Die Huette
sich ein paar Zentimeter vom Boden zu erheben, was hauptsächlich an seiner Angst vor dem Fallen gelegen hatte. Als er seine Flüge bis in eine Höhe von einem Meter und mehr ausdehnte, stärkte dies sein Vertrauen, ebenso trug dazu die Erkenntnis bei, dass Abstürze nicht wehtaten, sondern wie in Zeitlupe abliefen. Mit der Zeit lernte er, bis in die Wolken aufzusteigen, große Entfernungen zu überbrücken und sanft zu landen.
Während er nach Belieben über zerklüftete Berge und kristallweiße Meeresstrände hinwegsegelte und sich an dem nach so langer Zeit wiederentdeckten Wunder des Traumfliegens erfreute, packte ihn plötzlich etwas am Knöchel und riss ihn heraus aus dem Himmel. Innerhalb weniger Sekunden wurde er aus der Höhe hinabgezerrt und fand sich auf einer schlammigen, mit Schlaglöchern übersäten Straße wieder. Donner ließ den Boden erzittern, und es regnete so heftig, dass er nach kurzer Zeit nass bis auf die Knochen war.
Und dann waren die Bilder wieder da: Er sah das vom Licht der Blitze erhellte Gesicht seiner Tochter, die lautlos »Daddy!« schrie und sich umdrehte und in die Dunkelheit davonrannte, ihr rotes Kleid nur für wenige Augenblicke sichtbar, dann war sie verschwunden. Er kämpfte mit aller Kraft, um sich aus dem klebrigen Morast zu befreien, was aber nur bewirkte, dass er noch tiefer einsank. Und gerade als er im Morast zu versinken drohte, wachte er keuchend auf.
Mit jagendem Puls, die schrecklichen Bilder noch kristallklar vor Augen, brauchte Mack einen Moment, um zu erkennen, dass er nur geträumt hatte. Zwar verblassten die Bilder rasch wieder, doch die Emotionen wichen nicht so schnell. Der Traum weckte die Große Traurigkeit in ihm, und noch ehe Mack aufstehen konnte, musste er wieder gegen die Verzweiflung ankämpfen, die schon so viele seiner Tage verdüstert hatte.
Mit schmerzverzerrtem Gesicht schaute er sich in dem Zimmer um, im dumpfen Grau der Morgendämmerung, das an den Jalousien hereinkroch. Das war nicht sein Schlafzimmer. Nichts sah vertraut aus oder fühlte sich so an. Wo war er? Denk nach, Mack, denk nach! Dann erinnerte er sich. Er befand sich immer noch in der Hütte mit diesen drei interessanten Typen, die alle glaubten, sie wären Gott.
»Das Ganze kann unmöglich real sein«, brummte Mack, während er die Beine aus dem Bett schwang. Er setzte sich auf die Bettkante und stützte den Kopf in die Hände. Er ließ den vorigen Tag Revue passieren und befürchtete erneut, verrückt geworden zu sein. Da er nie ein besonders gefühlsduseliger Mensch gewesen war, machte Papa - wer immer sie sein mochte - ihn nervös, und er hatte keine Idee, was er von Sarayu halten sollte. Er musste zugeben, dass Jesus ihm sympathisch war, aber er war auch der am wenigsten Gottesähnliche der drei.
Mack stieß einen tiefen Seufzer aus. Und wenn Gott tatsächlich hier war, warum erlöste er dann Mack nicht von seinen Albträumen?
Er entschied, dass es zu nichts führte, wenn er hier tatenlos herumsaß. Also ging er ins Bad, wo, wie er amüsiert feststellte, alles, was er zum Duschen benötigte, sorgfältig bereitgelegt worden war. Er nahm sich Zeit, die Wärme des Wassers zu genießen, rasierte sich gründlich, ging in sein Zimmer zurück und kleidete sich dort sorgfältig an.
Kaffeeduft lenkte seine Aufmerksamkeit auf den kleinen Tisch neben der Zimmertür. Eine dampfende Tasse wartete dort auf ihn. Mack trank einen Schluck, öffnete die Jalousien und schaute hinaus auf den See, den er am Abend zuvor nur als Schatten hatte erahnen können.
Der See war perfekt, glatt wie Glas, nur gelegentlich von springenden Forellen durchbrochen. Sie fingen sich ihr Frühstück und erzeugten dabei kleine Wellenkreise, die sich ausbreiteten, um dann langsam wieder von der tiefblauen Wasseroberfläche absorbiert zu werden. Er schätzte, dass das andere Ufer ungefähr eine halbe Meile entfernt lag. Überall glitzerten Tautropfen, diamantene Tränen des frühen Morgens, in denen sich die Liebe der Sonne spiegelte.
Die drei am Steg vertäuten Kanus sahen einladend aus, aber Mack schüttelte den Gedanken sofort ab. Kanus machten ihm keine Freude mehr. Zu viele schlimme Erinnerungen.
Der Steg erinnerte ihn an die vergangene Nacht. Hatte er wirklich dort draußen gelegen mit dem Einen, dem Schöpfer des Universums? Mack schüttelte zutiefst erstaunt und verwirrt den Kopf. Was ging hier vor? Wer waren diese drei wirklich, und was wollten sie von ihm? Was immer es war, er war sicher, dass er es
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