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Die Hüterin des Schattenbergs

Die Hüterin des Schattenbergs

Titel: Die Hüterin des Schattenbergs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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das Gefühl, sich gedanklich im Kreis zu drehen. »Nein!« Sie ballte die Fäuste und schüttelte den Kopf. Das durfte nicht sein. Ohne das Buch war alles verloren. »Wo ist das Buch des Lebens?«, rief sie so laut, dass die Nerbuks vor dem Eingang es hören mussten. Natürlich erhielt sie keine A ntwort.
    »Also gut!« Jemina ermahnte sich zur Ruhe. »Das Pult, der Staub, das Licht und mich. Mehr gibt es hier nicht. A ber das Buch muss hier sein.« Jemina wanderte in der kleinen Kammer umher, suchte die W ände nach Geheimfächern und den Boden nach einer Luke ab, doch sie fand nichts.
    Blieb nur noch das Pult …
    Der Gedanke war gar nicht so abwegig, immerhin war unter der staubigen Platte ein flacher Kasten zu sehen, in dem man mühelos ein Buch verstecken konnte. V ielleicht war die Staubschicht eine A rt magischer Schutz, der eine Klappe in der Pultplatte verdecken sollte.
    Jemina holte noch einmal tief Luft, füllte die Lungen bis zum Bersten und blies dann mit aller Macht auf die Staubschicht. Diesmal war der Luftstrom so stark, dass er den Staub restlos aufwirbelte. Selbst das letzte Körnchen wurde vom Pult gerissen und hoch hinaufgewirbelt, so hoch, dass Jemina die Holzplatte des Pultes zum ersten Mal völlig staubfrei vor sich sah – ohne Fugen und Spalten, die auf ein verstecktes Fach hätten hinweisen können.
    »Oh nein!« Jemina seufzte. Nun war auch ihre letzte Hoffnung, das Buch zu finden, dahin. Enttäuscht und mutlos wandte sie sich zum Gehen, da bemerkte sie aus den A ugenwinkeln eine V eränderung im W irbeln der Staubkörner. Neugierig hielt sie inne. Und wirklich: Sie hatte sich nicht getäuscht. Die Staubkörner bewegten sich anders als zuvor. Immer mehr fanden sich zu Gruppen zusammen und bildeten kleine W olken, die weitere Staubkörner an sich banden. W ie gebannt beobachtete Jemina, was im Lichtschein vor sich ging. Doch erst als sich die W olken nach und nach zusammenschlossen und Linien bildeten, wurde ihr bewusst, dass sie gerade Zeugin eines mächtigen Zaubers wurde.
    Zuerst langsam, dann immer schneller fanden die funkelnden Staubkörner zueinander und bildeten schließlich unverkennbar die Form eines Buches. Jemina stand ganz still und beobachtete das wundersame Geschehen mit angehaltenem A tem. Dann war auch das letzte Staubkörnchen verschwunden. A uf dem Pult lag ein dickes, in rotes Leder gebundenes Buch, auf dem in goldenen, schwungvoll geschriebenen Lettern zu lesen stand:
    »Buch des Lebens«.

8
    R iks Fuß trat ins Leere. Der Sturz dauert nicht lange, aber der A ufprall war hart. Er spürte einen beißenden Schmerz im rechten Fußknöchel. Instinktiv spannte er die Muskeln an und riss die A rme hoch, um seinen Kopf zu schützen. Da schlug er auch schon mit der Schulter auf. Das Letzte, was er wahrnahm, war ein kratzendes Scharren irgendwo in der Dunkelheit über ihm, das an schwere Steine erinnerte, die übereinander geschoben wurden. Dann verlor er die Besinnung.
    Dunkelheit und Stille empfingen ihn, als er die A ugen wieder öffnete. Sein Kopf schmerzte und in seinem rechten Knöchel wütete ein peinvolles Pochen. Um ihn herum war alles schwarz.
    Rik stöhnte und fluchte leise. Er atmete vorsichtig ein, richtete sich zum Sitzen auf und bewegte nacheinander alle Gliedmaßen. Soweit er es im Dunkeln beurteilen konnte, war der schmerzende Knöchel die einzige V erletzung, die er sich bei dem Sturz zugezogen hatte. Er war am Leben. A ber wie lange noch?
    Rik biss die Zähne zusammen und zog den schmerzenden Fuß so weit zu sich heran, dass er den Stiefel ausziehen und den Knöchel mit den Händen abtasten konnte. Die Haut fühlte sich trocken an, ein Zeichen dafür, dass es keine offene V erletzung gab. Die Schwellung hingegen, die sich über dem Gelenk unter der Haut gebildet hatte, war alles andere als harmlos. W enn er mit dem Finger darauf tippte, fühlte es sich an wie bei einer mit Luft gefüllten Schweinsblase. Rik seufzte. Er hatte weder etwas zum Kühlen noch eine heilende Salbe bei sich und seine Kleidung eignete sich nur bedingt dazu, einen V erband daraus anzufertigen. A ber selbst wenn er den Fuß verbinden könnte – wozu? Ohne dass es etwas gab, worauf er sich stützen konnte, würde er keine zehn Schritte weit gehen können. Er saß in der Falle.
    Rik erschauderte. W ie lange würde er an diesem Ort überleben? Den Feuerstein hatte er verloren, aber die hölzerne W asserflasche an seinem Gürtel hatte den Sturz unbeschadet überstanden. Sie war aber nur noch

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