Die Huette
dich zu richten«, fügte Mack hinzu. »Ich war wirklich auf einem schlimmen Irrweg ... viel schlimmer, als ich gedacht hätte. Ich habe deine Rolle in meinem Leben völlig missverstanden.«
»Nicht völlig, Mack. Wir hatten auch einige wunderbare Momente zusammen. Sieh das alles also nicht zu negativ.«
»Aber ich mochte Jesus immer mehr als dich. Er schien so gnadenvoll, während du mir so ... «
»Gemein vorkamst? Du hast mich gemein gefunden, stimmt's?
Traurig, nicht wahr? Dabei ist Jesus zu euch gekommen, um den Menschen zu zeigen, wie ich wirklich bin, aber die meisten Leute schreiben diese Eigenschaften nur ihm zu. Meistens spielen sie ihn und mich gegeneinander aus, wobei Jesus der Gute ist und ich der grausame, strenge Vater. Besonders die religiösen Leute machen das so. Wenn sie ihre Schäfchen dazu bringen wollen, sich so zu verhalten, wie sie es gern hätten, brauchen sie einen strengen Gott. Wenn sie Vergebung suchen, laufen sie zu Jesus.«
»Genau«, sagte Mack und unterstrich diese Aussage, indem er mit dem Zeigefinger in die Luft stach.
»Aber wir waren alle in ihm. Er spiegelt mein Herz genau wider.
Ich liebe dich und lade dich dazu ein, mich zu lieben.«
»Aber warum ich? Ich meine, warum Mackenzie Allen Phillips?
Warum liebst du jemanden, der ein solcher Versager ist? Nach allem, was ich über dich gedacht habe, und all meinen Anschuldigungen gegen dich - warum machst du dir da überhaupt noch die Mühe, zu mir durchzudringen?«
»Weil die Liebe genau diese Dinge tut«, antwortete Papa. »Vergiss nicht, Mackenzie, ich frage mich nicht, was du tun oder welche Entscheidungen du treffen wirst. Das weiß ich bereits. Nehmen wir zum Beispiel an, ich wollte dir beibringen, dich nicht länger hinter Lügen zu verstecken, rein hypothetisch natürlich«, sagte sie augenzwinkernd. »Und nehmen wir an, ich wüsste, dass es siebenundvierzig Erlebnisse und Situationen bedarf, bis du wirklich bereit bist, auf mich zu hören - das heißt, bis du mich klar genug hörst, um zu erkennen, dass du dich ändern solltest. Wenn du mich also beim ersten Mal nicht hörst, bin ich deswegen nicht frustriert oder enttäuscht, sondern finde das Ganze äußerst aufregend. Denn es sind ja nur noch sechsundvierzig Male, bis du so weit bist. Und dieses erste Mal ist ein Baustein für eine Brücke der Heilung, über die du eines Tages - heute - gehen wirst.«
»Okay, jetzt fühle ich mich schuldig«, gestand Mack.
»Und, macht das Spaß?«, sagte Papa leise lachend. »Im Ernst, Mackenzie, es geht nicht darum, sich schuldig zu fühlen. Schuldgefühle werden dir niemals helfen, deine Freiheit in mir zu finden. Bestenfalls veranlassen sie dich, äußerlich irgendwelche ethischen Normen zu befolgen. Mir geht es nicht um Äußerlichkeiten, sondern um dein Inneres.«
»Aber das, was du eben gesagt hast. Dass ich mich hinter Lügen verstecke. Ich glaube, das habe ich auf die eine oder andere Art fast mein ganzes Leben lang getan.«
»Mein Liebling, du bist ein Überlebender. Dafür brauchst du dich nicht zu schämen. Dein Vater hat dir sehr wehgetan. Das Leben hat dir wehgetan. Überlebende lügen häufig, weil sie sich schützen wollen. Das gibt dir ein Gefühl der Sicherheit, einen Ort, wo du dich ganz auf dich selbst verlassen kannst und dich nicht von anderen abhängig fühlst. Aber es ist ein dunkler Ort, stimmt's?«
»Sehr dunkel«, murmelte Mack kopfschüttelnd.
»Aber bist du bereit, die Macht und Sicherheit aufzugeben, die dieser Ort dir bietet? Das ist die Frage.«
»Was meinst du damit?«, fragte Mack und blickte zu ihr auf. »Lügen sind eine kleine Festung. In dieser Festung kannst du dich sicher und mächtig fühlen. Mithilfe dieser Lügen organisierst du dein Leben und manipulierst deine Mitmenschen. Aber die Festung benötigt Mauem, also baust du dir welche. Das sind dann die Rechtfertigungen für deine Lügen. Du weißt schon: dass du das angeblich nur tust, um jemanden zu schützen, den du liebst, um ihm Schmerz zu ersparen. Diese Rechtfertigungen, die dir helfen, dich mit deinen Lügen okay zu fühlen.«
»Aber ich habe Nan wirklich nichts von deinem Brief erzählt, weil ich weiß, welchen Kummer er ihr bereitet hätte.«
»Siehst du, Mackenzie? Schon rechtfertigst du dich. Was du gesagt hast, war eine dreiste Lüge, aber das siehst du nicht.« Sie beugte sich vor. »Möchtest du, dass ich dir die Wahrheit sage?«
Mack wusste, dass Papa nun ans Eingemachte gehen würde, aber er war trotzdem
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