Die Hure Babylon
sprach, denn mit den Dörflern konnte man sich kaum verständigen.
Es waren einfache Menschen, die Getreide anbauten und ihre Ölbäume pflegten. Sie besaßen nicht einmal eine Kapelle, nur einen Heiligenschrein zur Anbetung der Jungfrau Maria. Ihre Hütten waren aus klobigen Feldsteinen errichtet und bestanden meist nur aus einem Raum, in dem die ganze Familie hauste, nicht selten auch die Hühner, Ziegen oder Schafe. Das Essen wurde an einer überdachten Kochstelle an der Außenwand zubereitet. Diejenigen, denen es besserging, besaßen einen Stall für ein paar Kühe, ein Scheunendach und einen ummauerten Innenhof, in dem Kinder, Katzen und junge Hunde tobten.
Dieses biedere Bauernvolk hasste die da oben auf der Burg, die eine Stunde Fußmarsch entfernt auf einem hohen Hügel lag. Zu oft schon hatten die Soldaten sie bestohlen oder sich an ihren jungen Weibern vergriffen. Wohl deshalb hatte Elias sich bereit erklärt, ihnen zu helfen, obwohl die Sache auch für das Dorf nicht ganz ungefährlich war. Und Bertrans Großzügigkeit hatte ein wenig nachgeholfen.
Die Besatzung der Burg Arima bestand gegenwärtig nur aus zwanzig Mann, nicht zuletzt, weil Bertran andernorts für eine Ablenkung gesorgt hatte, um Truppen abzuziehen. Trotzdem wäre es Wahnsinn gewesen, die Mauern zu stürmen. Daher Arnauts Plan, Elias’ wöchentliche Lieferung von Verpflegung und Pferdefutter diesmal selbst zu übernehmen. Unter dem Heu würden sich die Männer verborgen halten. Und damit die Wachen keinen Verdacht schöpfen sollten, war es die Aufgabe der Frauen, als Bäuerinnen verkleidet, den Maultierkarren durchs Burgtor zu führen. Constansa und Beatriz hatten sogar ein paar Brocken Aramäisch gelernt und noch dazu geübt, gebrochen Provenzalisch zu sprechen, wofür Elias ein gutes Vorbild abgegeben hatte.
»Also, ich erkläre es noch mal«, sagte Arnaut, nachdem Constansa sich zu ihnen gesetzt hatte. »Wenn sie fragen, antwortet einfach, Elias ist krank. Lasst euch auf keine Unterhaltung ein. Gebt euch scheu. Nur nicken und nicht zu viel lächeln. Das würden die Frauen aus dem Dorf nicht tun. Sobald ihr das Tor passiert habt, geht’s los. Constansa gibt dazu das Zeichen. Und du, Beatriz«, er blickte sie mit seinen dunklen Augen an, »du siehst zu, dass du niemandem in die Quere kommst. Wir wollen doch nicht, dass du verletzt wirst.«
Sie schluckte. Wie hatte sie nur jemals zustimmen können, bei einer solchen Sache mitzumachen? Und wie hatte ihr Bruder das zulassen können? Nun, jetzt konnte sie schlecht einen Rückzieher machen. Nicht vor Constansa und besonders nicht vor Arnaut. Sie hob das Kinn und setzte sich aufrechter, um nicht zu zeigen, wie mulmig ihr war.
»Das Tor ist meist nur von zwei Mann besetzt«, fuhr Arnaut fort. »Es geht bloß darum, die Torwächter zu erledigen und unsere Leute reinzulassen. Ist das klar?«
Sie alle nickten. Severin zog sein Schwert aus der Scheide und begann, es mit einem Schleifstein zu bearbeiten. Allein der Anblick bereitete Beatriz größtes Unbehagen. Sie hatte noch nie eine Schwertwunde gesehen, aber bei der Vorstellung drehte sich ihr der Magen um.
In der Früh würden sie mit dem Karren losziehen, so wie es Elias üblicherweise tat, und hoffen, dass es dem Rest der Truppe in der Nacht gelungen war, unbemerkt ihre Stellungen auf dem Burghügel einzunehmen. Zum Glück wuchs dort eine Menge an übermannshohem Gestrüpp, in dem man sich verstecken konnte.
Kurz nach Sonnenaufgang halfen die Bauern, den vierrädrigen Heuwagen so mit Korn- und Bohnensäcken zu beladen, dass ein verborgener Hohlraum entstand, in dem die Männer liegen konnten, wenn auch ungemütlich eng beieinander. Auf Schilde und Helme würden sie verzichten, ansonsten waren sie wie üblich in Kettenpanzern gerüstet.
Die beiden Frauen hatten sich Sachen übergezogen, wie die Bäuerinnen sie bei der Arbeit trugen, unförmig und lang bis auf die Knöchel, grau oder erdfarben. Ihre helle Haut an Händen und Gesichtern wurde mit etwas Staub und trockenem Hühnerdreck, die Brauen wurden mit Ruß abgedunkelt. Das blonde Haar verschwand unter Tüchern, nach Bauernart um den Kopf gewickelt, und ein langes Schultertuch vervollständigte die Verkleidung.
Beatriz rümpfte die Nase. »Ich stinke nach Ziege.«
Constansa lachte. »Und ich nach ranziger Milch und Kuhstall.«
»Dann versucht euch wenigstens niemand unter die Röcke zu greifen«, knurrte Severin.
»Ha! Eifersüchtig?«
»Was, auf einen ungewaschenen
Weitere Kostenlose Bücher