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Die Hüterin des Evangeliums

Die Hüterin des Evangeliums

Titel: Die Hüterin des Evangeliums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Galvani
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... wenn ... wenn ...«, gab Delius zurück. Er sah seinen Freund scharf an. »Ich habe nie behauptet, dass ich gegen eine gerechte Strafe bin. Allerdings missfällt mir der Weg dorthin.«
    Seltsamerweise schien der Assessor seine Haltung verteidigen zu wollen: »Die Leute sind verdammte Ketzer. Sie stellen sich gegen den Kaiser und wollen eine neue Weltordnung schaffen. Darüber hinaus decken sie wahrscheinlich den Mörder ihres eigenen Sohnes. Mit diesem Abschaum kannst du kein Mitleid haben.«
    Der Verleger schwieg. Er hatte keine Lust, sich mit Ditmold einen Disput über die Anwendung der Peinlichen Gerichtsordnung Kaiser Karls V. zu liefern. Unter anderen Bedingungen hätte er diese Debatte sicher gerne geführt, sie hätte seinen Geist wahrscheinlich sogar über alle Maßen angeregt. Doch unter den gegebenen Umständen waren seine Parteinahme und die damit verbundene Verwirrung seiner Gefühle zu groß, um ein vernünftiges Plädoyer für seine Auffassung halten zu können. Er hätte sich niemals auf diese Sache einlassen dürfen, dachte er plötzlich. Alles, was er seitseiner Ankunft in der Posthalterei zu Auerbach erlebt hatte, veränderte ihn, seine Einstellung zum Leben und vielleicht auch seine Zukunft. Die Suche nach den Fälschungen, die zur Jagd nach einem Mörder geworden war, ging ihm viel zu nahe. Langsam verschwammen die Grenzen zwischen seinem persönlichen Interesse, der berufsbedingten Neugier und der rechtswissenschaftlichen Lehrmeinung. In dem fast verzweifelten Versuch, seine innere Ordnung wiederherzustellen, beschloss er, Amalie den Brief zu schreiben, den er ihr längst schuldete. Seit er in Augsburg war, hatte er keine Zeile verfasst. Viel zu selten war das Bild der Frau, die er zu heiraten beabsichtigte, durch seine Gedanken gekreist.
    »Lass uns unseren Zwist mit einem Krug Wein hinunterspülen«, schlug Ditmold versöhnlich vor. »Ich werde den Wirt bitten, den besten Riesling hervorzuholen, den er in seinem Keller hütet.«
    Die Worte seines Freundes brachten eine Saite in Delius’ Geist zum Klingen. Er erinnerte sich, vom Weinkeller Severin Meitingers gehört zu haben. Der Druckerverleger hatte diesen gehütet wie einen Schatz. Delius entsann sich nicht mehr, wer dies gesagt hatte, aber er war sich sicher, dass auf der Trauerfeier der hervorragende Geschmack des Toten gewürdigt worden war. »Die Vorräte meines armen Mannes sind nicht groß«, hatte Christiane Meitinger dagegen behauptet und ihm und Ditmold lediglich Apfelmost angeboten, der zweifellos in der Küche zubereitet und gelagert wurde. Sie hatte demnach ganz bewusst verhindern wollen, dass einer von ihnen in das Gewölbe hinabstieg.
    »Der Weinkeller«, entfuhr es ihm. »Im Weinkeller sind die Fälschungen versteckt.«
    Ditmold glaubte, ihn nicht richtig verstanden zu haben. Verdutzt sah er seinen Freund an: »Was sagst du da?«
    Er hatte seinen Verdacht nicht laut aussprechen wollen. DieVorstellung, dass Christiane Meitinger zur Befragung aus ihrem Haus gezerrt würde wie die Mutter ihres Lehrjungen, widerte ihn an. Nur wenn er sich seiner Sache sicher war, wollte er sein Wissen mit Bernhard Ditmold teilen. Dafür musste er die Beweise jedoch in Händen halten – und sich schlimmstenfalls eine Geschichte ausdenken, durch die er Severin Meitingers Witwe schützte. Aber wie konnte er sie dazu bringen, ihm die Wahrheit anzuvertrauen? Er brauchte Zeit, um über seine Erkenntnis nachzudenken. Und er musste Ditmold ablenken, damit dieser nicht von alleine auf den Fundort kam. Still verfluchte sich Delius, weil er seine Zunge nicht hatte hüten können.
    »Ich sagte, im Weinkeller des Wirts liegen hoffentlich keine Fässer mit gepanschtem Wein«, behauptete er vergnügter, als ihm zumute war. Er griff nach Ditmolds Arm. »Du hast recht, wir gehen jetzt erst mal etwas trinken. Und danach brauche ich ein wenig Ruhe, denn ich möchte endlich ein Billett für Amalie verfassen.«
    Ditmold grinste, erleichtert, dass sich der andere wieder eines freundschaftlichen Tons bediente. »Gott mag verhüten, dass du dann zu betrunken dafür bist.«

34
    Martha fror erbärmlich. Ihr Leib zitterte, die Zähne schlugen aufeinander. Obwohl die Magd bereits mehrere Decken über sie gelegt hatte, fror sie unvermindert. Inzwischen glaubte sie, dass ihre Glieder vor Kälte gelähmt waren. Jedenfalls fühlten sich ihre Beine seltsam steif an. Es geschah etwas mit ihrem Körper, über das sie keine Kontrolle besaß. Sie wusste auch nicht, wie lange

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