Die Hüterin des Schattenbergs
Schattenmagie einem riesigen Glasgefäß entströmt, das sich in den Gewölben unter dieser Feste befindet? Und stimmt es, dass die Hüter auf magische W eise mit diesem Gefäß verbunden sind?«
Elaries zuckte fast unmerklich zusammen. »Wer hat dir das erzählt?«
»Orekh.« Jemina gab sich unbedarft. »Er sprach ganz offen darüber, daher wundert es mich, dass ich zuvor noch nie etwas davon gehört habe.«
»Das liegt daran, dass nur wir Magier davon wissen«, räumte Elaries ein. »Es erstaunt mich, dass Orekh dir so viel anvertraut hat.«
»Könnte … dürfte ich sie mal sehen?« Jemina versuchte sich unbeholfen an einem gewinnenden A ugenaufschlag.
»Nein. Das ist unmöglich.« Elaries schüttelte den Kopf. »Die Gewölbe, in denen sich das Herz der Schattenmagie befindet, dürfen nur von den Mitgliedern des Rates betreten werden.«
»Schade.« Jemina seufzte betrübt. »Orekh sprach mit solcher Hingabe davon. Er ist immer noch sehr stolz auf das, was er damals geleistet hat.«
»Ja, die Säule ist ein Meisterwerk.« Elaries nickte. »Er ist zu Recht stolz darauf.« Er schaute Jemina mahnend an. »Dennoch ist ihre Bedeutung streng geheim. W as immer Orekh dir darüber erzählt hat, versprich mir, dass du es für dich behältst.«
»Ich verrate nichts!« W ieder war Jemina froh, dass ihr niemand eine Lüge unterstellen würde.
»Gut.« Elaries lächelte wieder. »Du bist ein mutiges Mädchen. A uch du kannst stolz auf dich sein.«
»Danke.« Jemina wartete, bis Elaries den Raum verlassen hatte, dann gesellte sie sich wieder zu den anderen, die in aufgeregte Gespräche vertieft waren.
Ehe ein anderer sie ansprechen konnte, kam Rik zu ihr. »Wir müssen reden«, raunte er ihr so leise zu, dass die anderen es nicht hören konnten. »Komm mit.« Er deutete auf eine T ür, die in den angrenzenden Schlafraum führte, und entschuldigte sich bei den anderen mit den W orten: »Wir sind gleich wieder bei euch.«
»Und? Ist der Stein auf dem Boden angekommen?« Rik setzte sich auf eines der Betten, nachdem er die T ür hinter sich geschlossen hatte.
»Ja, das ist er.« Jemina lächelte. Sie wusste, dass Rik auf die Bemerkung anspielte, die sie nach ihrer Rückkehr aus der T otenwelt gemacht hatte, und nahm neben ihm Platz.
»Gut.« Rik sah erleichtert aus. »Wir wissen beide, dass der Neunte Zirkel ohne das geheime W issen eine Posse ist. Und wir wissen auch, dass Corneus das schon sehr bald herausfinden wird.« Er schaute Jemina aufmerksam an. »Ich fürchte, die T äuschung mit dem neuen Hüterzirkel wird nicht so lange Bestand haben, wie die Schatten benötigen, um dem Berg zu entkommen.« Er machte eine kurze Pause. »Was hast du vor?«
»Ich habe Orekh versprochen, die Schatten zu befreien«, erwiderte Jemina ausweichend. »Und ich werde alles dafür tun, mein W ort zu halten.«
»Du hast Elaries eben nach dieser grünen Säule gefragt«, bemerkte Rik. »Was hat es damit auf sich?«
»Das hast du gehört?« Jemina erschrak.
»Ich habe gelauscht«, gab Rik zu. »Keine Sorge, die anderen haben nichts davon mitbekommen.«
»Hoffentlich.« Jemina atmete tief durch. »Ich darf es nämlich niemandem erzählen.«
»Auch mir nicht?«, fragte Rik.
Jemina überlegte kurz. Es war besser, einen V erbündeten zu haben. Sie lächelte und sagte: »Bei dir ist das etwas anderes. Es ist so, dass die Hüter die Schattenmagie aufrechterhalten, indem sie diese mit ihrer Lebensenergie nähren. Die Schattenmagie selbst entströmt dem gewaltigen grün leuchtenden Glaszylinder, der irgendwo in den Gewölben unter dieser Feste stehen soll. Er saugt den Hütern die Lebenskraft aus wie ein Blutegel und wandelt diese dann in die Schattenmagie um.«
»Aber das … das ist grausam.« Rik war entsetzt. »Wussten die Hüter davon?«
»Offenbar nicht.« Jemina schüttelte den Kopf. »Damals, als er den Zauber erschuf, war Orekh jedes Mittel recht, um den Krieg zu beenden. Er war verblendet und kannte nur das eine Ziel.« Sie stockte kurz und fuhr dann fort: »Du hast gefragt, wofür ich Zeit brauche. Ich brauche sie, um diese Säule zu finden und sie zu zerstören, denn das ist es, was ich Orekh versprochen habe.«
Rik schaute sie an und sagte lange nichts. »Und wie willst du das anstellen?«, fragte er schließlich.
»Ganz ehrlich? Ich habe keine A hnung.« Jemina seufzte. Sie kramte in ihrer T asche, zog den Stein daraus hervor, den Orekh ihr gegeben hatte, und drehte ihn nachdenklich in den Händen. »Bis Elaries uns in
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