Die Hure Babylon
hab ich noch nie gesehen.«
Er trat näher. Der Kerl stank aus dem Maul, und Beatriz wich einen Schritt zurück. Sie war sicher, er würde die lächerliche Verkleidung durchschauen und sie beide festnehmen. Plötzlich langte er zu und kniff ihr in den Po. Sie schrie auf und sprang zurück.
»Hübscher Hintern.« Er lachte schallend. »Aber du riechst ein bisschen streng, mein Täubchen. Euch Bauernmädels muss man erst gründlich abschrubben.«
»Lass die Weiber in Ruhe, Guillem«, hörten sie jetzt einen anderen Wachmann rufen, der über den Burghof schlenderte. Er trug keinen Helm, war aber sonst in voller Rüstung.
Und dann war plötzlich alles in Bewegung.
Beatriz hörte ein lautes Ächzen, sah, wie der Kerl neben ihr sich aufbäumte, Constansas langes Messer im Leib. Noch einmal stach sie zu, diesmal durchs Brustbein tief ins Herz.
»Merda!«,
brüllte der zweite Kerl, als er seinen Kameraden zusammenbrechen sah, und zog das Schwert.
Constansa entwischte ihm nur knapp und verschanzte sich hinter dem Wagen. Er wollte folgen, doch Beatriz stellte ihm ein Bein, so dass er strauchelte.
Er änderte die Richtung, um nun auf Beatriz loszugehen, da erhob sich auf dem Karren hinter ihm ein heubedecktes Ungeheuer und hieb ihm das Schwert in den Nacken. Gellend schrie er auf und drehte sich um. Da blitzte die Klinge ein zweites Mal auf, und diesmal grub sie sich tief in seinen Schädel. Wie von einem Felsbrocken getroffen, sackte der Mann zusammen und rührte sich nicht mehr.
Constansa war bereits auf die Zugbrücke gelaufen und rief lautstark nach Bertran und seinen Männern. Severin und die anderen sprangen vom Wagen. Kaum hatten sie das Heu von den Schultern geschüttelt, als der Burghof sich mit fünf oder sechs weiteren Kriegern der Besatzung füllte.
Die machten große Augen, schienen verwirrt und überrumpelt von dem plötzlichen Angriff. Nur zwei waren in Rüstungen, einer sogar gänzlich unbewaffnet. Severin, Arnaut und Jori warfen sich ihnen entgegen, und bevor die Gegner den Mund zubekamen, fielen zwei von ihnen unter den ersten Streichen. Die anderen zogen sich zurück und brüllten nach Verstärkung. Aber in diesem Augenblick stürmten auch schon Bertrans Männer in den Burghof und machten sie nach kurzem Kampf nieder.
Beatriz hatte noch nie so viel Blut gesehen. Sie schreckte hoch, als ein verirrter Armbrustbolzen sich neben ihr in den Boden grub. Da war es endgültig um ihre Selbstbeherrschung geschehen. Die Blase hielt nicht länger, Urin lief ihr die Schenkel hinunter. In Panik versteckte sie sich hinter dem Heuwagen.
Und dann wäre sie fast vor Scham gestorben, als ausgerechnet Arnaut sich ihr in diesem peinlichen Zustand näherte und sagte: »Das hast du gut gemacht, Beatriz.«
»Ist es vorbei?«, fragte sie mit bebender Stimme.
»Du kannst jetzt wieder Atem holen, Schwesterchen.« Das war Bertran, der sie ebenfalls angrinste. »Sie haben sich ergeben.«
♦
Die Gräfin Hodierna strich ihrer fünfjährigen Tochter übers Haar und küsste ihr zärtlich die Wangen. »Geh,
mon anjol.
Ich komm gleich nach dir sehen.«
Damit übergab sie das Kind der Amme und wandte sich den Männern zu, die Ernsthaftes zu besprechen hatten.
»Melisende lässt dir ausrichten«, sagte Josselin de Puylaurens, »dass es langsam Zeit wird, dieses Possenspiel zu beenden. Der Kerl macht einen Narren aus dir.«
»
Per deable,
was denkt ihr eigentlich, was ich tue«, polterte Graf Raimon von Tripolis. »Seit sechs Monaten machen wir nichts anderes, als hinter dieser Bande herzulaufen.«
»Eben. Hinterherlaufen ist das richtige Wort. Mehr gelingt dir anscheinend nicht. Erst macht dein Vetter die ganze Grafschaft unsicher, dann schnappt er sich auch noch diese Festung. Seit drei Monaten sitzt er jetzt schon auf deiner Burg. Der Mann wird täglich stärker.«
»Das weiß ich selber,
putan.
Dazu hättest du dich nicht herbemühen müssen.«
Graf Raimon spürte, wie Hodierna ihn beobachtete. Dabei hatte sie wieder diesen aufreizend spöttischen Zug um den Mund. Seine Erregung schien sie zu belustigen.
»Vielleicht hätte ich diesen Bertran heiraten sollen«, sagte sie mit einem boshaften Lächeln. »Der versteht wenigstens was von Eroberungen.«
Josselin lachte über die doppeldeutige Bemerkung. »Er oder sein bester Mann, dieser Montalban aus Narbona.«
Graf Raimon dagegen war rot angelaufen vor Wut und schleuderte seinen Weinkelch gegen die Wand, wo er einen hässlichen roten Flecken hinterließ.
»Noch ein
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