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Die Hueterin der Krone

Die Hueterin der Krone

Titel: Die Hueterin der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
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Ich für meinen Teil werde abwarten und sehen, was für ein König uns vor die Nase gesetzt worden ist, während ich den Tod eines wirklich großen Herrschers betrauere. Ich bezweifle, dass Ihr oder ich zu unseren Lebzeiten noch einmal einen solchen Mann erleben werden.«
    »Madam.« Die Nonne deutete durch die offene Tür in die vorbereitete Kammer.
    Adeliza blickte sich um, als sie über die Schwelle trat. Der Raum war spärlich, aber für ihre Bedürfnisse ausreichend möbliert und sauber. Es roch nach frischer Kalktünche, und als sie die Wand berührte, blieb ein weißer Farbfleck an ihren Fingerspitzen zurück. Kupferbecken mit glühender Kohle waren aufgestellt worden, um die Luft zu erwärmen, und aromatischer Rauch kräuselte sich zu den Deckenbalken empor. Auf dem Bett lag eine Daunenmatratze, darauf ein Leinenlaken, eine Decke und zwei große, weiche Kissen. Mehr brauchte sie nicht; nur einen ruhigen Ort, an den sie sich zurückziehen konnte, um zu beten und sich mit den einschneidenden Veränderungen in ihrem Leben abzufinden.
    Fünfzehn Jahre lang war sie Königin von England und Gefährtin des größten Königs des Christentums gewesen. Nun war all das dahin. Geblieben waren ihr die zu ihrer Mitgift gehörenden Landsitze und ihr Stammbaum, aber sie war nicht mehr der Mittelpunkt des höfischen Lebens. Bei ihrer Hochzeit mit Henry war sie fast noch ein Kind gewesen. Jetzt musste sie die Frau in dem Mädchen entdecken, und wenn das hieß, Nonne zu werden, dann sollte es so sein. Es gab so viele Dinge auf der Welt, die in ihr den Wunsch auslösten, sich von ihr abzuwenden und ein auf innere Werte konzentriertes Leben zu führen. Sie würde Matilda schreiben und tun, was sie konnte, um ihr beizustehen und ihr Trost zu spenden, weil sie als Stiefmutter immer noch Verantwortung für sie trug, aber abgesehen davon würde sie das Leben in Wilton willkommen heißen und dafür sorgen, dass das benachbarte Leprahaus in Fugglestone florierte. Sie würde ihre kostbaren Seidengewänder fortpacken und vor Gott demütig und bescheiden auftreten, und im Laufe der Zeit tat Gott ihr sicherlich kund, was Er von ihr verlangte.
    Matilda kniff die Augen fest zusammen und nahm all ihre Kraft zusammen, um das Baby herauszupressen. Hinter den Mauern des großen Bergfrieds von Argentan herrschte eine stickige Julihitze, und obwohl die dicken Steine die schlimmste Hitze fernhielten, klebte ihr das schweißnasse Haar am Kopf, und ihr Körper glänzte, als wäre er mit Öl eingerieben. Wie immer dauerten die Wehen lange, und sie hatte mehrfach zur Muttergottes gebetet, ihr zu helfen, dieses dritte Kind gesund zur Welt zu bringen. Geoffrey hatte die letzten Monate größtenteils in einem Zelt auf dem Schlachtfeld verbracht. Jetzt war es an ihr zu kämpfen.
    Die Hebamme wies sie an, nicht zu pressen, sondern tief zu atmen. Sie gehorchte, spürte einen zerrenden Schmerz zwischen den Beinen und dann plötzliche Erleichterung. Einen Moment später hielt die Frau ein greinendes, mit Schleim bedecktes Baby in die Höhe. »Ein schöner Junge«, sagte sie strahlend. »Madam, Ihr und Euer Lord habt einen weiteren Sohn.«
    Matilda sank erschöpft in die Polster. »Geoffrey wollte diesmal eine Tochter, um sie politisch vorteilhaft verheiraten zu können«, stieß sie keuchend, aber lächelnd hervor. »Er wird mich widerborstig nennen, aber sich sicherlich nicht weiter beklagen.« Tatsächlich vermutete sie, dass seine prahlerische Seite wieder zum Vorschein kommen und er wie ein stolzer Gockel auf jedem Misthaufen der Umgebung lauthals krähend verkünden würde, drei Söhne gezeugt zu haben – der greifbare Beweis für die anhaltende Kraft seines Samens.
    »Wie soll er heißen, Madam?«
    »William«, erwiderte sie ohne zu zögern. »Nach seinem Großvater, der England und die Normandie erobert hat.«
    »Nicht Fulke, nach dem Vater des Grafen?«
    Matilda warf der Hebamme einen strafenden Blick zu, beschloss jedoch, sie nicht dafür zu tadeln, dass sie es gewagt hatte, ihre Entscheidung in Frage zu stellen. »Es reicht, dass ich einen nach seinem angevinischen Erbteil benannten mittleren Sohn habe«, erwiderte sie kurz. »Mein Schwiegervater mag ja der König von Jerusalem sein, aber Jerusalem ist weit weg – England und die Normandie nicht.«
    »Ja, Madam.« Die gescholtene Frau beeilte sich, die Nabelschnur zu durchtrennen, und reichte das Baby ihren Helferinnen, damit sie es wuschen, während sie sich um die Nachgeburt kümmerte. Matilda

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