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Die Hure Babylon

Die Hure Babylon

Titel: Die Hure Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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den Ausschlag geben können. Einen Augenblick lang erfasste Arnaut Panik, als sie sich dem blutigen Gemetzel näherten.
Ein Ritter darf keine Angst haben!
Der unsinnige Spruch seines Vaters hallte ihm wie das ewige Echo der eigenen Furcht zwischen den Ohren.
    Dann fand er sich mitten im Gewühl, Severin an seiner Seite. Einer deckte den anderen, während sie sich vorarbeiteten und dabei versuchten, nicht unter die Hufe der eigenen Ritter zu kommen. Eine Horde Türken griff sie an. Sie teilten nach allen Seiten aus, Feinde fielen vor ihren Schwertern, doch es waren zu viele. Als sie in Bedrängnis gerieten, waren Ferran und Constansa zur Stelle, um sie freizukämpfen. Constansas Gesicht war gerötet, der Mund offen, ihre Augen blitzten in der Erregung des Kampfes. Ihr
sobrecot
war blutgetränkt.
    Schon verlor Arnaut sie aus den Augen, als er gegen einen Felsen gedrängt wurde. Doch die türkischen Krieger wendeten sich von ihm ab, begannen, den Felsen zu erklimmen. Oben stand ein einzelner Ritter, der sich nur mit Mühe den Feind vom Leib halten konnte. Als sein Pferd unter ihm gestorben war, musste er sich hierhin gerettet haben. Zwei, drei fielen unter seinen Streichen, dann ein weiterer. Doch andere drängten nach. Plötzlich erkannte Arnaut das schmale Gesicht mit der langen, dünnen Nase.
Putan!,
es war der König, der dort um sein Leben kämpfte.
    Arnaut zögerte nicht. Er ließ den Schild fahren, war mit zwei Sätzen auf dem Felsen und gebrauchte sein Schwert beidhändig, hackte sich wie besessen einen Weg durch die Türkenkrieger, die keinen Angriff von hinten erwartet hatten. Auch Severin war wieder bei ihm, und zusammen töteten sie die Letzten, die dem König noch hätten gefährlich werden können.
    Kaum hielten Arnaut und Severin inne, um Atem zu schöpfen, als sich der Schlachtenlärm hinter ihnen zu einem Jubelschrei aus tausend Kehlen wandelte.
    Zu seinem Erstaunen sah Arnaut die Türken weichen. Trotz großer Verluste hatten Templer und königliche Garde den Feind lang genug gebunden, dass die schon fast besiegten Speerkämpfer neuen Mut hatten fassen können. Mit vereinten Kräften war es dann gelungen, das Schlachtglück zu wenden. Als die Seldschuken begannen, um ihr Leben zu rennen, setzten die Ritter nach und machten sie in großen Mengen nieder, bevor sie im Wald verschwinden konnten.
    »Que Dieu vous remerci, Messeigneurs«,
sagte eine Stimme hinter ihnen. Sie drehten sich um und sanken vor dem König auf die Knie.
    Louis bedankte sich noch einmal, dann stand er lange unbeweglich neben ihnen und blickte auf das Schlachtfeld, auf die unfassbare Menge an Toten, auf die schmerzverzerrten Gesichter der Verwundeten, er hörte die Schreie der verendenden Tiere, er glaubte, das Blut zu riechen, das in die Erde sickerte. Es war ein einziger Alptraum. Er fand nicht einmal die Kraft zu beten und Gott zu danken. Benommen wie ein Nachtwandler stieg er vom Fels hinab und ließ sich von den Überlebenden seiner königlichen Garde in Empfang nehmen.
    Unbestritten war es seinem Einsatz zu verdanken, dass die
militia christi
einer endgültigen Vernichtung entgangen war. Aber nur mit knapper Not und unter enormen Verlusten. Später würden manche behaupten, hier am Kadmus wurde der Mut des Königs gebrochen.

Die Angst im Nacken
    W er nach dem Ende des Gemetzels um sich blickte, tat es mit Entsetzen. Das also war, was die Alten mit dem Wort
ager sanguinis
beschrieben, Blutfeld und Todesacker. Scheideweg der Schicksale, wo der Schnitter die unerbittliche Sense schwingt, ein schnelles Ende für viele, langes Siechtum für andere oder ein Leben als Krüppel. Hoffnungen zerstört, Seelen verletzt, Stolz gedemütigt.
    Kaum hatten sich die Dankgebete der Überlebenden verflüchtigt, da zankten sich schon Plünderer um irgendeinen Goldring, einen Türkendolch oder eine Handvoll Münzen. Scharen von Krähen sammelten sich aufgeregt in den Bäumen, als hätten sie bereits die Witterung verwesenden Fleisches aufgenommen, und erstritten sich die besten Plätze für das zu erwartende Festmahl.
    Auch am Bach und entlang des Weges hatten die Seldschuken Leid und Zerstörung hinterlassen. Tote Knechte, verendete Tiere, verwundete Weiber, Kinder, die nach ihren Müttern schrien. Viele waren in den Wald geflohen und wagten sich nun langsam zurück. Sie begannen, den Verwundeten zu helfen und die verängstigten Packtiere einzufangen, die den Ansturm überlebt hatten. Elenas Maultier war unversehrt geblieben, wie auch Aimars

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