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Die Hüterin der Quelle

Die Hüterin der Quelle

Titel: Die Hüterin der Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Eure Krippe, Exzellenz, wie Ihr geplant hattet, so könnten sie …«
    »Erinnere mich bloß nicht daran! Selten zuvor bin ich so enttäuscht worden. Der alte Sternen war mir ja von Anfang an suspekt, aber der Junge – welche Erwartungen hatte ich in ihn gesetzt!« Gereizt sah er zu Keller hinüber, weil der sich zu seinen Unterlagen gebeugt hatte. »Was raschelst du da unten eigentlich ständig herum? Kannst du nicht einmal an einem Tag wie heute Ruhe geben?«
    »Nein, Exzellenz. Ich fürchte, das kann ich nicht.«
    »Hast du noch immer nicht genug, Keller? Obwohl so viele deiner Vorhersagen völlig danebenlagen?« Der beißende Spott in seiner Stimme war unüberhörbar. »Ginge es nach dir, wäre Förner längst entmachtet. Doch in Wirklichkeit wütet er entschlossener denn je. Wo sind denn seine Schwierigkeiten, die du so eifrig prognostiziert hast? Seine Bedrängnis? Ich kann nichts davon erkennen. Lassen deine Sterne und Planeten dich etwa im Stich?«
    Damian Keller lächelte.
    »Vergesst Förner in dieser Nacht, Exzellenz! Denn Wunderbares ereignet sich gerade. Ihr werdet staunen, wenn ich es Euch sage!«
    »Für Wunder bin ich heute schon zu müde.« Fuchs von Dornheim gähnte. »Ich werde bald zu Bett gehen. Das Beste, was man in der Thomasnacht tun kann.«
    »Und wenn es etwas wäre, was Ihr Euch von ganzem Herzen gewünscht habt, was dann?«
    »Du willst mich neugierig machen, Keller? Da musst du schon einiges auffahren!«
    »Ich möchte Euch etwas zeigen. Nur ein paar Türen weiter. Ihr werdet es nicht bereuen, Exzellenz!«
    Fuchs von Dornheim erhob sich schneller, als er erwartet hatte. »Gehen wir!«
    Er blieb stumm, während sie nebeneinander zum großen Speisesaal strebten. Keller hatte dafür gesorgt, dass im Flur nur wenige Kerzen brannten, um die Überraschung noch größer zu machen. Als einer der Lakaien die Tür zu dem Raum öffnete, der nur an hohen Festtagen genutzt wurde, entfuhr dem Fürstbischof ein Laut der Überraschung.
    Auf der langen Tafel war Simons Krippenberg aufgebaut. Das Licht zahlreicher Kerzen machte das gewachste Lindenholz weich und ließ es kostbar aussehen. Dennoch waren die Schnitte noch deutlich zu erkennen, die Hand, die sie kunstvoll und entschlossen gesetzt hatte.
    »Sie tragen keine Stoffgewänder«, sagte Fuchs von Dornheim, als er sich halbwegs wieder gefasst hatte. »Das gefällt mir. Prachtvolle Gewänder lenken vom Wesentlichen nur ab. Im geschnittenen Holz dagegen wird ihre Seele sichtbar.« Er umrundete die Tafel. »Und sie sind so schön groß! Sie sehen aus, als würden sie zusammengehören. Dennoch wirkt jede der Figuren für sich.«
    »Zusammen erzählen sie eine Geschichte«, sagte der Astrologe. »Die größte Geschichte aller Zeiten.«
    »Du hast Recht!«, rief der Fürstbischof. »Es gibt wahrlich nichts Größeres! Aber wem haben wir diese ungewöhnliche Arbeit zu verdanken?«
    »Ihr kennt ihn, Exzellenz. Genau genommen habt Ihr sie sogar bei ihm in Auftrag gegeben.«
    »Du meinst doch nicht etwa den jungen Sternen?«
    »Genau den. Eigentlich war diese Krippe nur für ihn selber bestimmt. Aber als ich ihm sagte, dass Ihr die seines Vaters ablehnen musstet, hat er keinen Augenblick gezögert …«
    »Und das Wunder?«, unterbrach ihn Dornheim. »Was ist mit dem versprochenen Wunder?«
    »Hier. Seht her!« Damian Keller legte seine Zeichnungen auf den Tisch. »Könnt Ihr es erkennen? Es gibt keinen Zweifel! Dreimal hab ich es berechnet, um ganz sicherzugehen: Im Augenblick Eurer Frage erhebt sich der fromme Schütze im Osten, und Jupiter regiert die Stunde. Gemeinsam mit Saturn steht er in der Himmelsmitte.«
    Der Fürstbischof starrte ihn an.
    »So, wie die beiden einst über dem Stall unseres Herrn gestanden haben, damit die Heiligen Könige zu ihm fanden!« »Soll das etwa heißen, dass …«
    »Exakt, Exzellenz! Der Stern von Bethlehem. In diesem Augenblick. Genau über Simon Sternens Krippe!«

    Der Verdacht ließ Gabriel Hofmeister nicht mehr los, obwohl der Weihbischof alles abgestritten hatte. Nein, er habe Lorenz Eichler nicht gesehen. Er selber sei gar nicht mehr in Sankt Martin gewesen, sondern habe lange zuvor in einer wichtigen Angelegenheit auf den Domberg eilen müssen. Doch seine Augen redeten eine andere Sprache, ebenso wie die fahrigen Gesten, die seine Worte begleiteten. Was immer ihn mit diesem schmierigen Schneider verbunden hatte, die Erleichterung über seinen plötzlichen Tod konnte Förner nicht verbergen.
    Einige redeten von

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