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Die Hüterin der Quelle

Die Hüterin der Quelle

Titel: Die Hüterin der Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Thies hattest du Recht. Deine Skepsis ihm gegenüber war angebracht.«
    »Was hat Adam denn getan?«
    »Frag lieber, was er nicht getan hat«, sagte der Kanzler. »Manchmal weiß ich inzwischen nicht mehr, auf welcher Seite er steht. Im Fall deines Schwiegersohns jedenfalls hat er versagt.«
    »Das wird Marie treffen. Sie hat große Hoffnungen in ihn gesetzt«, sagte Pankraz. »Dann hat Adam sie wohl zum zweiten Mal enttäuscht.«
    »Das kann man sagen!« Der Kanzler sah bedrückt aus. »Ihr müsst jetzt sehr tapfer sein, du und deine Marie. Denn sie haben Veit übel zugerichtet.« Er zog ein Papier aus der Tasche. »Ich wollte es dir persönlich bringen«, sagte er. »Damit du sie wenigstens vorbereiten kannst.«
    Der Braumeister faltete es auseinander und begann zu lesen.
    »Das hat er geschrieben?«, sagte er. »Das klingt ja zum Gotterbarmen!«
    »Diktiert, nicht geschrieben«, erwiderte der Kanzler. »Und frag mich nicht, wie Sternen es überhaupt zustande gebracht hat, diese Zeilen heimlich aus dem Loch zu bekommen. Zum Schreiben, fürchte ich, wird er niemals wieder imstande sein.«

    Ich wünsche euch von Herzen eine gute Nacht, meine liebe Frau Marie, meine Tochter Selina, Simon, mein Sohn. Ich bin zu Unrecht in dieses Gefängnis gekommen, ich bin zu Unrecht gefoltert worden, und zu Unrecht muss ich sterben. Denn wer hierher geschleppt wird, der wird zwangsläufig zur Drute, oder er wird so lange gefoltert, bis er sich selber etwas Derartiges ausdenkt, falls ihm, mit Gottes Hilfe, etwas einfällt …
    Maries Hände zitterten.
    »Lies du weiter, Vater!«, bat sie. »Vor meinen Augen verschwimmt alles!«
    Sie glauben der Pacherin mehr als mir, und was Agnes alles über mich gesagt hat, kann und will ich hier nicht wiederholen. Ich bin ein schwacher Mann, Marie, stets gewesen, der dem Zauber der Frauen immer wieder erlegen ist, und inzwischen verabscheue ich mich dafür. Aber ich bin kein Teufel, habe niemals ein Weib genötigt oder zu etwas Bösem gezwungen. Seitdem ich lebe, habe ich Gott geliebt und mich bemüht, seine Gebote zu achten. Seit vielen Jahren haben meine Hände nichts anderes geschnitzt als Hirten und Könige, Engel und Schafe, als das Jesuskind, Maria und Joseph. Das hab ich auch den Herren Drutenkommissaren gesagt, offenbar überzeugend, denn ich dachte schon, ich hätte sie von meiner Unschuld überzeugt und sie würden mir Glauben schenken …
    Pankraz Haller hielt inne.
    »Jetzt kommt das Schlimmste«, sagte er. »Seid ihr sicher, dass ihr das wirklich hören wollt?«
    Marie und Selina verständigten sich mit einem schnellen Blick, bevor sie beide nickten. Die Knöchel an ihren Händen waren weiß vor Anspannung.
    Aber Förner hat es nicht zugelassen. Wieder und wieder hat der Weihbischof seine Fragen gestellt, Fragen, so schlüpfrig und hinterhältig wie Schlangennester, bis ich mich mit meinen Antworten immer mehr verheddert habe. Als ich gar nicht mehr weiterwusste, hat er den Henker geholt. Und der, gütiger Gott im höchsten Himmel erbarme dich meiner, legte mir die Fingerschrauben an …
    »Sie haben ihm die Hände gebrochen!«, schrie Marie. »Seine wunderbaren Schnitzerhände!«
    Auch aus Selinas Mund brach ein rauer Schrei. »Das darf er nicht!« Sie sprang auf und begann wie eine Wahnsinnige im Zimmer auf und ab zu laufen. »Wieso tut er das? Was hat Vater ihm denn getan?«
    »Der Henker ist der Gehilfe der Malefizkommissare«, sagte Pankraz. »Sie geben die Anordnungen. Er führt sie lediglich aus. Und wird dafür bezahlt.«
    »Jetzt bleibt uns nur noch Simons Plan.« Marie machte sich nicht die Mühe, die Tränen abzuwischen. »Worauf haben wir uns da nur eingelassen, Vater? Das Schicksal eines Menschen ruht auf den Schultern von ein paar Holzfiguren!«
    »Ich möchte, dass ihr wenigstens die nächste Zeit bei mir wohnt«, sagte Pankraz. »Bitte, Marie! Ich würde mich besser fühlen, wenn ich euch unter meinem Dach wüsste.«
    »Danke, Vater, aber wir bleiben hier.«
    »Wenn es wegen Hanna ist …«
    »Ist es nicht. Aber hier ist unser Zuhause. Von hier aus werden wir kämpfen.«
    »Ich werde noch einmal mit Kilian Haag reden.« Er konnte ihr weißes, winziges Gesicht kaum noch ertragen. Ebenso wenig wie die roten Augen Selinas. »Ich gehe zu ihm. Auf der Stelle! Ihm muss noch etwas einfallen.«
    »Mach das.« Maries Tonfall verriet, wie wenig sie sich davon versprach.
    »Kann ich euch denn überhaupt allein lassen?«
    »Simon ist bald zurück. Er wird uns

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