Winchester, und Roger, Bischof von Salisbury, waren beide in juwelenbesetzte Roben gehüllt, die den Gegenwert einer kleinen Baronie darstellten. Ihre Gesichter waren ernst, doch in der Miene vieler der hier Versammelten spiegelte sich eine Selbstgefälligkeit wider, die fast noch abstoßender war als der Gestank des Sarges.
    Brian hegte keinen Zweifel daran, dass sich Stephen die Krone von England und das Herzogtum Normandie unrechtmäßig angeeignet hatte, obwohl er wie alle anderen das Knie gebeugt und ihm die Treue geschworen hatte. Henrys Leichnam war noch warm gewesen, als Stephen bereits mit dem Schiff aus Wissant eingetroffen war und Ansprüche auf den Thron erhoben hatte, und wenn das kein abgekartetes Spiel gewesen war, würde Brian seine roten Lederstiefel samt Silberschnüren verspeisen.
    Stephen hatte so schnell die Macht übernommen, dass niemand Zeit zum Nachdenken gehabt hatte. Die Londoner und die Bürger von Winchester hatten sich auf seine Seite gestellt, Canterbury und Dover ihre Tore verschlossen, aber nur so lange, bis bekannt wurde, dass Stephen Zugang zu den Schätzen von Winchester hatte. Hugh Bigod schwor bei seiner Seele, dass Henry seine Barone auf dem Sterbebett von dem Eid entbunden hatte, was Brian nicht glaubte, weil es nicht Henrys Art war. Vermutlich hatte Henry überhaupt nichts gesagt, da er sich bis zum letzten Atemzug an die Macht geklammert hatte.
    Henrys plötzlicher Tod hatte Brian den Boden unter den Füßen weggezogen. Ihm war keine andere Wahl geblieben, als Stephen die Treue zu schwören, weil alle anderen dasselbe getan hatten und es niemanden gab, mit dem er sich hätte

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