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Die Hüterin der Quelle

Die Hüterin der Quelle

Titel: Die Hüterin der Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Welt. Ich wollte, dass sie sich dort zu Hause fühlt.«
    »Bestenfalls eine angeheiratete Enkelin«, korrigierte der Drutenkommissar. »Marie Sternen ist meines Wissens die zweite Frau des Krippenschnitzers Sternen – und das erst seit ein paar Jahren.«
    Pankraz Haller machte eine halbe Drehung zu ihm. Seine Worte jedoch waren einzig und allein an Adam Thies adressiert.
    »Marie musste in ihrer Jugend eine Enttäuschung überwinden, an der sie lange zu kauen hatte. Mir hat der zweite Kandidat ebenso wenig zugesagt wie der erste. Und hätte ich entscheiden dürfen, sie lebte bis heute beschützt und in Frieden unter meinem Dach. Aber Väter können nun mal leider nicht bestimmen, was ihre erwachsenen Kinder zu tun oder zu lassen haben.«
    Der Weihbischof wurde hellhörig.
    Pankraz sah es daran, wie seine Augen neugierig zwischen Thies und ihm hin- und herflogen, und schon jetzt bereute er seine patzige Offenheit. Er mochte den jungen Jesuiten nicht, hatte ihn noch nie leiden können, aber vielleicht war Maries einstige Jugendliebe heute sein einziger Verbündeter.
    »Wieso sagtet Ihr vorhin vermutlich genommen?«, setzte Thies gelassen die Befragung fort. Wenn ihm die Erwähnung Maries eben unangenehm gewesen war, so ließ er sich nichts davon anmerken. »Seid Ihr Euch nicht sicher?«
    »Dabei war ich nicht. Deshalb kann es lediglich eine Vermutung sein.«
    »Ihr wollt von alldem nichts bemerkt haben?«, schaltete sich der Weihbischof ein. »Wer soll Euch das glauben?«
    »Mein Bund hat so viele Schlüssel«, sagte Haller. »Die kann ich unmöglich ständig kontrollieren. Weshalb sollte ich auch? Bislang war ja noch nie einer weggekommen.«
    »Doch eines Tages war der Schlüssel wieder am Bund«, fuhr Vasoldt fort. »Könnt Ihr uns sagen, auf welche Weise sich das vollzogen hat?«
    »Wohl auf die gleiche Weise, auf die er auch verschwunden ist«, sagte der Braumeister. »Selina hat ihn vermutlich zurückgegeben, weil sie ihn nicht mehr brauchte. Sie hatte die alte Tür aufgeschlossen und sich damit die Möglichkeit verschafft, jederzeit und unbemerkt den stillgelegten Stollen zu betreten.«
    »Aber der Felsenkeller war doch verschlossen«, fuhr Förner dazwischen, »als man das tote Kind entdeckt hat! Das hat Georg Schneider beeidet, ein frommer, gottesfürchtiger Mann, und seiner Aussage zu misstrauen haben wir keinerlei Anlass.«
    »Ja, weil er ihn eigenhändig verrammelt hat«, sagte Pankraz. »Mit seinem eigenen Schloss. Er ist ja schon halb verrückt vor lauter Hexenangst! Schneider konnte freilich nicht wissen, dass dort unten ein Kind war.«
    »Was noch zu beweisen wäre!« Förners Stimme klang giftig. »Vielleicht war es ja gar nicht Menschenhand, sondern giftiges Drutenwerk, was das alles bewerkstelligt hat, und welche Bedeutung haben dann noch Schlösser und Schlüssel? Diese Scheusale können Mauern durchdringen, Eisen zum Schmelzen bringen, Steingebäude verrücken. Wer einmal in ihren Bann geraten ist, der muss …«
    »Wir sollten uns an die Tatsachen halten, Monsignore«, unterbrach ihn Adam Thies ruhig, aber bestimmt. »Das macht es leichter – für uns alle.«
    »Darf ich darauf hinweisen, dass mein Tag mit Arbeit stets gut ausgefüllt ist«, fuhr Haller fort. Inzwischen flossen wahre Bäche unter seinen Achseln. Er war froh, dass der dicke Wollrock nichts davon verriet. »Noch ein Grund, weshalb ich auf den Schlüssel nicht hab achten können. Die Brauerei, wie Ihr wisst, die Gaststube, die täglich gut besucht ist. Mein Amt im Rat, das ich seit vielen Jahren innehabe. Seit einiger Zeit darf ich nun auch noch das Bier für die Tafel des Fürstbischofs liefern …«
    »Beruft Euch darauf nur nicht allzu sehr!«, unterbrach ihn Förner grimmig. »Denn sollte auch nur ein einziges Verdachtsmoment gegen Euch bestehen bleiben, wird er sich eher heute als morgen einen neuen Brauer suchen!«
    Er griff nach dem Becher, der vor ihm stand, leerte ihn in einem Zug. Neidisch starrte Pankraz Haller auf den Krug. Sein Mund war trocken, die Zunge rau. Wie gern hätte er sich auch mit etwas Kühlem erfrischt, aber es schien ihm nicht geraten, ausgerechnet jetzt danach zu fragen.
    »Woher stammt eigentlich Eure Gerste, Haller?«, fuhr Vasoldt fort. »Diese Frage beschäftigt uns.«
    »Aus verschiedenen Quellen.« Der Braumeister schwitzte noch heftiger. »Es gibt für alles Belege. Aber die führe ich selbstredend nicht ständig mit mir.«
    »Dann habt Ihr nicht unter der Missernte des vergangenen Sommers zu

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