Die Hure Babylon
gesagt, so wie ihr euch getrennt habt.«
»Es stimmt, ich habe mich wie ein rachsüchtiges, herzloses Kind verhalten. Ich war so schrecklich wütend auf ihn. Ich wollte ihn verletzen, so wie er mich verletzt hat. Dabei habe ich ihm doch schon längst verziehen. Wie könnte ich ihm denn nicht verzeihen? Und ich wünsche mir nichts mehr, als dass er es auch tut.«
Aimar sah mich mit seinen warmherzigen Augen an und ergriff meine Hände. »Er hat dir verziehen, Ermengarda, da bin ich ganz sicher. Aber du weißt, wie Männer sind. Er muss noch seinen Stolz überwinden.«
Plötzlich hatte ich eine wilde Eingebung und sprang auf. »Ich geh ihn holen.«
Aimar sah mich entgeistert an. »Das ist nicht dein Ernst!«
»Ich reise nach Outremer. Ich finde ihn, wo immer er stecken mag, und ich bringe ihn heim.« Aufgeregt lief ich umher. »Ich bin ihm schon einmal nachgereist, erinnerst du dich?« Es war vor fünf Jahren gewesen, als man mich zu dieser Scheinehe gezwungen hatte.
»Aber meine Liebe, eine Reise nach Outremer ist etwas ganz anderes. Das Land ist unsicher. Besonders jetzt. Auf den Straßen läuft man Gefahr, von marodierenden Kriegern überfallen zu werden. Oder von plündernden Sarazenen.«
»Ich habe selbst Soldaten.«
»Und die lange Reise.«
»Ich nehme ein Schiff, wie du.«
»Wir haben Oktober. Bald beginnen die Winterstürme.«
Ernüchtert ließ ich mich wieder nieder. Vielleicht hatte er ja recht. »Was kümmern mich Winterstürme, wenn ein Sturm in meinem Herzen tobt«, sagte ich dennoch trotzig, aber etwas weniger entschlossen.
»Du wirst in Narbona gebraucht, Ermengarda. Du kannst nicht einfach ein halbes Jahr verschwinden. Aber nichts hindert dich daran, einen Boten mit einer Nachricht nach Antiochia zu schicken. Entweder wissen sie dort, wo er sich aufhält, oder du kannst den Brief beim Prinzen hinterlegen lassen. Irgendwann wird Arnaut ihn bekommen.«
»Und deine Winterstürme?«
»Mit Geld lässt sich immer ein Schiff finden, das die Reise wagt.«
Und so kam es, dass ich mich mit Feder und Tinte in meine Kammer zurückzog, um eine lange Nacht über diesem Brief zu brüten, der mein Leben heilen und mir den Liebsten wiederbringen sollte.
Castel Arima
D ie Fürstentochter Beatriz beobachtete, wie Constansa vom Pferd sprang und das Tier in einem der Ställe versteckte. Obwohl die junge Kriegerin weit unter ihrem eigenen Rang stand, konnte Beatriz sich nicht helfen, sie heimlich zu bewundern. Wie sicher und selbstbewusst sie sich unter den Männern bewegte. Das wilde Räuberleben dieser Tage schien ihr zu bekommen. Ihr helles Haar leuchtete in der Sonne, sie strotzte vor Gesundheit, lachte lauthals über die derben Scherze der Männer, kratzte sich, wo es ihr passte, hockte sich unbekümmert in die Büsche, um ihre Notdurft zu verrichten. Sie war so herrlich ungezügelt frei.
Und doch hinderte es sie nicht, wie eine Frau zu lieben. Kaum zu übersehen, wie glücklich sie mit ihrem Severin war. Von niemandem ließ sie sich etwas sagen, ihre scharfe Zunge geißelte jeden, der ihr zu nahetrat, doch für Severin war sie weich wie ein Kätzchen.
Beatriz war mehr für das höfische Leben geschaffen, für Tanz und Gesang, für schöne Kleider, für ritterliche Anbeter und geheime Liebesbotschaften. Sie fand es schwer, sich an das rauhe Dasein zu gewöhnen, das sie führten, an diese verfluchte Wildnis, in der sie für gewöhnlich hausten, oder an die langen Stunden im Sattel, die ständigen Ortswechsel.
Doch was blieb ihr anderes übrig, als sich ihrem Schicksal zu fügen? Die ersten Wochen hatte sie gejammert, dann alles wortlos über sich ergehen lassen, aber in letzter Zeit hatte sich bei ihr ein wenig von jenem trotzigen Lebenswillen eingestellt, der Menschen Dinge vollbringen lässt, die sie sich vorher niemals zugetraut hätten.
Sie wollte nicht mehr wie ein nutzloses Paket mitgeschleppt, sondern wie Constansa von den Männern respektiert werden. Besonders von Bertrans Freund, diesem hochgewachsenen, stattlichen Kerl, der wenig sprach, aber dessen ernster Blick ihr oft durch Mark und Bein ging.
Deshalb hatte sie sich auch für seinen völlig verrückten Plan hergegeben. Wenn sie nur daran dachte, wurde ihr schon schlecht vor Angst. Eine Woche lang hatten sie, vor der Welt versteckt, in diesem Bauerndorf zugebracht, um sich für ihr Vorhaben vorzubereiten. Sie selbst, Constansa, Severin, Jori und eben auch Arnaut. Zum Glück war da Elias, der Dorfvorsteher, der ein wenig Provenzalisch
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