Die Hure Babylon
in den Schild. »Runter vom Weg«, schrie er noch mal und schwang das Schwert in der Luft. »Alle Kämpfer zu mir.«
Knechte zerrten die Lasttiere von der Straße und gingen im Gebüsch oder hinter Felsbrocken in Deckung, zwangen die Tiere, sich niederzulegen. Tote blieben zurück, Verletzte humpelten oder krochen, wurden von ihren Kameraden zwischen die Büsche gezerrt.
Verwundete Tolosaner Krieger, die in der Nähe waren und noch kämpfen konnten, rannten zu der kleinen Gruppe um Jori und verstärkten die Schildwand. Hinter ihren Rücken suchten Maultiertreiber und Frauen Schutz, einige mit Säuglingen auf dem Rücken. Langsam schien etwas Ordnung in das wilde Durcheinander zu kommen.
Da entdeckte Jori eine Bewegung zwischen den Bäumen vor ihnen. »Rückt dichter zusammen«, rief er. »Und macht euch bereit. Die Bastarde kommen.«
»Gebt ihnen Eisen zu schmecken, Jungs«, knurrte der Mann neben ihm. »Die Hölle wartet schon auf sie.«
Fünfhundert Schritt weiter vorn hatten Arnaut und seine Krieger beim ersten Pfeilhagel ebenfalls versucht, ihre Pferde aus der Schusslinie zu nehmen. Trotzdem waren viele Tiere getroffen worden, auch Arnauts Wallach Basil steckte ein Pfeil tief in der Brust. Arnaut riss sich von dem Anblick los und rannte mit den anderen zum Weg zurück.
Nicht weit von ihnen befanden sich Bertran und seine Ritter. Dahinter war der Tross ins Stocken gekommen. Getroffene Lasttiere rissen sich los, um durch den Bach zu fliehen, wo sie, von weiteren Pfeilen getroffen, unter ihrer Last zusammenbrachen. In der anderen Richtung, bergauf, lag die lange Kolonne von Speerkämpfern unter heftigem Beschuss von beiden Seiten des Tals. Pfeile flogen so dicht von allen Seiten, dass immer mehr Männer ins blutige Gras sanken und die Reihen sichtlich dünner wurden, obwohl sie sich verzweifelt mühten, eine ordentliche Schildwand zu bilden. Offensichtlich waren sie das Ziel des Hauptangriffs.
»Geben wir ihnen Hilfe?«, fragte Severin neben ihm.
»Nein. Wir haben den Tross zu schützen.«
Es brach ihm fast das Herz, untätig zuzusehen, wie die Fußtruppen niedergemacht wurden, aber diesmal würde er seine Befehle nicht missachten. Er blickte sich nach allen Seiten um. Bertran gab ihm ein Zeichen, und er nickte sein Einverständnis.
»Wir sollen uns bis zum Waldrand zurückziehen«, sagte er.
Dort bildeten sie zusammen mit Bertrans Männern eine Verteidigungslinie, hinter der sich Mensch und Tier zu sammeln begannen. Auch an dieser Stelle blieben viele blutend auf dem Weg zurück, darunter mehrere von Arnauts Männern. Zwischen den Bäumen waren sie zumindest einigermaßen vor Reiterangriffen geschützt.
Constansa konnte den Angstschweiß ihrer Kameraden riechen. Sie selbst war seltsam gefasst. Schon bei den ersten Pfeilen war sie sicher gewesen, hier an diesem gottverlassenen Ort in Anatolia würde sie sterben. Und warum nicht? Hatte sie doch nichts mehr, auf das sie sich freuen konnte. Der Tod würde sie erlösen. Wenn sie wenigstens ihr Herzblut für einen ihrer Freunde geben durfte, dann war es gut.
Aber dann fiel ihr der verfluchte Templer ein und dass er, wenn sie starb, ungestraft davonkommen würde. Wut und Hass flammten in ihr auf und verliehen ihr neue Lebenskraft. Sie drängte sich enger an Ferran, der ihre rechte Seite deckte. Nein, noch war es nicht zu Ende, noch atmete sie.
♦
Geoffroy de Rancon und die Ritter der Vorhut hatten nichts von der Tragödie bemerkt, die sich weit hinter ihnen abspielte. Einige Stunden zuvor waren sie auf der Passhöhe angekommen, wo sie Befehl hatten, auf das Hauptheer zu warten. Sie hatten den Ort jedoch wenig geeignet für ein großes Lager vorgefunden, von Felsbrocken übersät und den kalten Winden ausgesetzt.
Von dort oben konnten sie weit ins Hochland des Taurus blicken, durch das sie am nächsten Tag ziehen würden. Vor ihnen senkte sich das Gelände sanft bis zu einer weiten, teilweise baumlosen Talebene ab, die ihnen zum Lagern wesentlich geeigneter erschien.
Geoffroy schlug vor, Kundschafter ausschwärmen zu lassen, aber in jedem Fall weiterzuziehen, um dort unten einen Lagerplatz zu finden. Vielleicht eine windgeschützte Stelle an einem Bach.
Comte
Amédée, der von Kriegführung wenig Ahnung hatte, fand den Plan gut. Da das Hauptheer wesentlich langsamer als geplant vorangekommen war, war es Rancon entgangen, wie weit er sich bereits entfernt hatte. Boten zurückzuschicken war ihm nicht in den Sinn gekommen. Unbekümmert hatte er den Befehl
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