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Die Hüterin des Evangeliums

Die Hüterin des Evangeliums

Titel: Die Hüterin des Evangeliums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Galvani
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klar, was du diesen Leuten antust?«, rief Wolfgang Delius entsetzt aus.
    Bernhard Ditmold nickte. »Natürlich ist es das. Es wirdnicht angenehm werden, aber es gibt keine andere Möglichkeit. Ich vertrete das Gesetz, ich musste handeln.«
    Trübsinnig blickte Delius dem Ehepaar Schober nach, das von den herbeigerufenen Wachen abgeführt wurde, wobei die Frau an den Haaren mitgezerrt und der Mann mehr über den Boden geschleift wurde. Delius mochte sich nicht vorstellen, was mit Antons Eltern im Kerker geschehen würde, und doch drängten die brutalen Bilder einer peinlichen Befragung in sein Bewusstsein. Fußblock, Ketzergabel, Spanischer Kitzler, Kopfpresse – der Phantasie der Henker war bei Häretikern keine Grenzen gesetzt.
    In diesem Fall würde der Scharfrichter umsichtig vorgehen, was den Leidensweg der Schobers verlängerte, denn es ging nicht um ein einfaches Geständnis. Das war nicht nötig. Überführte Täufer wurden sofort hingerichtet. Ditmold hatte tatsächlich das Buch in der Stube von Antons Eltern gefunden, an das er sich plötzlich erinnert hatte: Ein Gesangbuch der Schweizer Brüder. Wahrscheinlich hatte er recht, Delius wäre der Band eher aufgefallen, aber was spielte das jetzt noch für eine Rolle? Nun, da die Schobers in die Folterkammern des Stadtgerichts gebracht wurden, wo die Namen ihrer Anführer aus ihnen herausgepresst werden sollten.
    Delius war überzeugt davon, dass der Böttcher und seine Frau lange schweigen würden. Der Glaube an den nahen Weltuntergang, der ihre Religion prägte, würde ihnen dabei helfen. Wie lange würde Antons Vater die mit Dornen bestückte, zehn Pfund schwere Halskrause tragen, bevor von seinem Nacken die Haut in Fetzen hing und er gestand? Wie viele Holzsplitter würden seiner Frau unter die Nägel getrieben werden, bevor sie die Verschwörer nannte? Oder würden beide erst unter der Würgschraube reden? Es konnte Tage dauern, bis das Täufer-Ehepaar gebrochen war. Was konnte der Mörder bis dahin noch alles anrichten!
    »Es ist sinnlos«, murmelte Delius in sich hinein. »Die Folter ist für Menschen, die an die Prophezeiung der Apokalypse glauben, absolut sinnlos.«
    »Die Befragung ist eine Notwendigkeit«, erklärte Ditmold sanft und lenkte seine Schritte bewusst aus der Gasse heraus. Er hoffte, dass der sensible Verleger nicht Zeuge geworden war, wie die Peitsche auf den zierlichen Körper von Antons Mutter sauste, als diese sich nach ihren Kindern umwandte, die jammernd und klagend im Hauseingang zurückgeblieben waren. Der Assessor hatte das Geschehen aus den Augenwinkeln beobachtet. Er meinte, dass Delius seine Blicke abgewendet hatte, das Geschrei jedoch war noch am nächsten Platz zu hören.
    »Harmagedon oder die sieben Plagen der Endzeit«, sinnierte der Verleger und stolperte neben Ditmold her, das Kinn auf die Brust gesenkt, »die Eheleute Schober werden die Bibel in ihrem Sinne auslegen und daraus Kraft schöpfen.«
    »Möglicherweise, aber letztlich werden die Jünger Zwinglis das Recht nicht beugen. Es liegt auf der Hand, dass Schober nicht der Täter ist, auch nicht der Auftraggeber für die Fälschungen. Ich bin aber sicher, dass er den Mann kennt und Anton aus diesem Grunde sterben musste. Vielleicht war der Lehrling kein so zuverlässiger Glaubensbruder wie sein Vater und hat den Augsburger Prediger erpresst. Die Bestätigung meiner Vermutungen wird der Scharfrichter herausfinden – und noch mehr. Hast du etwas dagegen?« Seine Frage klang beißend, offenbar verlor er langsam die Geduld mit seinem Freund.
    »Deshalb sollte kein Weib geschlagen werden«, knurrte Delius.
    »Himmelherrgott!«, entfuhr es Ditmold, der die Qual des anderen ebenso wenig weiter zu ertragen schien wie den stummen Vorwurf hinter dessen Worten. »Was willst dueigentlich? Dass Verbrecher ungestraft ein fröhliches Leben führen dürfen? Du hast ebenso Jurisprudenz studiert wie ich. Von dir könnte man wirklich ein wenig mehr Verständnis für Recht und Ordnung erwarten.«
    »Ich wollte Fürsprecher werden und nicht Mitglied der Gerichtsbarkeit.«
    »Wenn ich dich richtig verstehe«, bellte Ditmold, »willst du, dass ein Mörder frei herumläuft und Menschen nach seinem Gutdünken umbringt. Ist dir bewusst, dass die schöne Meitingerin in Gefahr schwebt? Sie ist meiner Ansicht nach das letzte Glied in der Kette, und du behauptest selbst, dass sie Kenntnisse hat, die sie uns verschweigt. Nur wenn wir des Täters habhaft werden, ist sie in Sicherheit.«
    »Wenn

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