Die Hure Babylon
Die Zeiten sind vorbei. In letzter Zeit haben sie gelernt, dass man uns schlagen kann. Und jetzt lechzen sie nach unserem Blut.
Djihad
rufen sie überall, hab ich mir sagen lassen. Die werden nicht ruhen, bis sie uns ins Meer geworfen haben.«
»Und das willst du hier verhindern helfen?«
Er zuckte mit den Schultern. »Auf mich wartet wenig Besseres im Leben«, grinste er. »Ein Besäufnis unter Kameraden, eine willige Hure, wenn sie sich findet, und ein guter Kampf, damit bin ich schon zufrieden. Sterben müssen wir ohnehin alle. Ob heute oder morgen, darüber zerbreche ich mir nicht den Kopf.«
»Jedenfalls freuen wir uns, dich wiederzusehen, mein Alter«, sagte Arnaut und legte Ferran den Arm um die Schultern. »Ich hoffe, du schließt dich uns an.«
»Auf jeden Fall. Ich hab dir ja gesagt, ich finde dich.«
»Wir sollten versuchen, bei nächster Gelegenheit einen besseren Gaul für dich aufzutreiben.«
»Lass nur«, grinste Ferran und hielt dem Tier seinen abgenagten Apfel hin. »Die Mähre ist wie ich. Alt, zäh und bissig.« Er lachte lauthals über seinen Witz.
»Können wir gegen Nur ad-Din bestehen, Ferran? Das Heer kommt mir ziemlich klein vor.«
»Der Prinz ist ein wilder Mann, wenn es stimmt, was man so hört. Übermacht zählt für ihn nicht. Kopf hoch, dem Feind fest ins Auge blicken und drauf.« Ferran lachte. »Bisher hat er immer Erfolg damit gehabt. Wir werden sehen.«
Bald darauf ging es mit fliegenden Bannern los in Richtung Süden, immer am Orontes entlang, ringsum rauhes, bergiges Gelände. Unterwegs wurde viel gesungen, aber da dies ein Heer von harten, schlachterprobten Gesellen war, lagen ihnen Kampflieder mehr als fromme Hymnen. Nach drei Tagesmärschen weitete sich das Tal zu einer fruchtbaren Flussebene, in der eine feuchte Hitze brütete. Sie kochten in ihren Panzern wie Flusskrebse im Sud.
Hier schloss sich ihnen Ali ibn-Wafa mit einer kleinen Truppe der
Haschischin
an, fanatische Kämpfer in Turbanen, von Kopf bis Fuß in lange Gewänder gehüllt. Arnaut war erstaunt, Moslems auf der Seite der Christen zu finden, aber die ismaelitischen
Haschischin,
wie Robert Francavila ihm erklärte, hassten die weltliche Macht der türkischen Emire von Aleppo und Damaskus. Sie wollten allein Gottes Herrschaft auf Erden errichten. Fürsten wie Nur ad-Din standen diesem Bestreben im Weg und mussten vernichtet werden.
Die
Haschischin
berichteten, dass die Feinde mit sechstausend Mann angerückt seien, die meisten davon turkmenische Reiter, und immer noch die Burg Inab belagerten. Diese Feste, der sie schon am nächsten Tag ansichtig wurden, lag auf dem Ausläufer einer karstigen Erhebung. Schon aus der Ferne ließen sich weiter unterhalb die Zelte der Türken erkennen. Von Angriffen auf die Mauern war nichts zu sehen, und da es ihnen an schwerem Gerät fehlte, begnügten die Seldschuken sich mit dem Aushungern der Besatzung. Doch immer noch wehte trotzig das Banner Antiochias von den Zinnen.
Als sie näher kamen, wurden türkische Kundschafter gesichtet, die die heranrückenden Christen beobachteten und wieder verschwanden.
Prinz Raimon, der nichts von umständlichem Taktieren hielt, zögerte nicht lange. Nach kurzer Beratung mit seinen Anführern bekam die Reiterei den Befehl zum sofortigen Angriff. Die Fußtruppen sollten weitermarschieren und dann eine Schlachtreihe aufbauen, hinter der sich die Ritter zur Not zurückziehen könnten, sollte der Reitersturm nicht erfolgreich sein.
Mit schallenden Hörnern und fliegenden Fahnen jagten sie in drei großen Angriffskeilen den leichten Anstieg hinauf dem türkischen Lager entgegen, der Prinz in vorderster Reihe. Arnaut ritt an der Spitze seiner kleinen Reiterstaffel, Jori gleich hinter ihm. Die Männer brüllten ihre Schlachtrufe, eher um sich Mut zu machen, als um den zahlenmäßig überlegenen Feind einzuschüchtern.
Vielleicht war es das unerwartete Auftauchen des christlichen Heeres oder der unerschrockene Angriff der fränkischen Reiterei. Vielleicht aber dachte Nur ad-Din in der kurzen Zeit, die ihm verblieb, um eine Entscheidung zu treffen, dass dieses kleine Heer ja nur die Vorhut eines größeren sein könne. Wie dem auch sei, die Türken zogen sich so hastig zurück, dass sie sich nicht einmal Zeit nahmen, ihre Zelte abzubauen.
Als die Christen mit angelegten Lanzen durch die Zeltstadt galoppierten, war sie leer, und man konnte nur noch die Staubwolke des fliehenden Feindes ausmachen. Prinz Raimons schnelle Antwort auf das
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