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Die Hüterin des Schattenbergs

Die Hüterin des Schattenbergs

Titel: Die Hüterin des Schattenbergs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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gefunden hätte, wäre dein Leben auf diesem W eg kläglich zu Ende gegangen.«
    »Aber sie hat mich gefunden«, konterte Jemina. »Und ich habe das Kitz gerettet.«
    »Blödsinn!« Das Bild wechselte und zeigte einen bleichen Haufen Knochen unter einem verdorrten Baum. »Seine Mutter war tot. Nichts und niemand hätte das Kitz retten können. A ber du, du hättest dich selbst retten können, wenn du etwas mehr an dich und weniger an das Rehkitz gedacht hättest.«
    Die Frau macht eine bedeutungsvolle Pause. »Aber das konntest du nicht, weil ich nicht bei dir war. Denn ohne mich bist du nicht vollkommen.« Ihre Stimme nahm einen flehenden T onfall an und sie streckte Jemina die Hand entgegen. »Komm!«, lockte sie. »Wir gehören zusammen! Hier ist der einzige Ort, an dem wir uns vereinen können. Du musst nur den Spiegel berühren und meine Hand ergreifen, dann wird vereint, was vor vielen Jahren getrennt wurde. Dann sind wir eins, dann sind wir vollkommen.«
    »Du kannst mich nicht verführen.« Jemina verschränkte entschlossen die A rme vor der Brust. »Und wenn du noch zehn solche Geschichten erzählst. Ich habe gut und ehrenhaft gehandelt und alles richtig gemacht. Und ich würde es heute wieder so machen.« Sie schüttelte den Kopf und trat demonstrativ einen Schritt zurück. »Du bist meine dunkle Seite, nicht wahr? Die Seite, die nach dem Ritual der Reinheit in den Schattenberg verbannt wurde. Deshalb weißt du alles, was mir in meinem Leben widerfahren ist. A ber ich brauche dich nicht. Ich bin glücklich, so wie ich bin. Ich habe dich mein ganzes Leben lang nicht vermisst und werde es auch in Zukunft nicht tun.«
    Sie griff nach dem T uch. »Du kannst mich nicht umstimmen«, sagte sie nachdrücklich. »Niemals werde ich zulassen, dass du zu mir zurückkehrst.«
    Mit diesen W orten zog sie das T uch vor den Spiegel. Kaum hatte sie das getan, erloschen die Fackeln und Jemina stand wieder im Dunkeln.

4
    A ls es kurz darauf wieder hell wurde, erlebte Jemina eine Überraschung.
    Nur wenige Schritte entfernt in der Mitte der Höhle saß Galdez vor einem rauchlosen Feuer und begrüßte sie mit dem warmen väterlichen Lächeln, das Jemina so sehr an ihm mochte. »Komm und setze dich zu mir, meine T ochter«, sagte er und unterstrich die W orte mit einer einladenden Handbewegung.
    Jemina zögerte, kam der A ufforderung dann aber nach. W ie war der Großmeister in die Höhle gekommen? W ollte er sie prüfen? Oder war auch sein A nblick nur eine T äuschung? Die Fragen überschlugen sich hinter Jeminas Stirn, aber sie hielt sich zurück und wartete gespannt, was Galdez sagen würde.
    »Du wirst nun bald zu uns gehören«, sagte dieser mit tiefer, wohlklingender Stimme. »Und wie alle Eleven auf dem W eg zur Novizin darfst auch du schon heute Nacht wählen, welches A rtefakt dich auf deinem W eg begleiten soll, wenn du die Prüfung bestehst.« Eine erneute Handbewegung ließ in den Flammen des Feuers vier verschiedenfarbige A mulette erscheinen, die wie schwerelos darin zu schweben schienen. Jedes für sich war einzigartig gearbeitet, aber alle bargen in ihrer Mitte einen schimmernden Kristall. Jemina konnte sich nicht daran erinnern, jemals ein solches A mulett bei Efta oder einem der anderen Hüter gesehen zu haben.
    »Jedes dieser A mulette besitzt eine große Macht«, sagte Galdez. »Das rote ist Kirna – das A mulett des Feuers. Es verleiht dir die Gabe, Liebe zu geben, mehr noch als ein Sterblicher zu geben fähig ist. Das blaue ist Azur – das A mulett des W assers. Es verleiht dir die Gabe, die Menschen für ein gemeinsames Ziel zu vereinen. W ann immer du um Hilfe ersuchst, es wird dich jemand erhören. Die Menschen werden deinem Ruf folgen und für deine T räume und W ünsche einstehen. Das gelbe ist Rha – das A mulett der Sonne. So wie die Sonne Licht in die Schatten bringt, wirst auch du mit seiner Hilfe in der Lage sein, die Gedanken der Menschen auf den rechten W eg zu bringen. Das Grüne ist Geya – das A mulett der Erde. Es schenkt dir die Gabe des ewigen Lebens und gestattet dir, auch andere damit zu beschenken.«
    Galdez machte eine bedeutungsvolle Pause, sah Jemina fest an und fragte schließlich: »Welches wählst du für deinen W eg?«
    Jeminas Blick wanderte von einem A mulett zum nächsten. Eines war schöner als das andere und was sie darüber gehört hatte, war mehr als verlockend. W ie viel Gutes ließ sich durch die Kraft der Liebe bewirken? W ie viel Leid durch ewiges Leben lindern?

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