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Die Hüterin der Quelle

Die Hüterin der Quelle

Titel: Die Hüterin der Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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reicht. Hör auf! Du bist nicht der Teufel«, sagte Toni. »Das weiß ich jetzt. Und ich werd auch nie wieder vor dir wegrennen.«
    »Dann bin ich zufrieden. Aber ich möchte dich noch um einen anderen Gefallen bitten, Anton.« Hofmeister räusperte sich. »Sei vorsichtig mit dem Weihbischof. Geh nicht allein mit ihm irgendwohin, versprichst du mir das? In keinen Keller und auf keinen Turm. Am besten wäre es, du würdest dich überhaupt von ihm fern halten, aber ich weiß, es ist schwer, was ich da von dir verlange.«
    »Ist er der Teufel?«, sagte Toni. »Der schwarze Prediger?«
    »Jedenfalls kennt er sich gut damit aus«, sagte der Sekretär. »Zu gut für meinen Geschmack. Du wirst also aufpassen, Anton? Gibst du mir dein Wort?«
    »Ja«, sagte Toni. »Das tue ich.«

    Der Mann, der auf ihr Klopfen hin öffnete, hatte dunkles, schulterlanges Haar und ein waches Gesicht.
    »Wir müssen zu Ava«, sagte Marie, während Selina rot anlief. Es gab ihn also wirklich, diesen anderen. Er war nicht nur eine Erfindung der Otterfrau, was sie irgendwie beruhigte. »Ist sie da? Es ist sehr wichtig.«
    »Sie hat sich hingelegt«, sagte er. »Aber ich kann sie holen gehen, wenn es so wichtig ist. Kommt herein!«
    Er verschwand nach nebenan, während Marie und Selina ihre Tücher abnahmen und sich an den Tisch setzten. Nach einer Weile kam Ava allein in die Stube.
    »Du?« Sie knöpfte ihr Kleid vollständig zu und setzte sich. »Dich hätte ich hier nicht mehr erwartet. Wer ist das Mädchen?«
    »Das ist Selina. Ich wollte sie jetzt nicht allein zu Hause lassen. Nach allem, was geschehen ist.«
    Sie streckte ihr Veits Zeilen entgegen.
    »Lies!«
    Avas Augen flogen über den Brief.
    »Ausgerechnet seine Hände«, sagte sie voller Mitgefühl, als sie geendet hatte. »Sie hätten Veit nichts Schlimmeres antun können! Was sind das nur für Menschen?«
    »Das sind Teufel, keine Menschen«, sagte Marie. »Veit hat gestanden, obwohl er unschuldig ist. Dazu haben sie ihn gebracht. Jetzt werden sie ihn hinrichten, wenn wir sie nicht daran hindern.« Inständig dachte sie an Simons neue Krippe. Ihr Mund füllte sich mit Speichel, so aufgeregt war sie.
    »Ich muss unbedingt noch einmal den Brief sehen«, sagte sie. »Den von neulich. Gundels Brief, du weißt schon. Deshalb sind wir hier, Selina und ich.«
    »Weshalb?«
    »Das sag ich dir gleich. Hol ihn – bitte!«
    Ava erhob sich und kam ihrer Bitte nach. Als sie Marie den Brief reichte, sah sie, dass deren Hände zitterten. Beim Lesen bewegte sie lautlos die Lippen, bis sie plötzlich innehielt.
    »Hier! Das ist die Stelle, die ich meine.« Ihr Finger deutete auf eine Zeile. Sie begann laut zu lesen. »Wenn du uns nicht hilfst, F., müssen wir verrecken. Gib uns Geld … «
    Sie begann wie von innen zu glühen.
    »Selina und ich glauben zu wissen, wer dieser F. ist. Friedrich Förner. Förner ist Lenchens Vater!«
    »Der Hexenbrenner?«, sagte Ava.
    »Der Weihbischof von Bamberg«, bekräftigte Marie. »Verstehst du, was das bedeutet?«
    »Wer hat euch das gesagt?«
    »Lenz.« Endlich hatte auch Selina den Mut, den Mund aufzumachen. »Das weiß ich von Lenz.«
    Jetzt saß sie ihr leibhaftig gegenüber, die Otterfrau, die so lange ihre Fantasie beschäftigt hatte! Ava war so nah, dass sie die Hand hätte ausstrecken können, um sie zu berühren, wenn sie nur gewollt hätte. Kleiner kam sie ihr vor und jünger. Wenn sie die Nase beim Überlegen kraus zog, hätte man sie beinahe für ein Mädchen halten können.
    »Lenz?«, wiederholte Ava. »Aber woher sollte ausgerechnet Lenz das wissen? Ich meine, wir können ihn fragen, wenn er zurückkommt. Er holt mit Kuni und Kaspar noch meine Körbe vom Markt und wird bald …«
    Die Tür flog auf, Toni platzte herein und plapperte sofort los.
    »Er ist gar nicht der Teufel! Er hat sein Hemd hochgeschoben und sich in die Haut gestochen. Und seine Hand war warm und sein Blut hellrot. Er hat ganz stark nach Zwiebeln gerochen …«
    Jetzt erst bemerkte er, wer alles am Tisch saß.
    »Du?« Seine Augen flogen zu Selina, dann zu Marie. »Und sie?«
    »Du kommst vom schwarzen Prediger?«, sagte Ava.
    »Der war nicht da.«
    »Bist du Lenz?«, sagte Marie.
    »Nein.« Der Junge schüttelte den Kopf. »Ich bin Toni. Lenz ist doch viel größer als ich.«
    »Lenz hat etwas zu Selina gesagt, Toni«, schaltete sich nun Ava ein. »Über Lenchen und ihren Vater.«
    In seinem Bauch begann es zu rumoren.
    »Das durfte er nicht«, murmelte er mit gesenktem

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