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Die Hüterin der Quelle

Die Hüterin der Quelle

Titel: Die Hüterin der Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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müsste ich …«
    Ihre mageren weißen Schenkel schnappten zusammen.
    »Moment, Moment – willst du etwa dein Geld zurück?« Sie setzte sich auf, verschränkte kampfeslustig die Arme. »So läuft das nicht bei mir. Bezahlt ist bezahlt!«
    »Behalt das Geld. Das ist es nicht.«
    Jede Erregung war dahin. Simon fühlte sich erbärmlich.
    »Was ist es dann? Gefall ich dir nicht?« Sie erinnerte ihn an ein keifendes Marktweib. »Oder sind es andere Dinge, die du eigentlich möchtest?« Vergeblich strengte Hilla sich an, verlockend zu wirken. In Simons Ohren klang jetzt alles abstoßend. »Verrat sie mir! Komm schon, mein Hübscher! Wir beide können doch über alles reden …«
    Ihr geschminkter Mund kam ihm riesig vor. Die Brüste mit den hellen Spitzen schienen ihn feindselig anzustarren. Aber am allerschlimmsten erschien Simon dieser klaffende Schoß, der alles verschlingen wollte …
    Blindlings griff er nach seinen Kleidern.
    »Du willst abhauen?«, rief sie. »Auch gut – Schlappschwanz, elendiger!«
    Irgendwie gelang es ihm, sich halbwegs anzuziehen, während weitere Tiraden auf ihn niederprasselten. Die rettende Türe fest im Blick, machte er einen großen Schritt.
    »Du bist ja nicht einmal ein richtiger Mann!«, giftete sie ihm hinterher.
    Dann war er endlich in Sicherheit.

    Toni wusste, dass es den Teufel gab. Und ebenso, dass er vielerlei Gestalt annehmen konnte. Die Nonnen im Seelhaus hatten unzählige Geschichten darüber gewusst. Er hatte zugehört, scheinbar aufmerksam. Neues hatten sie ihm nicht erzählt.
    Er kannte den Teufel, seit er ein kleines Kind war.
    Seinen Vater hatte er zum Saufen und Huren verführt, bis er eines Tages ganz weggeblieben war und sie im Stich gelassen hatte; seiner armen Mutter hatte er bald darauf den Tod gebracht.
    Das Wichtigste war, sich nicht täuschen zu lassen. Denn der Teufel lauerte auf seine Beute, scheinbar geduldig, in Wahrheit voller Hinterlist. Bis er bekam, was er wollte, zog er alle Register. Lockte, schmeichelte, versprach das Blaue vom Himmel. Dass er sich nun als junger Herr mit Samtwams und Barett präsentierte, der freundlich seine außergewöhnliche Stimme lobte, überraschte Toni nicht weiter.
    Auch nicht, dass er ihn schon in St. Martin gesehen hatte, vor einiger Zeit, wo der magere schwarze Prediger von der Kanzel gegen die Druten gewettert hatte. Wahrscheinlich war es keinem anderen als ihm zu verdanken, dass man sie im letzten Augenblick in die Messfeier getrieben hatte, anstatt sie wie sonst mit ihren paar erbettelten Kupferstücken abziehen zu lassen. Die anderen hatten nichts davon hören wollen, als er damit angefangen hatte.
    Auch gut. Sie ließen sich vielleicht vom Teufel hinters Licht führen – Toni nicht.
    Deshalb hatte er auch zu singen begonnen, der beste Schutz gegen alles Böse, wie die Nonnen ihm bestätigt hatten. Sein Lied hatte die Herzen der Menschen erreicht und das Bittere zerstört, das der schwarze Mann von der Kanzel in sie hineingeträufelt hatte. Keine Frage, dass er in irgendeinem Zusammenhang mit dem Teufel stand!
    Auf jeden Fall waren die beiden jetzt hinter ihm her. Und er musste sich etwas einfallen lassen, um ihnen zu entkommen.
    »Da bist du ja«, hatte der Teufel heute gerufen. »Warte! Ich will nur mit dir reden!«
    Er sah so freundlich dabei aus, dass Toni beinahe schwach geworden war. Aber nur beinahe.
    »Siehst du den Mann dort drüben?« Ein Zischen zu Lenchen.
    »Den mit dem Hut?«
    »Das ist ein Barett. Der Mann ist die Ausgeburt der Hölle. Nimm deine Beine in die Hand und lauf!«
    Ihn kriegte keiner so leicht. Das hatten schon andere erfahren dürfen, die nicht wussten, dass sie in Toni einem Meister des Abhauens begegnet waren. Ein zähes Häuflein Mensch, das hatte lernen müssen, sich seinen Teil zu sichern, um zu überleben.
    Deshalb hatte Toni auch beschlossen, den Spieß umzudrehen. Anstatt sich vom Teufel jagen zu lassen, verfolgte er nun heimlich ihn. Allerdings wurde dieses Abenteuer bald langweilig. Tagelang schien der Teufel nur zwischen dem Haus am Markt, wo er untergekommen war, St. Martin und der Wohnung des schwarzen Predigers zu pendeln. Einmal nur hatte er sich in den Unteren Sand verirrt und dort auf der Straße mit einem buckligen Mann lautstark gestritten.
    Toni nahm sich vor, in Zukunft noch mehr auf der Hut zu sein. Seit er Lenchen zum Singen mitnahm und sie das Geld einsammeln ließ, war es einfacher für ihn geworden. Bislang war seine Strategie bestens aufgegangen. Kaum sah

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