Die Hüterin des Schattenbergs
Ratsmitglieder, die Opfer von Corneus und Ulves schändlicher Intrige wurden.« Er sah sich um. »Da fällt mir ein: W o sind die beiden?«
»Da drin.« Jemina deutete auf die grünliche Eiswand. »Wir haben sie gewarnt. Sie hätten mit uns fliehen können, aber ihre Gier war größer.«
»Das wundert mich nicht.« Elaries trat vor, legte beide Hände auf die Eiswand und hielt das Ohr wie lauschend dagegen. Eine kurze W eile blieb er so stehen, dann trat er zurück und schüttelte den Kopf. »Ich spüre kein Lebenszeichen. Ich fürchte, wir können nichts mehr für sie tun.«
»Dann sind sie …« Jemina schluckte trocken.
»… tot.« Elaries nickte kühl. »Die Götter sind gnädig und ersparen es uns, über sie zu urteilen.«
Jemina sagte nichts. Corneus war ihr erbitterter Feind gewesen, dennoch verspürte sie keine Freude über sein Ende – höchstens Erleichterung.
»Was … was ist los?« Jordi regte sich und versuchte aufzustehen. »Ah, mein Kopf. Ich muss mich irgendwo gestoßen haben.«
»Das vergeht.« Elaries reichte ihm die Hand und half ihm auf. »Kommt, lasst uns gehen. Ein neues Zeitalter ist angebrochen. Es gibt viel zu tun. Und ihr wollt sicher eure Freunde befreien.«
Als die Sonne sich dem Horizont zuneigte, standen Rik, Jemina und Jordi gemeinsam mit Meister Elaries auf den Zinnen der Hohen Feste. Ganz in der Nähe ereiferten sich zwei Köche darüber, dass die Bauern ihre W aren nur noch gegen Bezahlung in der Feste abgeben wollten. Einer der W achposten wusste zu berichten, dass die Schwertdrachen ihren Reitern nicht mehr gehorchten und ins A tacamgebirge zurückgekehrt waren. Und eine Dienerin, die zufällig vorbeikam, wollte gehört haben, dass eine Handvoll Bauern sich am Nachmittag mit ihren A ckergeräten zur W ehr gesetzt hatten, als eine Patrouille die A bgaben für die Magierkaste eintreiben wollte. A lle waren sich einig, dass das neue V erhalten der Selketen mit dem seltsamen Unwetter zusammenhängen musste, das die Feste am V ormittag heimgesucht hatte, aber auch dieses vermeintliche W issen fußte allein auf den unzähligen Gerüchten, die an diesem Nachmittag in der Feste die Runde machten.
»Es wird höchste Zeit, dass die große V ersammlung beginnt, die ich für den A bend einberufen habe«, sagte Elaries mit einem Seitenblick auf die Gruppe der Bediensteten. »Die Menschen haben ein Recht zu erfahren, was geschehen ist.«
»Werden sie es verstehen?«, fragte Jemina.
»Sie werden es müssen.« Elaries seufzte. »Wir alle müssen in den kommenden Jahren noch viel lernen. Ein Zurück gibt es nicht.«
»Was ist mit Corneus’ Schattenzauber?«, fragte Jordi.
»Das Elixier wurde vernichtet«, sagte Elaries. »Bis auf den letzten T ropfen. Ich selbst habe darüber gewacht.«
»Das ist gut.« Jordi seufzte erleichtert. »Einen so furchtbaren Zauber darf es niemals wieder geben.«
»Wie fühlst du dich denn als Unreiner?«, wollte Jemina wissen.
»Nicht viel anders als zuvor«, erwiderte Jordi. »Wisst ihr, ich habe darüber nachgedacht und glaube, bei mir war es ähnlich wie bei Rik: Ich war nie wirklich rein. A uch ich habe oft gezweifelt und Ärger empfunden. W er weiß, vielleicht wäre ich auch in ein paar Jahren zu einem Unreinen geworden.«
»Gut möglich.« Rik nickte ernst. »Aber zum Glück ist es nicht mehr wichtig. W ir sind jetzt alle gleichermaßen Unreine.« Er lachte und wandte sich Elaries zu. »Wir haben noch gar keine Zeit gehabt, Euch für alles zu danken.«
»Das ist nicht nötig.« Elaries lächelte. »Immerhin habe ich es Euch zu verdanken, dass ich als einziges Ratsmitglied noch Herr meiner Sinne bin. A uch wenn ich mich erst noch daran gewöhnen muss, von den Bediensteten W iderspruch zu hören.«
»Umso besser, dass Ihr das A mt des Meistermagiers übernommen habt«, meinte Rik. »Das wird keine leichte A ufgabe werden. Es gibt unter den jungen Magiern sicher sehr viele, die den plötzlichen W andel nicht billigen.«
»Oh ja, die gibt es.« Elaries seufzte. »Es wird ein hartes Stück A rbeit nötig sein, um sie davon zu überzeugen.«
»Was ist mit den Menschen in den Lagern?«, wollte Jemina wissen, die sich plötzlich an die Gefangenen erinnerte.
»Ich habe veranlasst, dass sie freigelassen werden«, erwiderte Elaries. »Und sie werden auch eine Entschädigung erhalten. Es darf nicht sein, dass das erlittene Unrecht den Nährboden für neuen Hass bildet, sonst herrschen hier bald wieder Zustände wie vor Orekhs Zeiten.«
»Dann
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