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Die Hüterin der Quelle

Die Hüterin der Quelle

Titel: Die Hüterin der Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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zu mir.«
    Die Frau blieb noch immer sitzen.
    »Da ist doch noch etwas?«, sagte Ava, etwas ungeduldiger.
    »Der Schwiegervater.« Die junge Frau errötete heftig. »Er murmelt unanständiges Zeug, wenn ich an ihm vorbeigehe. Und jedes Mal tätschelt oder zwickt er mich. Es ist mir so eklig. Am liebsten würde ich davonlaufen, wenn ich ihn nur von weitem sehe!«
    »Weiß dein Mann davon?«
    »Martin? Der würde einen Wutanfall bekommen und eher auf mich losgehen! Er behauptet ohnehin, dass ich fremde Männer zu freundlich anlächle. Dabei komm ich doch gar nicht dazu bei der vielen Arbeit!«
    »Gegen die Geilheit der Menschen ist kein Kraut gewachsen«, sagte Ava. »Er wird einsam sein, nach dem Tod seiner Frau. Aber das ist noch lange kein Grund, dich so zu behandeln. Verschaff dir Respekt, Elisabeth! Du hast doch zwei gesunde Arme und ein Mundwerk, das du gebrauchen kannst, oder etwa nicht?«
    »Ich soll ihn schlagen?«
    »Wenn er das nächste Mal nach dir greift, sagst du ihm laut und deutlich, dass er seine Finger bei sich behalten soll. Schadet nichts, wenn du dabei etwas lauter wirst. Und wenn selbst das nicht hilft, dann gibst du ihm einen kräftigen Klaps, wie man es bei quengelnden Kindern manchmal macht. Das wirkt Wunder, wirst schon sehen!«
    »Aber wenn ich nicht den Mut dazu habe?«
    »Den wirst du schon aufbringen müssen, Elisabeth! Sonst musst du weiterhin dulden und leiden.«
    Die junge Frau blieb still. Aber in ihre Augen war der Glanz zurückgekehrt. Die Kleine an ihrer Brust schlug die Augen auf und begann mit den Beinchen zu strampeln.
    »Wird Zeit, dass wir nach Hause kommen«, sagte sie. »Sonst fangen die dummen Fragen wieder an.«
    »Du hast doch nicht gesagt, dass du zu mir gehst?«, sagte Ava.
    »Nein«, sagte Elisabeth. »Natürlich nicht.«
    »Dann behalt es auch künftig für dich. Und die Kräuter …«
    »… hab ich natürlich selber gesammelt. Ich gehe manchmal spazieren. Niemand wird Verdacht schöpfen.«
    »Gut. Wenn du noch etwas brauchst, kommst du einfach wieder. Ich bekomme dann elf Kreuzer von dir.«
    Es war mehr, als die junge Frau gedacht hatte, das sah Ava daran, wie lange sie in ihrer Tasche kramte. Schließlich aber lagen die blanken Kupferstücke auf dem Tisch.
    Ava strich sie ein. Guter Lohn für gute Arbeit, so lautete ihr Motto. Und es erlaubte ihr, in Notfällen umsonst zu helfen.
    »Pass auf dich auf«, sagte sie, als Elisabeth aufstand und dabei die Kleine fest an sich drückte.
    Die beiden waren schon eine ganze Weile draußen, als ihr plötzlich einfiel, dass sie Mathis’ Worte gebraucht hatte.

    « Santa Barbara!« Der böhmische Hauer fluchte und schwitzte. Heißes Wachs war aus der kleinen Laterne, die er sich auf den Kopf gebunden hatte, auf seine Brauen getropft.
    »Sie hat dich bereits erhört – der Berg hat sich schon geöffnet«, sagte Pankraz Haller, der jeden Handgriff der Männer beobachtete. »Komm schon, nur noch ein Stück, dann sitzt der Bottich genau da, wo er hinsoll.« Er wiederholte es auf Böhmisch, das er seit seinen Reisen nach Saaz und Pilsen leidlich sprach.
    Stark hervortretende Adern schienen den Hals des Böhmen sprengen zu wollen, so sehr strengte er sich an und mit ihm die anderen beiden aus seiner Heimat, die neben ihm zogen.
    »Pozur, velký balík  – Achtung!«
    Der Bottich, der letzte von einem guten Dutzend, war an seinem Standort angekommen.
    Der Hauer wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    »Sládku ty nám dlužíš velký, balík !«
    Pankraz lachte, erleichtert, dass die heikle Arbeit endlich abgeschlossen war.
    »Ja, ihr sollt euren guten Batzen haben«, sagte er. »Ihr habt einwandfrei gearbeitet. Und schnell dazu. Die Stollen und die Bottiche – ohne euch hätte ich mein Vorhaben vergessen können. Jetzt ist alles bereit für mein neues Bier im Herbst.«
    »Und der andere?« Der Böhme fasste sich an die Schulter. »Dein Mann? Noch krank?«
    »Schneider, meinst du? Er klagt noch immer über Schmerzen, aber mir scheint, es wird langsam besser. Seit er sich beim Runterlassen die Schulter verrenkt hat, scheint allerdings auch in seinem Kopf etwas quer zu liegen. Jetzt glaubt er noch fester an Zauberei als zuvor.«
    Pankraz übersah, dass der Hauer sich bei seinen Worten eifrig bekreuzigte. Und die anderen es ihm nicht minder hastig nachtaten. Sollten sie ruhig so abergläubisch sein wie sein Geselle – Hauptsache, die Stollen waren verbunden und die Bottiche an ihrem Platz!
    Er konnte es kaum noch erwarten,

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