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Die Hure Babylon

Die Hure Babylon

Titel: Die Hure Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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vermerkt hatte, und an einen Arnaut de Montalban gerichtet. Ob das Schreiben wichtig war, wusste er nicht, es ging ihn auch nichts an, aber es war immerhin mit dem Siegel der Vizegrafschaft Narbona versehen. Er faltete den Einsatzbefehl zusammen, legte den Brief hinein, versiegelte das Ganze und schrieb Arnauts Namen darauf. Dann legte er es zur Abholung bereit.
    Doch es war Jori, der am Nachmittag das Päckchen holte und auf Arnauts Geheiß irgendwo in dessen Satteltasche stopfte, wo es später, als sie ihre Sachen packten, ungeöffnet unter Wäsche, Socken und Tuniken verschwand.
    ♦
    Beim ersten Licht würden sie ausrücken, hatte der Prinz gesagt. In Wirklichkeit dauerte es den halben Vormittag, bis das kleine Heer marschbereit war. Nicht mehr als fünfhundert Reiter und eintausend Mann Fußvolk würden sich dem Feind entgegenwerfen. Angeblich habe man nicht genügend Zeit gehabt, alle verfügbaren Kräfte Antiochias zu sammeln, doch Arnaut beschlich der Verdacht, viel mehr als dieses kleine Heer konnte das Fürstentum nicht aufbieten.
    Anführer und Kern der Truppe bestand aus einheimischen Rittern und Söldnern, zumeist Normannen ursprünglich aus Italia, einer Einheit syrischer Bogenschützen und einer Hundertschaft Turkopolen, eine leichte Reiterei, die aus Söhnen von Mischehen zwischen christlichen und türkischen Eltern bestand.
    Dazu kamen Krieger aus aller Herren Länder, Neuankömmlinge wie Arnaut und Jori, herrenlose Veteranen aus dem Heer von König Louis, die sich in der Stadt befanden, Männer aus vielen Gegenden des Frankenreichs, aus Anjou, Flandern, der Auvergne, aus Bearn oder der Provence, ja sogar ein paar Alemannen. Das Sprachengemisch war verwirrend, wobei das Nordfränkische überwiegte, aber jeder schien es anders auszusprechen oder mischte provenzalische, griechische, türkische oder apulische Brocken mit hinein. Kein Wunder also, dass es dauerte, bis die Männer verteilt waren und jeder seine Einheit gefunden hatte, bis alles Gerangel unter den Anführern geklärt und die Marschordnung abgestimmt war.
    In diesem Durcheinander war ihnen ganz unerwartet ihr alter Freund Ferran über den Weg gelaufen, der ein etwas betagt wirkendes Pferd hinter sich herzog. Voller Freude über das Wiedersehen umarmten sie ihn stürmisch. Vier Wochen war er schon in Antiochia. Elena und Munira ginge es gut, berichtete er. Sie hatten in Jerusalem einen Handel für fromme Andenken aufgemacht, die bei Pilgern und heimkehrenden Soldaten sehr beliebt waren. Lois Bernat beschäftige sich mit dem Aufspüren von Reliquien, nicht immer aus einwandfreien Quellen, wie Ferran vermutete.
    Zu erfahren, wie Severin und Constansa gestorben waren, setzte ihm mächtig zu. Er verbarg die Tränen nicht, die ihm in den grauen Bart rannen.
    »Es ist alles zu nichts zerronnen«, sagte er betrübt und fütterte seinen Gaul mit einem Apfel, den er aus der Satteltasche gezogen hatte. »Damaskus war eine einzige Schmach, das könnt ihr mir glauben.«
    »Du warst dabei? Erzähl mal.«
    »Zuerst kamen wir gut gegen die Moslems voran. Wir konnten auf der Westseite eine günstige Stellung in der Nähe der Obstgärten einnehmen. Die liegen wie ein Ring um Damaskus. Wir hatten Wasser vom Fluss und Früchte aus den Gärten. Aber dann wurden wir heftig bedrängt und verloren eine Menge Mannschaften. Also verlagerten wir das Heer nach Südosten. Angeblich, weil die Befestigungen dort leichter zu stürmen wären, was sich aber als falsch herausstellte. An dem verfluchten Ort gab es weder Wasser noch irgendwas zu fressen, dafür aber täglich die heftigsten Angriffe. Wir konnten uns nicht mehr halten, und der Weg zurück zur Westseite war nun auch versperrt. Das war’s dann. Wir mussten abziehen.«
    »Erinnerst du dich vielleicht an einen Felipe de Menerba aus Narbona? Wir hatten ihn letztes Jahr in Antiochia getroffen.«
    »Der ist auf dem Rückzug gefallen.«
    Arnaut und Jori sahen sich betroffen an.
    Ferran seufzte. »Der Rückzug war das Schlimmste. Da hatten wir die allerschwersten Verluste. Es war ein trauriger Rest, der sich nach Jerusalem retten konnte. So was möchte ich nicht noch einmal erleben.«
    »Und was machst du dann hier?«
    »Tja. Was mache ich hier? Gute Frage.« Er klaubte noch einen Apfel aus der Satteltasche. In den biss er aber selber. »Ich sag euch eines. Die haben keine Angst mehr vor uns. Früher hatten sie vor der fränkischen Reiterei einen Heidenrespekt. Wenn ein paar Ritter auftauchten, liefen sie schon davon.

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