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Die Hüterin des Evangeliums

Die Hüterin des Evangeliums

Titel: Die Hüterin des Evangeliums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Galvani
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nicht gesagt, dass du in der Posthalterei warst, als Meitinger starb?«
    »Woher weißt du ...?«, japste er, fasste sich jedoch rasch: »Einerlei ... Es spielt keine Rolle, nicht wahr?« Hans Walser trat von einem Bein aufs andere, und Christiane konnte nicht sagen, ob dies eine Geste der Verlegenheit oder Ungeduld war. Er schwieg einen kurzen Moment, dann erklärte er barsch: »Ich wollte dich nicht beunruhigen.«
    »Mein Gatte ist erschlagen worden, und du wolltest michnicht beunruhigen ? Was, bitte schön, könnte mich mehr kümmern als Meitingers gewaltsamer Tod?«
    Der Stadtbrunnenmeister erbleichte, dann färbten sich seine Wangen puterrot.
    Christiane beobachtete verwundert das Farbenspiel in seinem Gesicht, obwohl die Krempe des Zimmermannshuts, den er ihretwegen natürlich nicht abgenommen hatte, Schatten auf sein Antlitz warf.
    »Es geht dich nichts an, was ich mit deinem Mann zu besprechen hatte«, zischte ihr Vater zwischen zornig zusammengebissenen Zähnen. »Überdies dulde ich nicht, dass du in diesem Ton mit mir sprichst.«
    »Mir magst du die Wahrheit vorenthalten, aber dem Beauftragten des Reichserbmarschalls wirst du Rede und Antwort stehen müssen.« Zu ihrer Erleichterung beobachtete sie in seinem Mienenspiel Verwirrung und – Vorsicht. Augenscheinlich hatte Hans Walser einen Grund, Obacht walten zu lassen. »Willst du mir nicht lieber anvertrauen, warum du nach Auerbach gegangen bist, bevor ich es von einem Fremden erfahre?«
    »Von wem?« Sein Zögern war der Beweis dafür, dass er etwas Wichtiges vor ihr verbarg.
    »Assessor Bernhard Ditmold«, erwiderte sie mit einer Selbstverständlichkeit, als handle es sich um einen alten Bekannten. »Er sprach bei mir vor und ist bereits auf dem Weg hierher.«
    Walser holte tief Luft. »Dieses eine Mal werde ich über dein anmaßendes Benehmen hinwegsehen«, schnaubte er. »Aber nur dieses eine Mal, Christiane, weil ich annehme, dass dich deine traurige Lage verwirrt. Nun geh, lass mich in Ruhe, und misch dich nicht in Angelegenheiten, die dich nichts angehen.«
    »Meitingers Tod geht mich sehr wohl etwas an«, widersprachsie empört. Ihr Ton schwoll zu einem Kreischen an. Als ihr Vater ihr demonstrativ den Rücken kehrte, stampfte sie wütend mit dem Fuß auf. Doch Walser zeigte sich von ihrem Zornesausbruch unbeeindruckt und ignorierte ihre Anwesenheit, indem er die Sicherheitskette eines Flaschenzugs prüfte.
    Lediglich der Arbeiter, der ihr am nächsten stand und die Winde am Drehbock bediente, schenkte ihr ein anzügliches Grinsen. Und es hatte offenbar noch einen weiteren Zuhörer gegeben. Denn eine vertraute Stimme bemerkte hinter Christiane: »Behauptet etwa irgendwer, das schreckliche Ende Eures Gemahls sei nicht Eure Sache, liebe Meitingerin?«
    Christianes Herz veranstaltete einen Trommelwirbel. Sie spürte, wie das Blut in ihre Wangen schoss. Einen Moment war sie geneigt, sich einfach in Ohnmacht fallen zu lassen und alle Unannehmlichkeiten für eine Weile zu vergessen. Es würde sich schon jemand finden, der sie vor einem Sturz auf den Boden bewahrte.
    Doch Christiane erinnerte sich nur allzu gut eines anderen betäubenden Augenblicks. Noch einmal würde sie nicht die Nerven verlieren und auch nicht die Kontenance. Glücklicherweise stand sie so im Licht, dass Imhoff unmöglich in ihren Zügen lesen konnte. »Grüß Gott, Herr Imhoff«, sagte sie aufgeräumt und straffte tapfer die Schultern. »Was für eine Überraschung, Euch ausgerechnet hier zu treffen.«
    Er ging auf ihre Bemerkung über den für seinesgleichen ungewöhnlichen Ort nicht ein. Mit einer tiefen Verbeugung griff er nach ihrer Hand, die er an seine Lippen führte. »Oh, liebe Meitingerin, welche Schrecklichkeit ist meinem Freund und Druckerverleger geschehen? Ich bin zutiefst bestürzt. Darf ich Euch mein Beileid aussprechen? Ihr seht mich untröstlich.«
    »Ja, es ist ein harter Schicksalsschlag für uns alle«, erwidertesie und bemühte sich, ihm ihre Rechte zu entziehen, die er jedoch fest umklammert hielt.
    »Kann ich etwas für Euch tun, Meitingerin?«
    Sie zog und zerrte und versuchte vergeblich, ihre Finger aus der Umklammerung zu befreien. »Ihr könntet meine Hand loslassen, bitte.«
    Es waren nicht ihre Worte, die ihn veranlassten, sich von ihr zu lösen. Während sie noch sprach, verlor er sein Interesse an ihr. Seine Aufmerksamkeit richtete sich auf einen älteren Mann, der aus dem Eckgebäude kam, wo die Ochsengasse in die Hauptstraße mündete, und, ohne

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